Die Stadt der verkauften Traeume
Ein enterbter Enkel hat nicht mehr Rechte auf das Erbe als jeder x-beliebige Schuldner«, erklärte Snutworth. »Außerdem glaube ich, dass er schon eine Praxis hat.«
»Es ist trotzdem das Haus seiner Familie … Er sollte auch etwas davon haben, zumindest seine medizinische Ausrüstung …«, sagte Mark, wenn auch schon weniger energisch. Er freundete sich bereits mit dem Gedanken an, als Eigentümer des Turms hierzubleiben.
»Du hast dir das verdient, Mr Mark.« Snutworth sah ihm in die Augen. »Willst du denn bis zu deinem Lebensende der Gnade anderer ausgeliefert sein? Würdest du alles weggeben, was dir gehört?«
Mark runzelte die Stirn und machte den Mund auf. Dann klappte er ihn wieder zu.
»Und jetzt, wenn du mich entschuldigst …« Snutworth erhob sich und stützte sich steif auf den Stock. »Ich will deine Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.«
»Warten Sie!«, sagte Mark und erhob sich ebenfalls. »Bleiben Sie doch noch ein bisschen. Schließlich wäre ohne Ihren Plan …«
»Sehr freundlich von dir, Mr Mark, aber ich kann mir keine Verzögerung erlauben«, erwiderte Snutworth und rückte seinen Hut zurecht. »Ich habe keine Anstellung mehr und kann kaum etwas für meine Unterkunft eintauschen. Ich muss sofort einen neuen Herrn finden.« Er legte die Hand auf die Eingangstür. »Obwohl der Wunsch nach professioneller Unterstützung leider nicht mehr so groß sein dürfte, wie er einmal gewesen ist …«
»Snutworth«, sagte Mark und hielt den Diener am Ärmel fest. »Hören Sie … Ich habe keine Ahnung, wie viel ich geerbt habe. Ich kann Ihnen wohl nicht so viel bieten wie Mr Prendergast, zumindest zu Anfang nicht. Aber falls Sie interessiert wären …« Mark holte tief Luft. »Sie wissen, wie es in dieser Stadt zugeht. Ich kenne sie immer noch nicht. Nicht so wie Sie. Würden Sie vielleicht …« Mark hielt inne und wäre froh gewesen, Snutworth hätte ihn unterbrochen, so wie er es sonst gern tat. Aber der Diener sah ihn nur abwartend an, sodass Mark den Satz schließlich selbst zu Ende bringen musste. »Könnten Sie sich vielleicht vorstellen, für mich zu arbeiten?«
Eine lange Pause entstand. Mark war sich nicht sicher, ob er Snutworth beleidigt hatte, ob er gleich wütend davonstapfen und ihn hier allein zurücklassen würde. Stattdessen verzog sich Snutworths Gesicht schließlich zu einem breiten Lächeln, und er verneigte sich tief.
»Es wäre mir eine Ehre, Sir.«
Es war der erste Vertrag, den Mark selbst aufsetzte. Er verkleckste ihn dreimal, aber schließlich war er fertig. Er drückte seinen Seestern ins Wachs, der kurz darauf von einer ausgestreckten Hand ergänzt wurde, dem Symbol des Dieners. Mark kam sich eigenartig dabei vor, denn Snutworth musste an die vierzig Sommer alt sein, aber als sie sich die Hand gaben, oben im Observatorium, empfand Mark den merkwürdigen Reiz von Partnerschaft. Obwohl Snutworth einen Kopf größer war als er, behandelte er ihn als gleichwertig. Mark war der Meister, aber Snutworth konnte sein Führer sein, sein Beschützer.
Snutworth hätte ihn niemals verraten.
»Aber nun, Sir, zum Geschäft«, sagte Snutworth munter, als er den Vertrag zusammenfaltete. »Wir warten besser ab, bis der Graf offiziell zur Nichtperson erklärt wird, bevor wir das den Eintreibern zeigen. Bis dahin sollten wir, finde ich, noch ein paar weitere öffentliche Prophezeiungen vorbringen und uns die neu erworbene Bekanntheit zunutze machen. Vielleicht alles ein bisschen nebulöser als beim letzten Mal, schließlich können wir nicht jedes Mal nachhelfen. Dann steht natürlich die Ausweitung Ihrer Interessen an. Am besten ziehen Sie nicht Ihren gesamten Wohlstand in einem Bereich zusammen, das ist zu unsicher. Ich würde vorschlagen, Einfluss in anderen Handelsbereichen zu erwerben.« Snutworth lächelte. »Zum Beispiel Fisch. Dann sollten wir natürlich noch …«
»Moment mal … Augenblick«, sagte Mark und ließ sich in den Sessel des Grafen, nein, in seinen Sessel zurückfallen. »Das ist ein bisschen viel auf einmal. Gestern bin ich noch Gehilfe gewesen.«
»Ich sehe es bereits vor mir«, sagte Snutworth und streckte die Hände von sich. »Die Schlagzeile in jeder Zeitung: ›Kometenhafter Aufstieg eines Gehilfen‹.« Er lachte. »Oder so ähnlich. Vielleicht sollten Sie Mr Laudate für Ihre Öffentlichkeitsarbeit anstellen. Er dürfte nicht abgeneigt sein, Ihnen zu helfen.«
»Äh …« Mark legte den Kopf in die Hände. Das Pochen in seinen Schläfen
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