Die Stadt der schwarzen Schwestern
Señora? Das würde mein Herz erwärmen.»
Griet rang sich ein säuerliches Lächeln ab. Wie konnte er fragen? «Keine Spur», sagte sie, «obwohl ich Euch gebraucht hätte, um ein paar Fälle durchzugehen, die mir Kopfzerbrechen bereiten. Wollt Ihr die Bücher sehen? Oder das Geld, das ich eingenommen habe?»
Don Luis verneinte. Stattdessen bat er Griet ins Kontor, wo er ihr in knappen Worten von seiner Reise nach Namur berichtete. Griet war entsetzt.
«Wollt Ihr damit sagen, dass ich mein Haus nach so kurzer Zeit schon wieder verlassen muss?» Griet blickte Don Luis ratlos an. Zwar war ihr das alte Gemäuer nicht wirklich ans Herz gewachsen, doch es war praktisch und bot ihr und ihren Angehörigen immerhin ein Dach über dem Kopf.
«Das Anwesen gehört Euch aber nicht, Griet», erinnerte sie Don Luis, während er sich am Ofen wärmte. «Der Statthalter hat es Euch nur vorübergehend überlassen. Wenn die rechtmäßigen Eigentümer im Namen der Kirche Anspruch auf ihren alten Besitz erheben, sind Farnese die Hände gebunden. Das müsst Ihr einsehen.»
Griet schlug den Blick nieder. Gar nichts sah sie ein. Für Don Luis mochte es nicht schlimm aussehen, das Häuschen und die zwei Kammern drüben im Kloster zu räumen, für sie aber war es eine Katastrophe. Sie dachte an de Lijs, der in Kürze davon erfahren würde. Gewiss spielte ihr Unglück ihm in die Hände.
«Ich muss sofort eine neue Unterkunft finden», sagte sie.
«In einer Stadt, die mit spanischem Militär vollgestopft ist? Ausgeschlossen. Denkt daran, dass die meisten Eurer Nachbarn Einquartierungen zu ertragen haben. Dass Ihr hier so lange Eure Ruhe hattet, verdankt Ihr nur der Nachsicht des Statthalters.» Don Luis seufzte. «Ich fürchte, Ihr werdet in ganz Oudenaarde nicht einmal ein freies Mauseloch finden.»
«Wenn ich Euch richtig verstanden habe, so bietet mir Margarethe von Parma zum Trost ein Privileg für Namur an?»
Don Luis zögerte; von einem Privileg hatte die Fürstin nicht gesprochen, wohl aber davon, dass sie Griet an ihrem Hof zu sehen wünschte. Er beschloss, sie dennoch in dem Glauben zu lassen. Waren Griet und ihr Vater erst einmal in Namur, würde sich alles finden.
«Gut, dann werde ich die sieben Briefe ausstellen.» Griet warf einen flüchtigen Blick auf den Beutel, den Don Luis ihr im Auftrag Margarethes aushändigte. Er enthielt ein kleines Vermögen an burgundischen Reichstalern, spanischen Dublonen und Dukaten; das sichere Geleit der Nonnen schien der Fürstin am Herzen zu liegen. Ohne zu zögern verstaute Griet den Beutel in ihrem Kassettenschrank und zog den Schlüssel ab. Das Geld würde ihr weiterhelfen, andererseits war das Risiko, das sie einging, gewaltig. Griet konnte nur hoffen, dass den Frauen unterwegs nichts zustieß, denn das konnte ihr endgültig den Hals brechen.
«Ich werde einen Boten zur Vorsteherin der schwarzen Schwestern schicken», sagte Don Luis. «Er soll die Frauen davor warnen, ihre Reise zu lange aufzuschieben. Wenn es erst einmal richtig schneit, wird es draußen in den Ardennen ungemütlich.»
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Kapitel 14
Abtei Hertoginnedal, November 1582
Schwester Cäcilia blickte voller Wehmut über die großzügigen Gartenanlagen, die sie mit einigen Novizinnen bis spät in den Herbst hinein gepflegt hatte. Sie empfand Traurigkeit, wenn sie sich vorstellte, die nächste Rosenblüte im Kloster nicht mehr miterleben zu dürfen. Sie würde nicht da sein, wenn die Kirsch- und Mandelbäume Knospen bekamen, und konnte die Frauen nicht mehr beraten, die sich um die Bienenstöcke kümmerten.
Sie hatte den Dominikanerinnen von Hertoginnedal alles beigebracht, was sie selbst über die Bienenzucht und das Honigschleudern wusste. Ein bescheidener Ausdruck ihres Dankes dafür, dass man den schwarzen Schwestern hier Asyl gewährt hatte. Da dies angesichts der täglichen Bedrohung der noch verbliebenen Klöster rund um Brüssel durch calvinistische Rebellen nicht selbstverständlich war, hatte es Schwester Cäcilia überrascht, als Bernhild, ihre Vorsteherin, nach der Vesper alle in den Kapitelsaal gerufen hatte, um zu verkünden, dass die Zeit des Exils vorüber sei und sie alle nach Oudenaarde zurückkehren würden.
Als einzige der letzten sieben Nonnen, die den schwarzen Schleier trugen, war Schwester Cäcilia erst in Hertoginnedal zur Gemeinschaft gestoßen und trotz Bernhilds Argwohn schließlich aufgenommen worden. Sie wusste, dass die Vorsteherin sie für eine flüchtige Ketzerin
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