Die Stadt der Engel
zugeben – und damit war der Fall eigentlich schon geklärt.
»Bleibst du bei mir?« fragte Stammler.
»Wie lange?« entgegnete sie.
»Eine Woche.«
Suchada nickte, und er genoß im voraus die Gesichter seiner Spezeln, wenn er mit Brennhubers letzter Gefährtin in Pattaya auftauchen würde.
General Ragusat, der zweite Mann des Sicherheitsdienstes, gehörte zu den Militärs, die beim letzten Generalputsch – dem neunten in den vergangenen fünfzig Jahren – nach oben gekommen waren. Er galt als Mann, der fest im Sattel saß, auch wenn er sich lieber im Hintergrund hielt und die Arbeit jüngeren Offizieren wie Major Vasatrana überließ. Ragusat zahlte seinen Hang zum guten Leben mit einem entsprechenden Zuwachs an Körpergewicht. In gleichem Umfang hatte seit seiner Verschwörerzeit auch sein Privatvermögen zugenommen, mehr durch Pfründen, die ihm zugeschanzt worden waren, als durch Schiebungen.
»Wenn Sie kommen, gibt es immer Ärger, Somjot«, begrüßte er seinen Günstling verdrossen.
»Und diesmal ganz besonderen«, erwiderte der Offizier. »Ich hatte Ihnen gemeldet, Herr General, daß ich zusammen mit den Amerikanern einen Überrumpelungs-Coup gegen Sulla starten werde. Mit Hilfe eines Kronzeugen drangen wir im ersten Anlauf tief in das gegnerische Netz ein. Unmittelbar nach einem Besuch, den Colonel Maliwan im Gefängnis bei unserem Kronzeugen gemacht hatte, wurde dieser von anderen Gefängnisinsassen ermordet. Mein US-Partner, Peter Kalaschke, äußerte darauf ziemlich unverblümt den Verdacht, daß der Oberst – mein unmittelbarer Vorgesetzter – mit Sulla unter einer Decke stecke. Er untermauerte seine Theorie …«
»Gegen Colonel Maliwan?« fragte der General erregt.
»Wir haben doch von jeher angenommen, Herr General, daß in unserem Apparat ein Zwischenträger stecken muß«, entgegnete Vasatrana.
»Wo ist dieser Kalaschke jetzt?« fragte Ragusat kurzatmig.
»Er war auf der richtigen Fährte und ist deswegen gestern morgen kurz nach elf Uhr in die Luft gesprengt worden – der letzte Beweis, daß er auf der richtigen Spur war. Sie sind der erste und einzige, der diese Hiobsbotschaft von mir erfährt, Herr General.«
Ragusat erhob sich von seinem Schreibtisch und ging mit überraschend behenden Schritten in seinem Büro hin und her wie ein Tiger im Käfig. »Nicht auszudenken, wenn die Amerikaner erfahren, daß es ihren Mann erwischt hat!« sagte er und blieb stehen.
»Übermorgen will ausgerechnet Maliwan die Strafexpedition in den Norden starten. Er wird dabei die Verdächtigen warnen, die Beweise vernichten und dafür sorgen, daß der Stoß ins Leere läuft – und inzwischen erfahren die Amerikaner die Schweinerei mit Peter Kalaschke.«
Vasatrana merkte, daß er dabei war, seinen General zu überzeugen.
»Dann sind Sie ja auch in Gefahr«, stellte der Korpulente fest.
»Allerdings.«
»Was schlagen Sie vor, Somjot?«
»Tut mir leid, Herr General, aber ich finde es unumgänglich, Colonel Maliwan zu verhaften und vor Gericht zu stellen.«
»Verrückt, denken Sie doch an den Skandal!« keuchte Ragusat, der lautlose Lösungen vorzog.
»Erdrückende Beweise«, erwiderte der Major gelassen. »Ich muß an den Schaden erinnern, der weiterhin entstehen wird, wenn wir nicht unverzüglich handeln, General Ragusat.«
Der zweite Mann des Thai Intelligence Service ging an die Tür, riß sie auf und forderte seinen Adjutanten auf, kein Gespräch durchzustellen und keinen Besucher einzulassen.
»Ich kann Ihnen das nicht empfehlen, aber ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann, Somjot«, wandte er sich wieder an den Major, um ihm eine gründliche Lösung zu suggerieren. »Außerdem sind Sie ja der designierte Nachfolger Maliwans.«
»Das ist mir in diesem Fall sehr peinlich«, behauptete Vasatrana. »Ich möchte nicht in Verdacht geraten, hier eigensüchtige …«
»Unsinn!« unterbrach ihn der General. »Lassen Sie den Colonel nach Chiang Mai starten. Er leitet die Aktivitäten doch immer von einem Kampfhubschrauber aus.«
»Jawohl, Herr General.«
»Sorgen Sie dafür, daß er abgeschossen wird«, entgegnete General Ragusat, »und zwar eindeutig von Rebellen – verstehen wir uns?«
»Jawohl, Herr General«, erwiderte der Major. Er hatte sofort die Lösung auf thailändisch begriffen: Der Skandal würde vermieden und Maliwan unschädlich gemacht werden. Beerdigung mit allen militärischen Ehren, und selbst ein CIA-Beauftragter würde am offenen Grabe stehen, und so
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