Die Stadt der schwarzen Schwestern
haben meine Schwestern aufgeschreckt. Euretwegen hat sich die Generalstatthalterin in die Idee verliebt, uns wieder nach Hause zu bringen, nachdem die Ketzer uns damals vertrieben haben. Sie glaubt, sie verrichtete damit ein frommes Werk, so, wie sie Klöster beschenkt und am Palmsonntag den Armen die Füße wäscht. Doch von dem, was in Oudenaarde geschehen wird, falls wir zurückkehren, hat sie keine Ahnung. Wie sollte sie auch? Nun ist die ganze Stadt dem Teufel geweiht, und er wird sie nicht mehr aus seinen Klauen lassen, bis wir die Macht des Buches ergründet und auf die Probe gestellt haben. Mehr braucht Ihr darüber nicht zu erfahren.»
Don Luis schüttelte seufzend den Kopf. Ihm fiel Pater Jakobus ein, der den Umgang mit der Vorsteherin der schwarzen Schwestern als schwierig beschrieben hatte, und er dachte an Griet, die ahnungslos Ratsuchende in den ehemaligen Räumen dieser merkwürdigen Frauen empfing. Plötzlich hoffte er, dass beide einander niemals begegneten, denn von der Alten ging etwas Verstörendes aus, das ihn beunruhigte. Aber die Reise der Nonnen zu verhindern lag kaum in seiner Macht. Also galt es, Griet und ihren Anhang so bald wie möglich nach Namur zu verfrachten.
«Tut mir leid, aber ich fürchte, ich kann Euch nicht weiterhelfen», sagte er bestimmt. «Ihr werdet Euch mit dem Gedanken anfreunden müssen, wieder in Oudenaarde zu leben. Mit oder ohne Eure Bücher. Fürstin Margarethe will es so. Vielleicht könnt Ihr Euer barmherziges Werk im Spital zu unserer lieben Frau fortsetzen und Kranke pflegen?»
Die Alte blickte ihn empört an, als hätte er etwas Unanständiges gesagt. Einen Moment lang konnte er sich vorstellen, sie würde ausholen und ihn mit ihrem Stock schlagen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Grinsen.
«Wir wissen, wer Ihr seid, Don Luis de Reon. Euer Brief war aufschlussreicher, als Ihr denkt. Ihr seid ein junger Mann, der nicht weiß, wo sein Platz in dieser Welt ist.»
Don Luis wurde ärgerlich. «Wenn Ihr Euch da mal nicht irrt, gute Schwester. In den nächsten Stunden wird mein Platz direkt gegenüber im Badehaus sein, wo mir ein paar entzückende Mädchen den Rücken waschen werden, bevor ich mit einem von ihnen in ein weiches Bett schlüpfe und die Kerze lösche.»
Die schwarze Schwester lächelte. Schlagartig gewann ihr Gesicht den Ausdruck zurück, den sie auch die Fürstin hatte sehen lassen. Nur ihre Augen blieben unvermindert kühl und starr. Don Luis wollte zu seinem Pferd zurückgehen, als die Alte ihm noch etwas hinterherrief.
«Ihr seid doch auf der Suche nach jemandem, nicht wahr? Deshalb streift Ihr ziellos durch die flandrischen Lande, ohne es je lange an einem Ort auszuhalten. Helft uns, Spanier, damit wir nicht nach Oudenaarde zurück müssen! Dann werdet Ihr erfahren, was aus Eurer Mutter geworden ist.»
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Kapitel 13
Griet atmete den würzigen Duft des Weihrauchs ein, der durch die Kirche zog. Ihre Finger berührten die Perlen ihres Rosenkranzes, während sie versuchte, sich auf die Gebete zu konzentrieren, die der Priester vorne am Altar vorsprach. Es war ihr gleichgültig, dass der Ritus von dem betont nüchternen Stil der Calvinisten abwich, an den sie sich während der letzten Jahre gewöhnt hatte. Sie hatte das Bedürfnis, Gott dafür zu danken, dass Basse nichts geschehen war. Dass dabei ihre Gedanken abschweiften, konnte sie nicht verhindern. Zu viel ging ihr im Kopf herum. Neben ihr saß Basse und langweilte sich. Er hatte die Aufregung seiner Mutter nicht verstanden und fand es ärgerlich, dass sie ihn nun kaum noch aus den Augen ließ.
Um sich nicht den neugierigen Blicken anderer aussetzen zu müssen, hatte sich Griet tief verschleiert und Basse nicht weit von der Tür, gleich neben einer Säule, auf das harte Gestühl geschoben. Doch man hatte sie schnell erkannt. Einige Weiber drehten sich nach ihr um und steckten die Köpfe zusammen, um zu tuscheln. Griet blickte starr geradeaus. Ungeduldig klapperte sie mit ihren Perlen. Die Messe schien kein Ende zu nehmen. Für gewöhnlich liebte Griet die lateinischen Gesänge, doch heute hielt es sie nicht auf ihrem Platz. Kaum hatte der Priester, ein junger Dominikanerbruder, seiner Gemeinde mit weit ausgebreiteten Armen den Segen gespendet, da erhob sie sich auch schon und nahm Basse an die Hand. Zielstrebig schritt sie auf den Ausgang zu und nahm sich kaum noch Zeit, beim Opferkasten stehenzubleiben, damit Basse eine Münze hineinwerfen konnte.
Sinter stand vor
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