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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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täuschten und alles falsch verstanden hatten, war es längst zu spät. Silette hatte uns infiziert. Wir waren nicht mehr dieselben Mädchen, ob wir wollten oder nicht.

10
    N achdem ich in Broadmoor ein paarmal falsch abgebogen war, erreichte ich doch noch das College of New Orleans. Es war schlimm überflutet worden. Ich konnte mich noch erinnern, wo die Kriminologie untergebracht war, aber als ich davorstand, war die Tür geschlossen, und alles wirkte sehr heruntergekommen. Ich spähte durch ein Fenster hinein und sah gedämpftes Sonnenlicht: Das Dach fehlte.
    Auf einem handgeschriebenen Zettel an der Tür stand: Kriminologie, Literaturwiss. und Beschäftigungstherapie finden Sie in der Doublewide Hall. Der Pfeil zeigte geradeaus.
    Ich lief um das Gebäude herum. Dahinter sah ich eine Reihe von Wohnwagen, manche davon miteinander verbunden, andere frei stehend. Als ich näher kam, entdeckte ich das Banner, das am ersten Wohnwagen hing: Doublewide Hall.
    Ich öffnete die Tür von Doublewide Hall. Als ich sie hinter mir wieder zuzog, wackelte der ganze Wohnwagen. In dem Wagen standen ein paar Schreibtische, auf denen sich Pappkartons stapelten. An einem der Tische saß eine Blondine. Auf dem an den Tisch gehefteten Schild stand EMPFANG.
    Ain’t no sunshine when she’s gone, sang eine Männerstimme aus dem Computerlautsprecher. I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know I know.
    »Hi«, sagte die Blondine mit aufgesetzter Freundlichkeit. Sie war hübsch und aufgeweckt und etwa einundzwanzig Jahre alt. Dafür konnte sie nichts. Womöglich verbarg sich hinter der fröhlich-blonden Fassade ein Herz voller Bosheit. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja«, sagte ich, »können Sie. Von wem ist das Lied?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie und lächelte gequält.
    »Von Aaron Neville?«, fragte ich.
    »Weiß nicht«, sagte sie knapp.
    »Hmm«, sagte ich, »könnte es vielleicht von Al Green sein?«
    »Ich habe wirklich keine Ahnung«, sagte sie mit Nachdruck. »Kann ich Ihnen anderweitig helfen oder …«
    »Tja, schön, also dann«, sagte ich. »Wäre es möglich, Mick Pendell zu sprechen? Ich war gerade in der Gegend und dachte mir …«
    »Haben Sie einen Termin?«, fragte die Blondine.
    »Nein«, sagte ich. »Sagen Sie ihm einfach, Claire DeWitt ist hier.«
    Die Blondine machte ein bedauerndes Gesicht. »Tut mir leid, ich darf wirklich niemanden ohne Termin durchlassen.«
    »Sie sollen mich gar nicht durchlassen«, erklärte ich, »Sie brauchen sich kein bisschen durchlässig zu machen. Rufen Sie ihn einfach an.«
    »Tut mir leid, er hat wirklich keine Zeit für Besucher ohne Termin.«
    »Würden Sie ihm einfach sagen, dass ich hier bin?«
    »Leider …«
    »Würden Sie es ihm bitte sagen?«
    »Ich kann …«
    »Sagen Sie es ihm.«
    »Ich …«
    »Sagen Sie es ihm.«
    »Wir …«
    »Sagen Sie es ihm. Sagen Sie es ihm. Bitte. Sagen Sie es ihm einfach.«
    »Okay«, sagte sie endlich. Sie versuchte gar nicht, ihre Abscheu zu verbergen. Ich nahm es ihr nicht übel. Sie griff zum Hörer und wählte. Sie murmelte eine Entschuldigung und sprach dann meinen Namen, Claire DeWitt, aus wie einen Fluch. So wie üblich. Die Person am anderen Ende der Leitung antwortete. Die Blondine bedankte sich und legte lächelnd auf.
    »Er sagt, er würde Sie zu gern treffen«, sagte sie, » mit Termin. Wie wäre es am …«
    »Nein«, sagte ich, »tut mir leid, aber so wird das nicht gehen.«
    Ich griff in meine Handtasche und zog Notizblock und Stift heraus. »Wie wäre es, wenn ich Mr. Pendell eine Nachricht hinterlasse? Würden Sie ihm die geben?«
    »Natürlich«, sagte sie, »liebend gern!«
    Ich schrieb: Du bist tot.
    Ich faltete den Zettel zusammen und reichte ihn der Blondine.
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Marvin Gaye?«
    Diesmal antwortete sie nicht. Stattdessen setzte sie ein starres Lächeln auf und glotzte, ohne zu blinzeln, auf den Computermonitor, bis ich ging.

    Auf dem Rückweg in die Innenstadt klingelte mein Handy.
    »Claire?«
    »Ja.«
    »Claire, hier spricht Mike. Mike Yablonsky. Wie fühlen Sie sich?«
    »Hungrig«, sagte ich. »Dünn. Ausgemergelt. Da Sie mir die fünfhundert Dollar nicht gezahlt haben, die Sie mir schulden, habe ich nichts zu essen, Mike. Ich bin am Verhungern.«
    »Klar«, sagte er. »Sicher steht es Ihnen gut, Claire! Hören Sie, ich habe Ihre E-Mail bekommen. Die wegen

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