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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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Teleskop in der Luft wieder und wieder überschlug.
    Bis eine dunkle Hand es auffing.
    Lily stand vor ihm, ihre Augen lodernde Feuergruben. Mark schrie vor Schmerz auf, denn ihr Blick verbrannte ihn. Er spürte, wie all sein Glanz, seine Pracht zu Asche zerfiel. Lily streckte ihm die Hände entgegen, schien sich dabei aber immer weiter von ihm zu entfernen.
    Mark streckte ebenfalls die Hand aus.
    Seine Finger schlössen sich um die Hand eines blassen, rothaarigen Mädchens.
    Mark blinzelte. Alles war verschwommen. Er lag auf dem Rücken. Er versuchte sich zu bewegen, aber das Mädchen drückte ihn sanft zurück auf sein Strohlager.
    »Ruhig«, sagte sie und rieb seine Brust mit einem Lappen ein, der nach etwas Medizinischem roch. »Das Fieber ist gefallen, aber die Prellung ist immer noch empfindlich.«
    Mark sah sich verwundert um. Die grässlichen Traumbilder waren verschwunden. Die Mauern der Zelle schlössen ihn immer noch ein, aber jetzt bemerkte er, dass die Zellentür offen stand. In der Dunkelheit dahinter sah er den Wärter, der dort Wache stand, und er sah den schlafenden Ghast. Er spürte, dass ihn jemand mit einer alten Decke, die ihn vor dem kalten Luftzug schützte, zugedeckt hatte. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen. Sie legte eine kühle Hand auf seine Stirn.
    »Ist schon wieder normal«, sagte sie, »Die Mittel des Doktors wirken jeden Tag besser.«
    Mark betrachtete sie genauer. Etwas Vertrautes lag im Schwung ihrer Nase, dem Schnitt ihrer Augen. Und jetzt fiel ihm auch auf, dass sie nicht ganz so jung war, wie er zunächst angenommen hatte. Sie mochte etwa in seinem Alter sein.
    »Wie … Wie lange …?«
    »Drei Tage. Das Fieber ist letzte Nacht gefallen«, antwortete das Mädchen und tupfte behutsam die blauen Flecken auf seiner Brust ab, dort, wo sich Snutworths Stock hineingebohrt hatte. »Wir haben den letzten Tag des Skorpion-Monats.« Sie lächelte. »Zwei Jahre seit Ihrem Eigentag. Das sollten Sie eigentlich feiern.«
    »Woher weißt du, wann …« Da erkannte er sie mit einem Mal. »Du bist Glorias Schwester«, sagte er und wich ein Stück vor ihr zurück.
    Sie nickte. »Benedikta«, sagte sie. Ihr Balsam kitzelte auf seiner Brust, und ein wohltuendes Gefühl breitete sich aus. »Sie haben Lily gerade verpasst. Sie ist vorhin hier gewesen, als Sie noch geschlafen haben, aber sie hat heute einen wichtigen Termin. Sie war jeden Tag hier, seit wir es erfahren haben …«
    »Benedikta, ich …« Mark betrachtete ihr sanftes, offenes Gesicht. Diesmal verspürte er einen ganz anderen Schmerz, aber dann kamen Erinnerungen an seine Fieberträume zurück, und er musste weiterreden. »Es tut mir leid wegen deiner Schwester«, sagte er. »Ich habe nie gewollt …«
    »Natürlich nicht«, fiel ihm Benedikta ins Wort. »Nur ein Verrückter hätte so etwas gewollt.«
    »Aber trotzdem …« Mark rang um Worte. »Ich hätte … Ich hätte nicht …«
    Er streckte die Hände aus, und Benedikta nickte. Er hätte so viel tun können und hatte es nicht getan. So viele Möglichkeiten, wie er hätte helfen können, aber er hatte es nicht getan.
    Es hatte keinen Sinn, sie alle aufzuzählen. Sie wusste genau, was er meinte, das sah er in ihrem Gesicht. Dort zeichnete sich, als sie in die Ferne blickte, ein trauriges Lächeln ab.
    »Ich habe Lily gesagt, dass Sie das als Erstes sagen würden. Sie war der Meinung, dass sie etwas hinsichtlich Mr Snutworth sagen.« Sie zuckte die Achseln. »Manchmal kann sie sehr schroff sein. Aber ich glaube, insgeheim hat sie gehofft, dass ich recht behalte. Sie müssen wissen, dass Lily an Sie glaubt. Und das ist ziemlich beeindruckend -jedenfalls wenn man Lily näher kennt.«
    »Hätte ich doch nur an sie geglaubt«, erwiderte Mark und legte die Wange wieder auf den Zellenboden. »Auch wenn das jetzt nicht mehr viel zählt, aber … es tut mir leid.«
    »Ich weiß«, sagte Benedikta. Sie verstaute den Kräuterbalsam in ihrer Schürzentasche. »Ich vergebe dir«, fügte sie hinzu.
    Mark drehte sich rasch zu ihr um, ohne den neuerlich aufflammenden Schmerz wahrzunehmen, und starrte sie an.
    »Warum?«, fragte er.
    Benedikta wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Warum nicht?«, antwortete sie. »Ich glaube dir, und wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen, indem wir Leute beschuldigen.« Sie neigte sich vor und sah ihn mit ernstem Gesicht an. »Verursacht Groll denn nicht immer nur neuen Schmerz?«
    Mark sah sie fassungslos an. Da saß sie im

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