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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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Dreck und der Hoffnungslosigkeit einer Gefängniszelle im Keller der Eintreiberkasernen und redete von Vergebung. Er öffnete den Mund, wollte seinem Zweifel Ausdruck verleihen, denn Zweifel und Ungläubigkeit waren das, was er verspürte. Benediktes Ausdruck hielt ihn davon ab. Unter ihrer Freundlichkeit schimmerte etwas Strenges, Unnachgiebiges hervor.
    Und noch etwas, etwas, das sich in der Tiefe ihrer hasel-nussbraunen Augen fast verlor. Es sah beinahe aus wie Verzweiflung.
    »Ja«, sagte er, und stellte zu seiner Überraschung, fest, dass er es so meinte.
    Einen Moment lang beobachtete er das Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete, und spürte, wie seine eigenen Mundwinkel als Antwort darauf zuckten. Dann senkte er den Blick.
    »Sieh mal … Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen, aber … du musst mich nicht besuchen kommen. Und bedanke dich bitte auch bei Lily für ihre Besuche. Aber sie hätte das nicht tun müssen.«
    »Wenn Sie das glauben, dann kennen Sie sie nicht im Geringsten«, sagte Benedikta und erhob sich.
    Mark nickte. Manchmal hatte er das Gefühl, als sei es ihnen vorbestimmt, einander immer wieder über den Weg zu laufen.
    »Ich nehme an, sie hat sich gefragt, wo ich abgeblieben bin«, sinnierte Mark, »aber ich weiß nicht, wie sie mich hier aufgespürt hat …«
    »Nein, so ist es nicht gewesen«, erwiderte Benedikta.
    Mark blickte auf. Benedikta stand an die Gitterstäbe gelehnt. Hinter ihr ragte der Schatten des Wärters auf. Mark setzte sich auf.
    »Wir wussten nicht einmal, dass Sie verschwunden waren«, fuhr Benedikta fort. »Bis vor drei Tagen wussten wir nichts davon.« Benedikta ging an ihm vorbei, um sich in den Schatten unter dem hohen schmalen Fenster zu stellen, durch das ein paar spärliche Strahlen der Nachmittagssonne ihren Weg in die Zelle fanden. »Es war reiner Zufall. Ich bin nur hergekommen, um einen Freund zu besuchen, der hier arbeitet. Da bin ich auf der Treppe Snutworth begegnet.« Benedikta verstummte und nestelte an ihrer Schürze. »Er hat Miss Cherubina gestern Morgen geheiratet. Tut mir leid.« Sie hielt inne und lächelte dann zaghaft. »Laud hat sich geweigert, die Hochzeit auszurichten. Er arbeitet nicht für jeden, wissen Sie.«
    Mark hörte hinter sich ein Schlurfen. Der Wärter hatte die Zelle betreten. Mark wurde zornig. Er sah sich nicht um und fauchte: »Können Sie uns nicht einfach noch eine Weile allein lassen?«
    Schweigen.
    »Mark …«, sagte Benedikta langsam, »das ist der Freund, von dem ich erzählt habe.«
    »Der Wärter?«, fragte Mark ungläubig. »Wie kommst du denn an so einen?«
    »An uns wenden sich alle möglichen Menschen um Hilfe, Mark«, sagte Benedikta und hielt dabei den Blick auf den Wärter hinter ihm gerichtet. »Manche brauchen nur ein Bett für die Nacht. Andere brauchen etwas zu essen oder ein wenig Aufmerksamkeit oder Medizin. Manchen können wir helfen, eine neue Arbeit zu finden, damit sie keine Schuldner mehr sein müssen.« Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort, jedes Wort mit Bedacht setzend. »Er ist früher einmal Fischer gewesen.«
    Mark erstarrte. Er hörte nichts anderes mehr als das Geräusch seines eigenen Atems. Seine Gedanken überschlugen sich, versuchten sich daran zu erinnern, wie der Wärter aussah, aber er hatte ihn nie außerhalb dieses trüben Dämmerlichts gesehen.
    Er wandte sich um.
    Der Mann stand in dem Licht, das durch das Fenster hereinfiel. Das Leben hatte ihm in den zwei Jahren noch mehr Falten in das zerfurchte Gesicht gemeißelt, aber jetzt, wo er ihn direkt ansah, jetzt, wo er ihm unverwandt in die Augen blickte, bestand kein Zweifel mehr daran, wer dieser Mann war.
    »Vater …«, keuchte Mark.
    »Mark«, erwiderte der Wärter. Seine Stimme war rauer als früher.
    Mark erhob sich. Er nahm die widersprüchlichen Gefühle, die in ihm tobten, kaum wahr. Als er seinen Vater zum letzten Mal gesehen hatte, war er ihm wie ein Riese vorgekommen. Jetzt waren sie gleich groß.
    »Du …«, sagte Mark angestrengt und mit tonloser Stimme, »du hast mich verkauft.«
    »Ich dachte mir, dass du in der Pflege eines Doktors besser aufgehoben bist«, antwortete sein Vater. Seine Stimme bebte. »Ich dachte, ich würde bald sterben und dich dann ganz allein zurücklassen. Als ich später erfuhr, wie weit du es gebracht hast …«. Er ließ die Hände sinken. »Wer will schon, dass ihm ein alter Schuldner wie ich den ganzen schönen Lebenstraum zerstört?«
    Mark ging auf ihn zu. Der Sturm der

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