Die Stadt der Engel
etwas …«
»Beruhige dich, Decha!« erwiderte Garella. »Leider kommt das in jedem Land vor. Überall wird nach dem gleichen dreckigen Schema gearbeitet. Überall wendet man im Untergrund stinkige und blutige Methoden an. Der Nachrichtendschungel ist Dreckarbeit.«
»Du hast natürlich recht«, entgegnete Vivikul mit angewidertem Gesicht. »Aber mich kotzt diese Schweinerei richtig an.«
»Mich auch«, konterte der Spezialist trocken. »Aber in dieser Situation beschäftigen mich jetzt mehr praktische als moralische Überlegungen: Ist Vasatrana tatsächlich davon überzeugt, daß es mich erwischt hat?«
»Darauf kannst du dich verlassen«, erwiderte Vivikul. »Die Sprengladung war so dosiert, daß es auch zehn Menschen zerfetzt hätte – Overkilling.« Er lächelte, ohne das Gesicht zu bewegen. »Wir haben ein gut Teil zu seinem Optimismus beigetragen. Ich zeigte Vasatrana Fotos eines ähnlichen Verbrechens, das vor Jahren verübt worden war, und er schluckte sie als Lichtbilder von der Surawong Road. Er ist absolut sicher, dich – und Carol – los zu sein; deshalb meldete er sich auch zum Rapport bei General Ragusat und startete dort seinen Frontalangriff auf Colonel Maliwan. Geniale Idee: Der Täter liefert einen Verdächtigen ans Messer, sitzt dann ausgerechnet auf dem Stuhl des Diskriminierten, hat künftig noch bessere Möglichkeiten, den Sicherheitsapparat in Südostasien zu unterlaufen. Er ist dich als potentiellen Verfolger los und gilt dazu noch als Held des Tages.«
»Aber er ist mich nicht los«, versetzte Garella. »Das werde ich ihm umgehend beweisen.« Er sprach, als stieße sich seine Zunge an den Zähnen. »Und wie siehst du General Ragusat in diesem Schurkenspiel?«
»Ich gehe davon aus, daß Vasatrana ein Gesinnungs-Kommunist ist und Thailand unseren Feinden ringsum nach bekanntem Muster in die Hände spielen will. Ragusat ist nicht der Typ des Fanatikers, sondern des Schmarotzers. Noch ist es eine Vermutung, aber ich werde sie bald untermauern können. Ich nehme an, daß ihm Vasatrana auf eine Schiebung ganz großen Stils oder auf ein Heroingeschäft gekommen ist und ihn seitdem in der Hand hat. Der Tölpel als Schurke, ein feines Komplott. Aber jetzt ist der General ganz schön in der Klemme. Nichts kann ihm ungelegener kommen als eine Anklage gegen Maliwan: In der Untersuchung würden Fragen gestellt, kämen Dinge ans Licht, die er scheuen muß. Also wird er den Deckel der Pandora auf der Büchse halten und sich möglichst noch draufsetzen. Außerdem ist er der direkte Vorgesetzte des Colonels, und alles, was man Maliwan anlastet, bleibt letztlich auch an ihm hängen.«
»Du hast sicher recht«, erwiderte die Nr. 1 der vorläufig verunglückten Operation ›Flashlight‹. »Ich habe das auch alles schon durchgespielt und bin der Meinung, daß der General eine diskretere Lösung suchen wird, um Maliwan zu erledigen.« Garella sah seinem stämmigen Freund mit dem Boxergesicht in die dunklen Augen. »Du mußt den Colonel schützen lassen, Decha, er ist in Lebensgefahr.«
»Schon veranlasst«, versetzte der Kriminalist.
»Außerdem bitte ich dich, Kim Kalaschke im Dusit Thani abzuschirmen. Es wäre denkbar, daß die Bande sie sich greifen wird, um ein Druckmittel in die Hand zu bekommen.«
Vivikul nickte. »Und wie willst du weiter vorgehen, Paul?«
»Zuerst greife ich mir diesen Schweinehund in Pullach: den Maulwurf in unserer Zentrale.«
»Wie kannst du sicher sein, daß die Laus im Pelz von Pullach sitzt und nicht von Langley?«
»Bergmann«, entgegnete Garella. »Das muß der Schlüssel sein. Bergmann hatte etwas erfahren, was Sulla gefährlich werden konnte, und es an Caine weitergegeben, und bevor Pullachs Mann ermordet wurde, hatte er bei Grawutke noch eine Andeutung über seine Entdeckung gemacht. Dieses Gespräch wurde belauscht und …«
»Nicht unlogisch«, erwiderte Decha Vivikul. »Und weißt du schon, wie du vorgehen wirst?«
»Allerdings.«
Der Kripochef hatte eine schlimme Vermutung. Er fuhr sich mit den Fingern in den Hemdkragen: »Du wirst doch nicht …«
»Ich werde«, erwiderte der legendäre Agent. »Ich glaube, im Krieg nennt man so etwas ›Feuer auf den eigenen Standorte‹.«
»Du willst dich an der Tigerfalle anpflocken wie ein Schaf?«
»Nicht mich«, entgegnete Garella, und seine Lippen platzten wie eine überreife Frucht. »Vasatrana werde ich als Locktier anbinden.«
»Deine Entscheidung«, versetzte Vivikul, der begriffen hatte, was sein
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