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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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einen Walkman auf und sahen durch einen hindurch. Sie führten teure Hunde spazieren und schoben teure Babys in Designerkinderwagen durch die Gegend, und sie töteten einen mit Blicken, wollte man das eine oder andere streicheln. Ich wollte weg hier.
    Nicht ich hatte meine Heimat verlassen, meine Heimat hatte mich verlassen, Block für Block.
    Auch Kelly hatte fortziehen wollen. Das war unser Plan gewesen, damals. Wir hatten vor, mit sechzehn zu dritt zu verschwinden. Egal wohin. Wir wollten nirgendwo hin, wir wollten von hier weg.
    »Ich dachte, wir wollten hier weg«, sagte ich schließlich. Kelly blätterte in einem Aktenordner und glich ihre Aufzeichnungen mit der Aussage eines Wachmannes ab, der zehn Minuten nach unserer Verabschiedung am Bahnsteig möglicherweise eine Person gesehen hatte, die möglicherweise wie Tracy ausgesehen hatte. »Ich möchte hier nicht ewig bleiben.«
    Kelly sah mich an, als könnte sie es nicht fassen.
    »Ja«, sagte sie, »genau, wir wollten von hier weg. Zusammen. Wir drei.«
    »Selbst, wenn wir sie finden«, sagte ich, »wird sie nicht mitkommen.«
    Den restlichen Tag über schwiegen wir uns an.
    Nach diesem Tag war mir klar, dass ich mich entscheiden musste. Ich fing an, meinen Besitz zu verkleinern und Sachen wegzugeben. Kelly sprach immer weniger mit mir. Zwischen uns hatte sich eine Lücke aufgetan, die bald zu einem Abgrund anwachsen sollte. Ich stahl meinen Eltern noch mehr Geld als früher, um Rücklagen zu bilden. Sie bemerkten es nicht, weil sie noch mehr tranken als früher. Ich fing außerdem an, Dinge zu stehlen, die sich weiterverkaufen ließen, Bücher zum Beispiel, die man problemlos einstecken und im Strand Book Store zu Geld machen konnte.
    Ich erzählte Kelly nichts davon. Sie wusste ohnehin Bescheid.
    Als ich ein ordentliches Sümmchen beisammenhatte, packte ich meine wenigen Habseligkeiten ein und teilte meinen Eltern mit, dass ich ins Feriencamp führe. Sie nahmen es kaum wahr.
    Ich ging zu Kelly, um mich zu verabschieden.
    Sie öffnete die Tür. Als sie meinen Koffer sah, schlug sie die Tür wortlos wieder zu.
    Ich fuhr zum Busbahnhof am Hafen und kaufte eine Fahrkarte für den nächsten Bus, der weit wegfuhr. Der Bus fuhr nach San Francisco. In Cleveland warf man mich hinaus.
    Wäre ich in Brooklyn geblieben, hätte ich den Rest meines Lebens in diesem Zimmer zugebracht, so wie Kelly und Tracy, eingemauert und langsam erstickend. Der Fall des verschwundenen Mädchens hätte mich mit sich in die Tiefe gerissen, wenn ich nicht losgelassen hätte.
    Aber Kelly blieb. Sie ließ nicht los. Und langsam, Stück für Stück, ging sie unter. Sie gründete eine Detektei, aber das war nur eine Nebenbeschäftigung, um die Suche nach Tracy zu finanzieren. Alles andere war ihr egal. Sie hatte die Möglichkeit, über einen Lüftungsschacht in Tracys Zimmer einzusteigen, und sie war mehrfach festgenommen worden bei dem Versuch, in das Haus einzubrechen; das Zimmer allerdings entdeckte man nie. Zwanzig Jahre Arbeit an diesem einen Fall hatten eine gute Detektivin aus ihr gemacht. Und hatten sie gebrochen. Nichts von dem, was hätte sein können, war passiert, und nichts von dem, was hätte sein sollen. Wir hätten zu dritt die Welt bereisen, Rätsel lösen und Unmengen von Geld verdienen sollen. All das tat ich allein. Jeden Moment meines Lebens lebte ich für uns drei. Es war nicht die richtige Art zu leben, aber ich wusste es nicht besser. Ein Bissen für mich genügte nicht; immer musste ich auch für Kel und für Trace abbeißen. Ich konnte nicht zurück, aber genauso wenig konnte ich loslassen. Es hätte sich angefühlt, als würde ich sie ein weiteres Mal verlieren.
    Kelly und ich telefonierten alle paar Jahre einmal, wenn eine von uns von Tracy geträumt hatte oder auf einen neuen Hinweis gestoßen war. Selbst heute, zwanzig Jahre danach, rechnete ich manchmal mit einem Anruf von Tracy: Was geht ab, sehen wir uns heute um zehn in der Mars Bar? Ich rechnete damit, Kel zum Graffitisprühen an der Linie G zu treffen. Was ist denn, du Zicke, du kommst zu spät!
    Nicht die Toten sollten wir bemitleiden, sondern die Lebenden.
    Ich wusste nicht, wie der Fall des verschwundenen Mädchens zu lösen war. Ich kannte auch nicht die Auflösung des Falles der gebrochenen Dämme. Ich wusste nicht, wie man eine Stadt vor dem Ertrinken rettet, meines Wissens wusste das niemand. Ich schaffte es mit knapper Not, den Kopf über Wasser zu halten. Das Wasser reichte mir bis zu den Augen, und

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