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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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Sie sehen, was für ein zauberhafter, intelligenter Mensch ich bin. Dann werden Sie mich für die komplette Zeit bezahlen, und Sie werden es gern tun. Mit Freuden. Wir sollten also …«
    Leon atmete frustriert aus.
    »Nein«, wiederholte er, »nein. Ich … ich möchte wirklich nicht … ich meine, ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Nein. Es ist vorbei. Aus und vorbei. Ich bin mit Ihrer, äh, mit Ihrer Leistung nicht zufrieden. Zunächst einmal melden Sie sich nicht oft genug. Und soweit ich es beurteilen kann, haben Sie bis jetzt noch gar nichts erreicht. Und …«, er warf einen Blick auf mein Glas und deutete eine kippende Geste an, »… die Trinkerei und der ganze Rest, den Sie da nehmen, diese Blumensamen, die Sie rauchen …«
    »Oliloquili«, korrigierte ich ihn, »ist streng genommen keine Blume, sondern …«
    »Und das ganze Voodoo-Zeug …«
    »Ich bitte Sie!«, rief ich. »Als ob es hier um Besessenheit ginge!«
    »Nein«, wiederholte er stirnrunzelnd, »nein. Damit wir uns nicht missverstehen. Bitte sehr.« Er reichte mir einen Scheck für die bislang geleistete Arbeit und einen getippten Brief, ein formelles Kündigungsschreiben. In der unteren Ecke klebte ein Siegel; er hatte das Schreiben von einem Notar beglaubigen lassen. Er wollte kein Risiko eingehen.
    »Tja, damit ist es wohl offiziell«, sagte er und stand auf. »Ich denke, wir sind fertig.«
    Ich stand auch auf. »Sie werden schon sehen«, sagte ich.
    »Klar«, sagte Leon. »Okay. Ich glaube, Sie sollten jetzt besser gehen.«
    Ich ging.
    »Ich habe recht«, sagte ich an der Tür. »Ich habe immer recht.«
    »Ja, klar«, sagte Leon und machte die Tür vor meiner Nase zu. »Schön für Sie.«
    »Sie werden sehen«, sagte ich. »Sie werden sehen!«
    Er schloss die Tür ab und antwortete nicht. In dem Moment wusste ich, ich hatte recht.
    Und noch etwas anderes wusste ich: Wenn ein Auftraggeber dich feuert, bist du dabei, der Wahrheit näher zu kommen.

    »Der Auftraggeber ist nicht Teil des Ganzen, sondern die externe Energiequelle«, schrieb Silette. »Wenn das Rätsel Shiva ist, ist der Klient Shakti. Der Klient initiiert das Hinabsteigen in das Rätsel, wird danach aber nicht mehr gebraucht, denn der Detektiv macht aus freien Stücken weiter. Der Detektiv wird den Fall meistens nicht wegen, sondern trotz des Auftraggebers lösen.
    Der Auftraggeber ist die verirrte Ziege, die Persephone an jene Stelle führt, an der Hades sie in die Unterwelt einlässt.
    An den Namen der Ziege erinnert sich niemand. An den Namen der ersten Detektivin erinnert sich jeder: Persephone.«

45
    I ch fuhr ein paar Straßen weiter und parkte, obwohl ich dort nichts zu suchen hatte. Ich wollte nicht aufdringlich erscheinen. Ich hatte keinen Plan. Ich hatte nicht einmal Hunger. Ich hatte genug von Schnaps und Drogen. Ich hatte keine Lust, mir Museen oder Einkaufszentren oder Touristenattraktionen anzusehen, von denen die meisten ohnehin geschlossen waren. Es gab niemanden in New Orleans, den ich treffen wollte.
    Ich wollte wissen, wer Vic Willing ermordet hatte. Mehr nicht.
    Ich fuhr zum French Quarter und parkte schräg gegenüber von Vics Wohnung. Jackson, der Obdachlose, der Vic gekannt hatte, saß ein paar Hauseingänge weiter auf einer Treppe. Sein Stammplatz, der Jackson Square, war nur wenige Blocks entfernt.
    Ich stieg aus.
    »Hey, Jackson«, sagte ich.
    Er nickte würdevoll. »Hallo, Ma’m.«
    »Wie geht’s?«, fragte ich.
    »Ausgezeichnet«, antwortete er, »und selbst?«
    »Weniger ausgezeichnet«, sagte ich. »Ständig wollen alle mich auszeichnen, aber irgendwie bleibt nichts davon haften.«
    Er lachte. »Da steht der Wagen«, sagte er und schaute zu Vics Haus hinüber.
    Ich folgte seinem Blick. Vor dem Gebäude stand derselbe weiße Kranwagen, den ich an allen möglichen Orten in der Stadt bemerkt hatte.
    »Was tun die da?«, fragte ich.
    Jackson schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung«, sagte er. »Ich weiß es nicht. Ich dachte, Sie sind hier die Detektivin.«
    »Das stimmt«, sagte ich, »das bin ich.«
    Ich überprüfte meine Waffe und versicherte mich, dass sie geladen und griffbereit in meinem Hosenbund steckte. Jackson zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Wollte man mit Angestellten der Stadt New Orleans verhandeln, brauchte man möglicherweise schweres Geschütz.
    Ich überquerte die Straße, und im selben Moment stieg ein Mann in einem weißen Overall aus dem Kranwagen und stellte sich unter die Lebenseiche vor Vics Haus.

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