Die Stachelbeerstraeucher von Saigon
attestieren, oder die mahnenden Worte eines berühmten Kabarettentertainers und Jugendfreunds, der ihn in einer Mischung aus fast fürsorglicher Beraterattitüde und studioerfahrener Weltläufigkeit daran erinnert, dass der Kabarettist nie die Kontrolle verlieren dürfe.
Er müsse immer der Souverän bleiben.
Der Dozent.
Die Hölle, das sind die anderen, und zwar im alttestamentarischen Sinn und nicht im Geiste Sartres.
Der Kabarettist ist der, der jenseits der Hölle steht und sie kommentiert.
Das alles vergisst Ihobs in diesen Momenten.
Und wenn er dann noch, irgendwo in diesem Haufen aus Zeit und Vergessen, ein Paar Boxhandschuhe findet, dann drischt er auf den Torso ein wie ein Boxer, den nach zehn verlorenen Runden nur noch ein Niederschlag rettet.
Melasse!
Melasse Mensch!
Ihr klebts mir an de Fäust wia Dackelscheiße.
Ihr kennts koan Unterschied mehr zwischen Kabarett und Designerbrunch,
Hunderennen und Oktoberfest.
Weißbiersaufa im Kabarett,
Nosenbohrn im Requiem,
Witze lesen bei der Krebsvorsorge.
Kinder, Hund und Bierflaschen,
oisse midnehma,
damid ma ned aloa is,
wenns oan trifft.
Samstagsbaz!
Samstag, do muaß passian!
Samstag, do hamma frei!
Samstag ins Theater geh, des is wia Geschlechtsverkehr am Hochzeitstag.
Des muaß einfach klappen!
In a dunkels Loch schaung miaßn und ned wissn,
worum des Loch nix sogt.
Bist du Banker, der nur RTL schaugt und sich desweng koan Satz merka ka?
Oder a Taxifahrer, der über Thomas Bernhard promoviert hod und der bei jeder Pointe die sechzehn Nebensätze vermisst?
Aber täusche dich nicht!
Das Objekt der Verblödung adelt nicht die Verblödung an sich.
Man kann auch an Thomas Bernhard verblöden.
Schlaganfallartig trifft ihn die Bühnensprache, und in großgestigem Ritterheftchenpathos stochert er mit einem Schürhaken wie besessen in dem Gerümpel herum.
Melasse Mensch!
Zeigt euch, ihr widerlichen Arschkriecher,
ihr verklebten Krippenspielleiter und Historienspielkrüppel!
Wo habt ihr euch verkrochen,
ihr Drachenstecher,
ihr Landshuter Hochzeiter und Agnes Bernauerstecher?
Heraus mit euch, feiges Festspielgesindel,
lobet den Herrn, denn der hats nötig.
Damit hat sich Ihobs dann wieder seinem Lieblingsgegner zugewandt, der ihn scheinbar unaufhörlich begleitet mit immer schauerlicheren Wetterattacken.
Dann schreitet Ihobs zum Fenster und blickt mit verachtungsschwangerem Blick hinaus.
Ha!
Sabbernder, gichtiger Altweibergott!
Ist das alles, was du kannst?
Schneeflocken durch die Nacht zu scheuchen
mit deinem herzlos kalten Atem
wie willenlose Pilger!?
Leer sie nur aus,
deine modrigen Kelche,
damit sie an mir vorübergehen können
wie zahnlose Greise.
Du armseliger Hostienverschütter, du!
Wild mit dem Schürhaken fuchtelnd und durchtränkt von Trotz, durchschreitet er die Garderobe.
Aber dies ist mein Reich,
und mein Wille geschehe!
Zerstöre du die Welt!
Ich erschaffe sie jeden Abend neu.
Einmal hat Ihobs ein altes Schaukelpferd aus dem Gerümpel gezerrt und sich wie ein Reiterdenkmal vor dem Fenster postiert.
Siehe,
vor dir steht Pointifex maximus,
der Unbeugsame,
Kreuzritter des Kabarettordens,
Herrscher über alle Zoten und Wuchteln,
Schutzpatron aller Gotteslästerer.
Im Namen aller Widerspenstigen
erkläre ich dir den Krieg!
Wir werden unsere Schimmelburgen und Milbenschlösser verteidigen
bis zum letzten Witz.
Niemals werden wir weichen,
dem Feuer nicht und nicht dem Eis,
dem Finanzamt nicht und nicht dem Feuilleton.
Kein Blitz wird uns vertreiben
und kein Hausmeister.
Denn wir sind das Leben,
und ihr seid der Tod.
Denn euer Glauben
sind die Daumenschrauben
und euer Gott
die Garrotte.
Ihr jämmerlichen Worteabwürger,
Bücherverbrenner und Aufruhrersäufer,
Kerkermeister und Freigeistjäger.
Nehmt dies!
Zuletzt passierte es Ihobs, dass er, völlig außer sich und in einem jener beängstigenden multiplen Zustände, die ihm neben viel Respekt auch jede Menge Distanz einbrachten, sich ein Kissen unter sein T-Shirt auf den Rücken quetschte, sodass ein veritabler Buckel entstand und er noch einmal zurück in den leeren Theaterraum hinkte.
Sein Atem saugte den Dunst des verbliebenen Publikumsschweißes, und sein Blick wanderte über die leeren Stühle.
Nun ward der Winter meines Missvergnügens
glorreicher Sommer durch die Sonnen dort.
Die Wolken all, die mein Gemüt verdunkelt,
sind längst im Dampf des Publikums begraben.
Nun zieren meine Brauen Siegeskränze,
die schartgen
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