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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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der Haltestelle Brooklyn Bridge. In wenigen Stunden würden sich die Kids hier versammeln, um die Graffiti der letzten Nacht zu bestaunen. Nachts schlichen sich die Graffitikünstler in die Depots, um ganze Waggons zu besprühen, und die anderen warteten auf dem Bahnsteig, um die Züge herausfahren zu sehen, bevor sie gereinigt wurden. Wir waren die ganze Nacht unterwegs gewesen, erst bei einer Broadway-Houston-Party, dann in der U-Bahn, wo wir Züge beschriftet hatten, und zuletzt im Square Diner in TriBeCa, wo wir mit ein paar Freunden gefrühstückt hatten. Wir waren betrunken und high gewesen, aber inzwischen waren wir nur noch müde, oder zumindest Kelly und ich waren müde. Tracy wollte unbedingt noch bleiben, bis die Züge kamen. Ein Junge, für den sie schwärmte, war am Vorabend im Depot gewesen, und sie wollte sehen, ob und was er zustande gebracht hatte.
    »Macht doch, was ihr wollt«, sagte ich. »Ich gehe nach Hause.«
    »Ich auch«, sagte Kel. »Kommst du mit?«, fragte sie Tracy.
    »Ihr blöden Zicken«, sagte Tracy, »ich will den Waggon von Marcus sehen. Ich bleibe hier.«
    Wir zündeten uns Zigaretten an. Niemand war da, um es uns zu verbieten. Regeln und Gesetze galten anderswo und für andere Menschen; wir hingegen taten, was uns gefiel. New York lag uns zu Füßen, aber im Moment fiel uns nichts Besseres ein, als auf dem U-Bahnsteig zu rauchen.
    Wir hörten Metall gegen Metall schlagen und spürten den Luftzug. Ein Zug fuhr ein. Wir würden mit der Linie 4 bis zum Union Square fahren und von dort mit der L bis nach Brooklyn. An der Lorimer Street würden wir in die Linie G umsteigen und bis nach Hause fahren.
    Als sich der Zug aus dem Tunnel schlängelte, umarmte ich Trace. »Nacht, Zicke«, sagte ich. »Ruf mich morgen an!«
    Sie roch nach Zigaretten und nach der U-Bahn und nach dem billigen Leder ihrer Jacke, auf deren Revers sie mit einem silberfarbigen Stift Tod den Scheiß-Yuppies geschrieben hatte. Sie hatte blondes Haar und trug einen Pony, ein grünes Sixties-Lamékleid aus einem Ramschladen, schwarze Strümpfe und echte Doc Martens, die ihr Vater ihr nach monatelangem Sparen zu Weihnachten geschenkt hatte. Ihre Stimme klang jung und rauchig zugleich. Schon damals rauchte sie etwa eine Packung Zigaretten täglich. In dieser Momentaufnahme ist sie für immer gefangen. Sie ist erstarrt, eingefroren im Jahr 1987 auf Plattform 4/5/6. Hier wird sie die Ewigkeit verbringen.
    »Nacht, du Schlampe«, antwortete sie. »Hab dich lieb. Bis morgen.«
    Kelly und Tracy umarmten einander und tauschten ähnliche Worte aus. Eine U-Bahn der Linie 4 rauschte in den Bahnhof, und Kelly und ich stiegen ein. Wir winkten Tracy durch die Fensterscheibe zu. Als wir anfuhren, hob sie die rechte Hand an die Lippen und warf uns eine Kusshand zu.
    Niemand sah Tracy jemals wieder. Niemand fand eine Spur, einen Verdächtigen, einen Hinweis.
    Niemand, nicht einmal ich.
    Ganz besonders ich nicht.

    Tracy war schon einen ganzen Tag lang verschwunden gewesen, als ihr Vater mich anrief. Ihre Mutter war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Tracy zwei war. Ihr Vater war ein armer, heruntergekommener, irisch-italienischer Alkoholiker, der sein ganzes Leben im sozialen Wohnungsbau zugebracht hatte. Aber Tracy liebte ihn, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als seine Tochter aus Brooklyn herauskommen zu sehen. Ein knappes Jahr später starb er an Alkoholvergiftung und gebrochenem Herzen.
    Ich hatte mich schon gewundert, dass Tracy mich nach dem Frühstück nicht angerufen hatte, wollte der Sache aber nicht zu viel Bedeutung beimessen. Ich rief bei Kel an, aber die Leitung war belegt. Bestimmt hatte auch sie mit Tracys Vater telefoniert. Niemand hatte von Trace gehört. Kel und ich dachten, sie wäre bei dem Jungen, dessen Graffiti sie hatte anschauen wollen.
    Wir verbrachten einen müden, verkaterten Tag im Coffeeshop an der Myrtle Avenue. Um vier wurde es schon dunkel. Wir nahmen die Linie G nach Williamsburg und liefen zu Domsey’s, um uns nach Secondhand-Klamotten zum Preis von zwei Dollar pro Kilo umzusehen. Ich kaufte ein lila Minikleid, Kel ein Bowlinghemd. Lydia, stand auf die Brusttasche des Hemds gestickt, Police Athletic League Bowling Team auf dem Rücken. Wir aßen in einem kleinen polnischen Diner am Broadway zu Abend und fuhren mit der U-Bahn nach Hause. Wir gingen zu mir, um uns den Film der Woche im Fernsehen anzuschauen. In meinem Zimmer stand ein kleines Schwarzweißgerät, das ich bei Goodwill an

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