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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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trocken. »Aber es gibt wohl auch unblutigere Lösungen.«
    »Ich gehe erst nach München zurück, wenn ich das will«, erwiderte der Wikinger. »Diesen Leerlauf von Stress und Stuss habe ich abgestellt …«
    »Galoppierende Midlife-Crisis«, versuchte sie ihn zu unterbrechen.
    »… und zwar für immer«, überging es Ferry. »Du kannst ruhig lachen, aber ich fange ein neues Leben an.«
    »Mit dieser hochbeinigen Badenixe?« fragte Clarissa höhnisch.
    »Unsinn«, erwiderte Ferry. »Außerdem ist Frau Callway keine Badenixe, sondern eine Journalistin. Vielleicht hast sogar du schon mal beim Coiffeur einen ihrer Artikel gelesen.«
    »Mehrere«, erklärte sie, erstmals ein wenig beunruhigt. »Also, das ist …«
    »Sie saß im Flugzeug zufällig neben mir. Das ist alles. Wie gesagt, ich werde künftig vorwiegend mit mir selbst leben.«
    »In feinster Gesellschaft also«, erwiderte sie. »Hoffentlich geht ihr zwei euch dann nicht auf die Nerven«, scherzte Clarissa, »wo einer schon so schwierig ist.«
    »Wie lange willst du in Bangkok bleiben?« fragte der Architekt.
    »Bis du mit mir nach Deutschland zurückfliegst.«
    »Dann kannst du gleich ein Dauervisum für Thailand beantragen«, konterte Fenrich. »Wenn du gleich zurückfliegst, sparst du viel Zeit.«
    Sie blieb bei ihrem Lächeln. »Es ist hier sicher nicht der richtige Ort, um unsere Probleme zu erörtern«, sagte sie und stand auf. »Außerdem brauche ich ein paar Stunden Ruhe, und du benötigst wohl auch etwas Zeit, um den Schock zu verdauen.«
    »Richtig«, bestätigte er.
    »Zunächst habe ich nur eine Bitte, Ferry: Essen wir heute Abend zusammen?«
    »Okay«, willigte er ein. »Wohnst du in meinem Hotel?«
    »Nein«, erwiderte Clarissa. »Ich erwarte dich im Siam Intercontinental.«
    Der Architekt erfasste, daß dies wohl auf einen Rat Annabelles zurückging, und diesmal war er seiner kühlblonden Assistentin richtig dankbar.
    »Ich sage dir dann auch, wie du aus deinem Dilemma herauskommst …«
    »Den Vorschlag kenn' ich«, unterbrach sie Ferry heftig. »Im voraus abgelehnt.«
    »Du kennst ihn nicht«, versetzte Clarissa und kletterte vom Hocker. »Also, acht Uhr. Und jetzt überlasse ich dich wiederum deinem unterbrochenen Freizeitvergnügen.«
    Ferry zeichnete die Barrechnung ab und stellte dabei fest, daß Dany verschwunden war; er sprang kopfüber ins Wasser. Auf der anderen Seite tauchte er vor den betretenen Ferienfreibeutern wieder auf und sah, wie ein kleiner dicker Thailänder auf Anderl zuging, den abgeschlafften Häuptling.
    »Everything all right«, versicherte der OSIRIS- Manager. »Herzinfarkt. Die Polizei wird es den Angehörigen amtlich bestätigen. Bis dahin liegt der Tote auf Eis. Keiner von Ihnen muß zur Vernehmung, aber leider«, setzte der Kuppler in verstümmeltem Deutsch hinzu, »brauche ich noch etwas Geld.«
    Anderl sammelte zum dritten Mal. Brennhuber, Jedermanns lieber Gesell, kam ihnen teuer zu stehen. Und sie hatten die ersparten Baht-Tausender ganz anderen Zwecken zugedacht.
    Der Abend war schwül, drückend, die Luft wirkte atmosphärisch geladen wie vor einem Wolkenbruch. Die Touristen flüchteten in die Hotelpaläste mit der Aircondition. Die meisten Dienstzimmer der Militärs und des Intelligence Service waren klimatisiert, doch auch hier herrschten Nervosität und Spannung. Aus dem Osten des Landes, dem nahen thailändisch-kambodschanischen Grenzgebiet, war die Brandnachricht eingegangen, daß die Vietnamesen spätestens in ein paar Stunden ihre langerwartete Offensive gegen die Widerstandsnester kambodschanischer Rebellen starten würden.
    Diese Stützpunkte lagen an der thailändischen Grenze; mit gefährlichen Zwischenfällen war zu rechnen. Die Thai Border Police war verstärkt, Teile der Armee in Alarmzustand versetzt worden. General Ragusat hielt sich im Grenzgebiet auf, um die provisorischen Auffanglager zu besichtigen. Es war damit zu rechnen, daß gewaltige Flüchtlingsströme das Land der Freien überfluten würden.
    In der Menam-Metropole schien nur der Ruhende Buddha im Kloster,  der – 49 Meter lang, 12 Meter hoch und mit unzähligen Goldplättchen geschmückt – ewige Gelassenheit zu wahren. Bei den Botschaften und Handelsmissionen rotierte hektischer Leerlauf. Auch die Horchposten der westlichen Geheimdienste begannen, Warnungen an ihre Zentralen durchzugeben; als erster wieder einmal der tüchtige Grawutke, der bei seinen Erfolgen wohl nicht mehr lange amtierender Resident sein, sondern

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