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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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wirbelten durcheinander. Fast die ganze Zeit über hatte ich den Eindruck, nach oben zu stürzen anstatt nach unten, dann wieder liegend oder merkwürdig schräg und verdreht dahinzugleiten. Zuletzt hatte ich das Gefühl, dass sich mein ganzer Körper überschlug. Schließlich fand ich mich, ohne die geringste Erschütterung oder gar einen Aufprall zu spüren, aufrecht auf festem Boden stehend wieder. Das Dunkel um mich herum lichtete sich, ich vermochte wieder zu sehen, aber mir war noch immer schummrig. Sekundenlang ergaben die Bilder, die meine Netzhaut empfing, überhaupt keinen Sinn.
    Als ich endlich mein Erkenntnisvermögen zurückgewann und wieder in der Lage war, meine Umgebung wenigstens halbwegs wahrzunehmen, war meine Verwirrung komplett, vergleichbar allenfalls mit dem Zustand eines Mannes, der sich ohne jede Vorwarnung an die Gestade eines fremden Planeten geworfen sieht. Ich war aufs Äußerste verblüfft. Mir schwirrte der Kopf, ich fühlte mich gleichermaßen fremd und verloren, entsetzlich allein und abgeschnitten von jeder vertrauten Umgebung, von allem, was unserem Leben Form und Farbe gibt, ja, was es eigentlich ausmacht und sogar noch unsere Persönlichkeit bestimmt.
    Ich stand inmitten einer Landschaft, die Crater Ridge auch nicht im Entferntesten ähnelte. Zu meinen Füßen schwang sich ein langer, von violettem Gras bedeckter Hang, auf dem sich hie und da Steine von monolithischem Ausmaß erhoben, sanft zu einer weiten Ebene hin, auf der sich wogende Wiesen und hohe, majestätische Wälder erstreckten, deren überwiegend purpurne und gelbe Pflanzen mir jedoch gänzlich unbekannt waren. Die Ebene schien in einer Wand aus undurchdringlichen, bräunlich-goldenen Dunstschleiern zu enden, die sich wie geisterhafte Bergspitzen in einen leuchtend bernsteinfarbenen Himmel reckten, an dem keine Sonne zu sehen war.
    Im Vordergrund dieser erstaunlichen Szenerie, kaum mehr als zwei, drei Meilen entfernt, zeichnete sich drohend eine Stadt ab, deren gewaltige Türme und gebirgsgleich aufragende Mauern aus rotem Stein wirkten, als seien sie von einem vorgeschichtlichen Volk einer bislang noch unentdeckten Welt erbaut worden. Ein Wall höher als der vorhergehende, eine Turmspitze gigantischer als die andere, schwang sie sich in die Höhe, um das Firmament zu erreichen. Nichts unterbrach die strenge, ernste Geradlinigkeit dieses Baustils, dessen bedrückende Düsterkeit den Betrachter überwältigt und erschüttert zurückließ.
    Während ich so dastand und schaute, wich mein anfängliches Gefühl äußerster Verlassenheit und Befremdens einer Art von Ehrfurcht, vermischt mit Entsetzen. Zugleich spürte ich, wie ich in einen rätselhaften Bann geriet. Mein Wille wollte mir nicht mehr gehorchen, und ohne zu wissen, weshalb, fühlte ich mich magisch von dieser Stadt angezogen. Doch nach einer Weile wurde mir meine unglaubliche Lage wieder bewusst und ich empfand nur noch das heftige Verlangen, diesen unerträglichen Umständen und dieser absonderlichen Region zu entfliehen und wieder in meine eigene Welt zu gelangen. In dem Bemühen, meiner Erregung Herr zu werden, versuchte ich zu begreifen, was nun eigentlich geschehen war.
    Ich hatte bereits Geschichten über Reisen zwischen den Dimensionen gelesen – ja, sogar selbst ein, zwei verfasst – und oftmals darüber nachgedacht, ob es denn möglich wäre, dass andere Welten beziehungsweise Materie-Ebenen unsichtbar und für menschliche Wesen nicht wahrnehmbar parallel zu dem uns bekannten Raum existieren. Selbstverständlich war mir auf Anhieb klar gewesen, dass ich in eine derartige Paralleldimension versetzt worden war. Zweifellos war ich, als ich den Schritt zwischen jene beiden Felsblöcke tat, in eine Art Riss oder vielmehr Spalt in der Raum-Zeit gestürzt und in dieser fremdartigen Sphäre – in einem gänzlich anderen Universum – wieder aufgetaucht.
    Was so einfach klingt, bereitete mir doch einiges Kopfzerbrechen. Denn wie etwas Derartiges im Einzelnen funktionieren sollte, blieb mir ein Rätsel. Darum nahm ich in einem erneuten Versuch, meine Fassung wiederzugewinnen, meine unmittelbare Umgebung näher in Augenschein. Diesmal verfehlten die bereits erwähnten Monolithen ihren Eindruck auf mich keineswegs. Die meisten waren in ziemlich regelmäßigen Abständen in zwei parallelen, den Hang hinabziehenden Reihen angeordnet, wie um den Verlauf einer prähistorischen, längst unter dem violetten Gras versunkenen Straße zu markieren.
    Als ich mich

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