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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ist.
    »Sollen wir?« Jack hält die Steine und das Polyeder hoch.
    »Bidewell würde sagen, wir sollen«, erwidert Ginny. »Nach so viel Kummer und Mühen.«
    Jack jongliert mit den verbliebenen Teilen und lächelt Ginny zu. Er denkt an die letzten Worte des Hüters. »Ich frage aber nicht Bidewell, ich frage dich .«
    »Sei nicht so überheblich«, sagt sie.
    »Das bin ich nun mal.«
    »Mich kannst du damit aber nicht beeindrucken.«
    »Die alten Götter sehen uns zu. Sie werden uns vergeben, meinst du nicht?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher …«
    Während Jack weiter jongliert, lächelt er so allerliebst, dass Ginny alles ringsum einen Moment lang vergisst. »Entscheide du«, sagt er.

ZWISCHENAKT
    Das hier ist ein Augenblick, der nicht eingeplant ist. Die Handlungen von Gottheiten kann man weder vorhersehen noch ermessen, ihre Beweggründe wird man nie erfahren. Jedenfalls genießt Ishanaxade eine kurze Ruhepause, ehe sie wieder an die Arbeit geht. Und Sangmer ist bei ihr.
    Sobald sie auseinandergehen, wird alles von neuem beginnen: Während sie sich abrackert, wird er sich wieder auf die Suche nach ihr machen. Völlig allein.
    Bald wird der Schläfer die Führung übernehmen. Doch bis dahin werden die Kinder, alle Kinder, spielen, und ihr Spiel ist ungekünstelt, ursprünglich und herzerfrischend – der Stoff, aus dem die Träume sind und immer sein werden.
     
    Draußen, in einer früheren Grauzone, nutzt Ginny dieses Interludium , diese formbare Zwischenwelt dazu aus, ihrer Vision von Thule Gestalt zu geben. Die schneebedeckten Klippen, die von der Sonne angestrahlten rötlichen Wolken, die grünen, gelben und violetten Felder, die unermesslich weiten Heiden voller Vögel, die an der Küste aufgereihte Kette uralter Burgen, wo die Kinder Zuflucht suchen und finden – all das macht den Ort aus, der nur ihr gehört. Und das Abenteuer, das sie miteinander teilen.
    Jack überlässt ihr gern die Führung.
    Jebrassy und Tiadba finden dieses offene Land mit seinem weiten blauen Himmel zauberhaft. Insbesondere lieben sie die langen Stunden zwischen Tag und Nacht, Nacht und Tag – die Abend- und die Morgendämmerung.
    Sterne gibt es hier natürlich nicht. Aber die Sonne ist voll und strahlt hell und warm, wenn sich nicht gerade Wolken sammeln oder Regen fällt. Die Regenschauer kommen stets aus heiterem Himmel, und Jebrassy und Tiadba empfinden sie als überaus angenehm.
    Sie haben sich in einem versteckten Tal eine kleine Hütte gebaut und gelernt, wie man Beeren sammelt und ein Feuer entzündet. Selbstverständlich übt sich Jebrassy auch im Jagen, allerdings mehr schlecht als recht. Fast immer steht Brot auf dem Herd, für den Fall, dass er mit leeren Händen zurückkehrt, was oft geschieht, denn hier gibt es nur wenige Tiere, und sie schmecken auch nicht besonders gut.
    Tiadba wird von Tag zu Tag runder, und sie fragen sich: Was geschieht, wenn zwischen zwei Schöpfungen ein Kind geboren wird?
    Überall auf Thule bilden sich mehr und mehr Einzelheiten heraus. Mittlerweile gibt es sogar schon eine Kleinstadt mit eigener Bibliothek. Und einen Buchladen voller Bücher und mit einigen Katzen. Bei manchen sind die Tatzen verbrannt und die Ohren angesengt. Irgendwann tauchen in diesem Buchladen fünf grüne Bücher auf, deren Rücken mit der gleichen Zahl – oder ist es das Erscheinungsjahr? – gekennzeichnet ist: 1298.
    Als Ginny eines Tages eines der fünf Bücher aufschlägt, um darin zu lesen, bemerkt sie, dass eine winzige Spinne über die
Seite krabbelt. Sie will sie schon wegfegen, da fällt ihr auf, dass sie hier zum ersten Mal eine Spinne sieht. Eine Spinne, die nicht zum Text gehört und gar nicht auf die Wörter unter ihren Beinchen achtet. Die Spinne zwischen den Zeilen.
    Auf einer Fensterbank der Bibliothek liegt ein ovales Glasplättchen – von Wellen abgeschliffenes Strandgut. Das blasse Jadegrün reflektiert das changierende Licht jeder neuen Morgendämmerung.
    Doch irgendwann verschwindet das Glasplättchen.
    Und die Erinnerung kehrt zurück.
     
    Manche behaupten, auch heute noch bereise Jack zusammen mit Ginny alle vorstellbaren Straßen dieser Welt. Manche sagen, man könne den beiden an jeder beliebigen Straßenecke begegnen, und stets hätten sie zwei oder mehr Katzen dabei. Angeblich fragen sie ihre Zuschauer überall, wo sie auftreten, was sie als Nächstes tun sollen: Wie sollen die Puzzleteile fallen?
    Ewig werden alle nur denkbaren Geschichten erzählt, und sie formen das Schicksal

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