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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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längst über das Osiris- Debakel unterrichtet. Sie warf ihren bodenlangen Bademantel ab.
    Der Architekt, kein Kostverächter, hatte schon bei ihrer ersten Begegnung ihre blendende Figur goutiert, doch was er jetzt sah, überwältigte ihn so, daß er die junge Frau einfach fixieren mußte, genau in der Art, wie es die verleugnete, Venus mit den grünen Augen nicht ausstehen konnte. »Sie sind ein langbeiniges Wunder, Dany«, stellte er fest.
    »Ihr erster Allgemeinplatz«, wies sie ihn zurecht. »Haben Sie das nötig?«
    »Nichts zu machen«, antwortete er und grinste unverschämt: »Man bleibt Mann.«
    »Wie ein ausgemusterter Militärgaul auf der Weide«, spottete Dany. »Hört er Marschmusik, setzt er sich sofort in Trab. Aber Sie sind weder ein Vierbeiner noch ausgemustert«, fuhr sie angriffig fort. »Ich dachte, Sie wären ein stillgelegter Ladykiller«, sagte sie und streckte sich so auf dem Polster aus, daß ihr durch eine große Sonnenbrille verdecktes Gesicht im Schatten lag.
    »Sagen Sie mal, Dany«, fragte Ferry ungeniert, »gibt es in Ihrem Leben eigentlich einen Mann?«
    »Geht Sie das auch nur im geringsten etwas an?«
    »Gegenfrage«, erwiderte der Wikinger ungebremst: »Stecken Sie Ihre hübsche Nase nie in Dinge, die Sie nichts angehen?«
    Die Journalistin beherrschte sich, ihr Zorn wurde zur Ironie. »Sie haben gewonnen.« Sie lächelte perfide. »Natürlich gibt es diesen Mann. Und nun zeigen Sie, was Sie können, Ferry, und treten Sie gegen ihn an.«
    »Vermutlich ziemlich schwierig bei Ihnen«, erwiderte der Erfahrene. »Aber vielleicht ist der Glückliche mit Ihnen gar nicht so glücklich. Ihr Ehrgeiz läßt Sie vergessen, daß Sie eine Frau sind, und wenn einer Sie daran erinnert, werden Sie aggressiv.« Fenrich sah, daß sie wütend wurde, aber es war ihm gleichgültig. »Sie vergötzen Ihren Verstand so sehr, daß Sie Ihren Körper verachten.«
    »Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann sind es Amateurpsychologen.«
    »Ihr Psychogramm ist auch einem Laien klar, wenn er etwas von Frauen versteht«, fuhr Ferry unbeirrt fort. »Sie wollen wegen Ihres Verstandes und Ihres Erfolges bewundert werden. Huldigt man Ihrem herrlichen Körper, bewerten Sie das als eine Majestätsbeleidigung Ihrer Persönlichkeit.«
    »Weiter, Professor!« sagte sie mit schmalen Lippen.
    »Sie pflegen Ihre Komplexe wie Goldfische in einem Aquarium. Dabei vergessen Sie etwas«, fuhr er fort: »Ich habe Sie bereits als Journalistin bewundert, bevor ich wußte, daß Sie keine krummen Beine haben.«
    Dany ärgerte sich über seine Analyse, vor allem weil sie spürte, daß er recht haben könnte. Sie richtete sich auf und sah am Eingang eine von einem Hotelbediensteten begleitete elegante Mittdreißigerin, die sich suchend umsah, bis der Uniformierte auf Fenrich zeigte. Schlagartig wurde Danys Verdrossenheit zur Schadenfreude: Sie hatte noch vor ihrem sonnenblinden Analytiker erfasst, daß ihm Kalamitäten drohten.
    Die Besucherin kam näher: Kostüm von Valentino, genau auf die Haartönung abgestimmt, Schuhe von Jourdan, Schmuckuhr von Cartier, dazu das Selbstbewußtsein, das ein Millionenvermögen verleiht.
    Clarissa stand bereits vor Fenrich, als er sie endlich sah und erkannte. Einen Moment war er verstört. Dann erhob er sich zögernd. »Ich möchte die Damen miteinander bekanntmachen«, sagte er mit blecherner Stimme.
    »Nicht nötig«, entgegnete Clarissa abweisend. »Willst du mich nicht zu einem Drink an der Bar einladen?« fragte sie und ging voraus, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Entschuldigen Sie, Dany!« sagte Fenrich. »Höhere Gewalt – aber ich werde mich stellen«, setzte er hinzu, als bliebe ihm eine andere Wahl, damit eine Skandalszene vermieden wurde.
    »Auf in den Kampf, Torero!« versetzte die Journalistin.
    Er ging wie geschoben, brachte die fünfzig Meter bis zur Gartenbar mit klammen Beinen hinter sich. Dany sah ihm nach, mit sehr viel Schadenfreude und ein wenig Bedauern.
    Ferry Fenrich kletterte auf den Hocker, setzte sich neben Clarissa, überließ sich stummem Zorn. Selbstbeherrschung war nicht seine Stärke, und lange würde er den Feuerschlucker nicht spielen.
    »Du siehst wirklich gut aus«, begann Clarissa mit sanfter Stimme: Die Wölfin mußte Kreide gefressen haben. »Eigentlich genau wie ein Mann, der sich gerade neu verliebt hat.«
    »Davon kann keine Rede sein«, erwiderte er gereizt. »So, und nun schieß los. Feuer frei für fünf Minuten«, genehmigte er und sah anzüglich auf die

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