Die Stadt der schwarzen Schwestern
mich vertreiben», sagte Griet schließlich mit Nachdruck. «Die Sache mit der Katze traue ich Adam Osterlamm zu. Er ist wie ein verzogener kleiner Junge, vermutlich beobachtete er das Haus und hielt es für eine großartige Idee, mir Angst einzujagen. Aber wenn ihn niemand dabei gesehen hat, wie er unseren Hof betrat und die Katze fing, werde ich ihm kaum etwas beweisen können. Ich kann ihn nicht anzeigen, ohne damit auch unschuldigen Menschen wie Pamela zu schaden.»
«Und was wollt Ihr stattdessen tun?», fragte Beelken. «Wir müssen uns doch irgendwie schützen. Womöglich zünden uns diese Halunken noch das Haus an, während wir schlafen.»
Griet stand auf und ging ans Fenster. Noch einmal vergewisserte sie sich, dass Sinter das große Tor zur Gasse verriegelt und mit einem Bolzen gesichert hatte. Jenseits des Innenhofes lag das alte Gemäuer dunkel und still vor ihr; vom Licht des Mondes beschienen, sah es aus wie ein schlafender Riese. Irgendwo im Gebüsch raschelte es. Ein Nachtvogel stieß klagende Rufe aus.
«Wenn ich zum Statthalter laufe, wird der mich entweder auslachen oder mir spanische Soldaten vors Haus stellen.» Griet zuckte die Achseln. «Glaubt ihr, dass mich dann noch jemand aufsuchen wird, um einen Sicherheitsbrief zu kaufen?»
Sinter berichtete, wie die Männer in den Schenken und Badestuben der Stadt über den ungewöhnlichen Handel redeten. Die meisten standen ihm wohlwollend gegenüber. Aber es gab auch Stimmen, die empfahlen, erst einmal abzuwarten, ob die Witwe des Teppichwebers wirklich zurechtkam, ohne sich Hilfe von den Spaniern zu holen.
«Vielleicht wird es fürs Erste genügen, wenn wir einen kräftigen Hausknecht einstellen», sagte Griets Vater. «Ich könnte einen meiner Diener aus Brüssel kommen lassen, aber bis der ankommt … Viele von ihnen sind schon etwas älter, ich behalte sie nur aus alter Verbundenheit.»
Griet gab ihrem Vater einen Kuss auf die Stirn. Er hatte sie auf eine Idee gebracht. Gleich morgen früh würde sie zu de Lijs gehen. Bestimmt konnte der Weinhändler ihr einen geeigneten Mann empfehlen.
Einiges hatte sich in de Lijs’ Kontor verändert, seit Griet es das letzte Mal betreten hatte. Griet fragte sich, ob dies nur an dem muffigen Geruch von Staub, Kreide und schalem Bier lag, der die Luft zum Schneiden dick machte, oder nicht eher an der fürchterlichen Unordnung, die den Raum wie eine billige Schenke aussehen ließ. Überall lagen auf dem Boden umgestürzte Zinnkrüge, Essensreste und schmutzige Kleidung. Inmitten des Durcheinanders hockte der Weinhändler, der Griet aus glasigen Augen anstarrte. Endlose Augenblicke vergingen, bevor er sich aus seinem Lehnstuhl quälte und mit plumpen Schritten auf sie zukam. Es sah aus, als hätte de Lijs die Nacht durchgezecht. Sein Haar hing ihm zerzaust in die Stirn, das Wams war fleckig und zerknittert.
«Ich fürchte, ich komme ungelegen, lieber de Lijs», sagte Griet. Etwas anderes fiel ihr nicht ein. De Lijs war ein erwachsener Mann, und wenn er entschied, über den Durst zu trinken, so ging sie das nichts an. Trotzdem hielt sie es für passender, sich zu verabschieden und ein anderes Mal wiederzukommen.
«Bleibt, Griet!» Die Stimme des Weinhändlers klang unerwartet kräftig. Hastig fuhr er sich mit beiden Händen über das Haar und straffte seine Schultern. Als ihm dämmerte, wie es um ihn herum aussah, errötete er. Er schleppte seinen schweren Körper zum Fenster und riss es auf. «Entschuldigt die Unordnung», bat er. «Ich habe die ganze Nacht durchgearbeitet und muss schließlich am Rechentisch eingeschlafen sein. Ihr kommt gewiss, um Euch wegen der Weinlieferung nach Namur zu erkundigen.» Er versuchte ein dünnes Lächeln, was ihm angesichts seiner Kopfschmerzen jedoch misslang. «Verflucht, ich sollte weniger saufen. Leider habe ich noch keine Nachricht, ob die Fässer wohlbehalten angekommen sind. Ihr werdet Euch noch ein wenig gedulden müssen.»
Griet lächelte. «Ich danke Euch, dass Ihr mir entgegengekommen seid. Eure Großzügigkeit macht mir Mut, Euch um einen weiteren Gefallen zu bitten.»
«Einen Gefallen?»
«Ihr habt sicher schon gehört, was neulich in der Wijngaardstraat geschehen ist? Jemand ist in mein Haus eingebrochen, hat meine Katze getötet und dann die Kleider meines Vaters gestohlen.»
De Lijs runzelte die Stirn; er wirkte durcheinander, ließ Griet aber weiterreden.
«Meine Familie fühlt sich bedroht, und das darf ich nicht zulassen. Ich habe außer ihr
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