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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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Anfassen.
    Sozialkunde als sinnliches Spiel.
    Das Florett der Ironie.
    Er erinnert sich an eine Umfrage über Sexualverhalten, in der Lehrer als die Besten in Vorspiel und Kuscheln abgeschnitten hätten.
    Vorspiel und Kabarett.
    Ödipus und Scheibenwischer.
    Dann brauchen die natürlich keine Handtücher.
    Ihobs packt das Grauen der Erinnerung.
    Gestern hob i mi in einer Wimpelkammer von am Sportlerheim in Oberfranken umzong.
    Do hob i vor sechs Jahren an Socken vergessn, der war immer no da.
    Genauso wias Publikum.
    Do war ich mir a ned sicher, ob die überhaupt amoi hoamganga san.
    In de ersten Reihen zwanzig grauhaarige oberfränkische Alt- SPD ler.
    Dagegen is a Rehagymnastik a Faschingszug.
    De kann ma nur no zum Kellertrockenlegen hernemma.
    Wenn i die in meim Passauer Hochwasserkeller diskutiern lass,
    dann ist der bresaltrocken.
    Dann schaut Ihobs wieder aus dem Fenster.
    Regen, natürlich, weil Gott dazugehört zu diesem Komplott.

Ihobs hadert zum ersten Mal mit Gott
    Ihobs entledigt sich des Spielpullis, windet den Schweiß heraus, riecht daran, wirft ihn in eine Plastiktüte und bedeckt sich widerwillig mit dem Handtuch. Sein sorgenvoller Blick aus dem Fenster füllt sich mit den Schreckensbildern der bevorstehenden Heimreise. Spritzwasserfontänen, Scheinwerferreflexe, LKW -Dreck und Schlaglochgerumpel.
    Sein Blick wandert nach oben, weit über die regenschwere Wolkendecke hinaus.
    Warum macht Gott das mit ihm?
    Er wolle doch nur nach Hause oder wenigstens bis nach München ins Fraunhofer, um mit Josef, Luise, Steffi und Ivo ein Bier zu trinken.
    Reichts dir no ned!?
    In Nürnberg host du mir ’s Glatteis gschickt.
    Aufm Weg nach Salzburg an Schneesturm.
    An Schneebruch in Trostberg.
    A Übernachtung in Crailsheim.
    Reicht des no ned?!
    Und des oisse wegen dem bissl » Himmelskonferenz « , a Theaterstück, des i vor zwanzg Joh gschriem hob und in dem i dei Maria gschwängert hob.
    Des war a Satire!
    Kennst ned?!
    Muss des traurig sei, wenn ma ned amoi mehr über sich seyba locha kann.
    Koa Wunder, dass ollawei rengt.
    Schneib hoid amoi an Massenmörder ei!
    Ja, do traust di ned.
    Dann zählt er dem Allmächtigen auf, dass er für ihn alleine fünfzig Maiandachten und zweihundert Messen ministriert habe.
    Von den Sternsingertouren ganz zu schweigen.
    Nur um ihm zu dienen.
    Für ein Zehnpfennigstück.
    Das er über die Zeiten ansparte, um sich beizeiten als ambitionierter Misereorspender zu zeigen.
    Wenn er sich damals für dieses Geld eine Wundertüte mit Fußballerbildern gekauft hätte und eine Rarität wie der legendäre Torwart Radenković wäre drin gewesen, dann hätte er vom Voggenreiter Walter eine Mark dafür bekommen.
    Und vom Radenković hätte er wenigstens ein Autogramm.
    Von ihm, dem Allmächtigen, habe er nur kaputte Knie, Schlaflosigkeit und die Angst vor den Frauen.
    So is des!
    Du mechst mia zuaschaung, wias mia schlecht gähd.
    Des is.
    Das Wimmern der Kreatur.
    Des is dei Wunschkonzert.
    Mein Gott, muss dir fad sei in deim Himme.
    Du bist jo no schlimmer ois mei Publikum.
    De zoin wenigstens dafür.

Ihobs beleidigt die Wichtigen
    Dass es um ihn gehe, bezweifelt Ihobs in letzter Zeit des Öfteren auf diesen Gastspieltouren über das flache Land.
    Manchmal befällt ihn sogar tiefes Mitgefühl mit großen Teilen des Publikums, weil er sich nicht im Klaren ist über die Freiwilligkeit ihrer Anwesenheit.
    Vielleicht hat da nur der einzige Intellektuelle im Kegelclub die große Rede geschwungen und den Rest genervt mit den ewigen Hinweisen auf diesen Kabarettabend, und um des lieben Friedens willen hat dieser Rest dann nachgegeben.
    Und nun bohren sich die vorwurfsvollen Blicke immer tiefer in den Anstifter, der aus lauter Trotz in eine Überreaktion nach der anderen braust und salvenweise wissensangereichertes Lachen über den agonisch erstarrenden Rest ergießt.
    Auch sie haben das eindeutige Gefühl, dass es heute Abend nicht um sie gehe.
    Aber wir alle werden jäh aus unseren Sinnfragen gerissen, wenn einer der wirklich Wichtigen in die Szenerie trampelt, bis ganz nach vorne, sich wie eine Barriere aufbaut zwischen Ihobs und dem Publikum, seine Kamera anlegt wie ein Attentäter, mit einem Blitzgerät wie eine Laserbombe, seinen Bildtransporter anwirft und im ruhigsten Moment über die Stimmung rumpelt wie der Panzer übers Löschpapier.
    Ihm folgt die Pause.
    Und der nächste Wichtige, der Wirt.
    Krustenbraten!
    No fünfmoi Krustenbraten!
    Der muss weg, eher brauchts go ned

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