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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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konnten. Sie hatten bis jetzt nur keine Worte dafür gehabt.

17
    I ch rollte den Fall Willing neu auf.
    Auf dem Jackson Square unter dem grauen Wolkenhimmel saßen drei Handleser und Tarotkartenleger, zwei Leute verteilten Flugblätter darüber, wie man in den Himmel oder die Hölle käme, und ich sah fünf Männer, auf die Leons Beschreibung von Jackson passte. Jackson war der Mann, der Vic Willing am Donnerstag nach dem Sturm gesehen haben wollte. Ein dünner, alter Schwarzer mit Zahnlücke und wirrem, grauem Haar. Trug normalerweise einen langen Mantel und hatte immer eine Plastiktüte mit Pfanddosen und eine mit seinen Habseligkeiten dabei.
    Ich musterte die potenziellen Jacksons. Zwei sahen fies aus, einer verrückt. Einer stand auf und ging schnell weg, als er merkte, dass ich ihn beobachtete. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Vic oder Leon mit diesen Leuten etwas zu tun hatten. Demnach konnte nur der übriggebliebene Mann Jackson sein.
    Ich ging auf ihn zu.
    Er lächelte mich an und streckte mir einen zerdrückten Pappbecher entgegen.
    »Haben Sie Kleingeld?«, fragte er mit breitem Südstaatenakzent.
    »Klar«, sagte ich und steckte einen Fünfer in den Becher. Der Mann bedankte sich.
    »Sind Sie Jackson?«, fragte ich.
    Er bejahte.
    Ich stellte mich vor und fragte ihn, ob ich mich kurz zu ihm setzen dürfe. Er erlaubte es.
    Ich setzte mich und erklärte ihm, was ich von ihm wollte – eine Schilderung seiner letzten Begegnung mit Vic Willing. Er wiederholte, was er schon Leon erzählt hatte.
    »Es war Donnerstag. Ich war unten am Convention Center. Die Nationalgarde hatte die Leute zusammengetrieben und dort hingebracht. Etwas Besseres fiel ihnen nicht ein. Ich meine …« Er überlegte kurz. »Man hätte doch erwarten können, dass sie es bleibenlassen, nachdem sie gesehen hatten, was dabei rauskam.« Er schüttelte den Kopf. »Wie dem auch sei. Die Polizei hatte die Leute zusammengetrieben und da hingeschafft. Ich war draußen und habe Vic gesehen. Ich glaube, er kannte da niemanden – ich meine, die meisten Leute waren so wie ich. Nur wenige Leute waren so wie er. Ich glaube, er war froh, mich zu sehen.«
    »Vielleicht hat er sich gefreut, dass Sie in Sicherheit waren«, sagte ich.
    Jackson runzelte die Stirn und dachte nach. »Kann sein«, sagte er. »Na ja, wissen Sie, Vic war nicht der Typ, der sich besonders für seine Mitmenschen interessierte. Aber wer weiß, kann schon sein, es sah danach aus. Jedenfalls kommt er zu mir rüber und sagt: ›Hey, Jackson‹, und ich sage: ›Hey, Mister Vic, wie schön, Sie zu sehen‹, was ehrlich gemeint war. Egal, wie schlimm es da war, ich war froh um jedes bekannte Gesicht, denn so wusste ich wenigstens, dass derjenige überlebt hatte. Deswegen war ich froh, ihn zu sehen.«
    »Hat er gesagt, wo er herkam?«, fragte ich.
    Jackson überlegte, bevor er antwortete. Ich mochte den Kerl. Er dachte in fünf Minuten mehr nach als andere Leute in einer ganzen Woche.
    »Nein«, sagte er, »nein, hat er nicht. Zumindest kann ich mich nicht dran erinnern.« Er sah mich an. Ich bedankte mich. Er redete weiter. »Ich habe ihn gefragt, ob alles in Ordnung sei, und er sagte, ja, und dann hat er gefragt, ob bei mir alles in Ordnung sei und ob ich irgendwas brauchte, und ich sagte: ›Nein danke‹, weil ich dachte, er hat sowieso nichts dabei. Ich meine, alles Geld der Welt ist nutzlos, wenn es nichts zu kaufen gibt. Ich habe nicht verstanden, warum die Leute Fernseher und so ein Zeug gestohlen haben, schließlich kann man das nicht essen. Wir brauchten nichts als Essen und Wasser, aber davon gab es nichts. Die Stadt war leergefegt – die Restaurants, Supermärkte, alles. Die Jungs sind losgezogen, Jungs, die sich mit Einbrüchen auskannten, um in Läden und Restaurants einzusteigen und Wasser und alles Mögliche zu holen und an Babys und alte Leute zu verteilen. Ein paar von den Jungs haben nichts davon selbst angerührt, nicht einen Bissen. Aber auch das war schon geschehen. Blieben nur noch die Privathäuser, aber so was käme für mich nie in Frage. In eine Wohnung einzubrechen, meine ich. Jedenfalls. Vic wollte wissen, ob alles in Ordnung sei, und er wollte wissen, wie ich da hingekommen war, und ich erzählte es ihm. Er sah sehr besorgt aus, wissen Sie, so als betrübe ihn alles sehr. Er wollte wissen, von wo das viele Wasser herkam, was los war und so weiter. Ich sagte ihm, dass das Wasser meines Wissens überall war. Er fragte, welche Dämme gebrochen waren,

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