Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
Vom Netzwerk:
wandte sich um. »Ich lege mich noch mal hin, Oma.«
    Die Augen ihrer Großmutter forschten in ihrem Gesicht. »Geht es dir nicht gut?«
    »Doch schon, aber ich fühle mich schlapp. Ein bisschen Schlaf wird mir guttun.«
    »Soll ich dich irgendwann wecken?«
    »Nein, lass mal. Ich werd dann schon wieder irgendwann aufwachen.« Sie versuchte ein Lächeln, dann verließ sie die Küche.
    Als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, liefen ihr die ersten Tränen über das Gesicht. Sie wischte sie nicht weg, sondern vergrub ihr Gesicht in den Kissen.

7.
    Diesmal war es das altmodische Läuten der Türglocke, das Lara weckte. Draußen schien noch immer die Sonne, allerdings war sie ein ordentliches Stück weiter nach Westen gewandert.
    Als es zum zweiten Mal klingelte, zog sich Lara die Bettdecke über den Kopf. Trotzdem hörte sie, wie ihre Großmutter nach ihr rief.
    »Lass mich«, brummte Lara ins Laken.
    Keine Minute später wurde die Bettdecke schwungvoll zurückgerissen und ihre Großmutter warf ihr einen sonderbaren Blick zu.
    »Steh auf, Lara.«
    »Warum denn? Ich möchte noch …«
    »Du hast Besuch.«
    Schläfrig richtete sich Lara auf. Besuch? Wer sollte sie denn hier besuchen kommen?
    »Du solltest dich rasch anziehen«, meinte ihre Großmutter. »Und vielleicht wirfst du noch kurz einen Blick in den Spiegel, bevor du runterkommst. So wie du aussiehst …« Auf den Lippen ihrer Großmutter war ein kleines Lächeln zu sehen.
    Die Erkenntnis durchzuckte Lara wie ein Blitz.
    Damian!
    Er war gekommen, um sie zu sehen.
    Sie sprang aus dem Bett, stolperte über die eigenen Schuhe, die sie dort abgestellt hatte, und hastete ins Bad.
    Verdammt, wie schminkte man sich in fünf Minuten, ohne anschließend wie ein Clown auszusehen …?
     
    Damian saß in der Küche und trank gerade ein Glas Wasser, als Lara das Zimmer betrat. Lächelnd erhob er sich. Für einen Moment standen sich beide befangen gegenüber, dann streckte Lara die Hand aus und lachte.
    »Schön, dich wiederzusehen, Damian.«
    Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als er ihre Hand nahm und sie festhielt. Ein sanftes Feuer jagte ihren Arm hinauf und ließ sie wohlig erschauern.
    »Ich freue mich auch. Hoffentlich störe ich nicht. Deine Großmutter hat gesagt, du ruhst dich aus.«
    »Ja, ich war immer noch ziemlich müde, als ich heute Morgen aufgewacht bin. Aber wie geht es dir?«
    Neugierig betrachtete sie Damians Gesicht. Von seinen Verletzungen war kaum noch etwas zu sehen. Die Lippe war deutlich abgeschwollen, die Nase wies zwar an der Nasenwurzel noch eine blaue Verfärbung auf, aber ansonsten sah es aus, als wäre er ohne größere Wunden davongekommen.
    »Ich habe die ganze Nacht mein Gesicht gekühlt, am Schluss hat es sich wie taub angefühlt, aber anscheinend helfen die alten Hausmittel tatsächlich.« Er lächelte.
    Er sieht wirklich verdammt gut aus, dachte Lara und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Sein Haar war frisch gewaschen und fiel locker auf die Schultern herab. Das schmale Gesicht mit den hohen Wangenknochen hatte etwas Raubtierhaftes und wirkte sehr anziehend.
    Seine Lippen schienen stets zu lächeln, aber das Außergewöhnlichste an ihm waren seine Augen. Hell wie ein zugefrorener Wintersee. Als er Lara direkt in die Augen sah, entdeckte sie einen silbernen Punkt, der wie ein Irrlicht über die Pupille zog, bevor er verschwand.
    Sie blinzelte verwirrt.
    »Ich denke, du kannst die Hand des jungen Mannes wieder loslassen«, sagte ihre Großmutter in die entstandene Stille hinein und kicherte. »Vielleicht hat er noch Verwendung dafür, wenn er wieder mal ein Mädchen rettet.«
    »Oh«, machte Lara nur, ließ Damians Hand los und sah verlegen zu Boden. Ihre Großmutter war manchmal wirklich unmöglich!
    »Nein, in der nächsten Zeit nicht«, meinte Damian lachend. Lara bewunderte ihn für die Unbefangenheit, mit der er die peinliche Situation überspielte.
    »Ich habe einen Mohnkuchen gebacken.« Martha streckte ihnen lächelnd einen riesigen Kuchenteller entgegen. »Ihr solltet ihn lieber gleich essen, denn wenn Max heute Abend nach Hause kommt und den Kuchen entdeckt, wird kein Krümel mehr übrig bleiben.«

8.
    »Deine Großmutter ist nett«, meinte Damian und kickte einen Kieselstein über den Weg. Nachdem Martha jedem von ihnen zwei große Stücke Kuchen aufgezwungen hatte, war die Situation in der Küche irgendwie unangenehm geworden. Lara wollte Damian so vieles fragen, mit ihm über den gestrigen Abend sprechen, aber die

Weitere Kostenlose Bücher