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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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Hände wie zum Gebet vor seinem Gesicht zusammen, doch seine Augen sind weit geöffnet und glasklar. »Gott wollte, dass sie mir huldigen.«
    Hätte jemand wie Reverend Malcontent meinen Bruder in seine Gewalt gebracht, was hätte ich unternommen, um ihn wiederzubekommen? Wen hätte ich dafür ans Messer geliefert? Ich gestatte mir, Will ein klein wenig zu verzeihen. Er hat getan, was er tun musste. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass ich ihm jemals wieder vertrauen werde.
    Der Reverend führt mich um einen Schutthaufen herum. Ich sehe nach oben. Elliott hat erzählt, die Tunnel seien zum Teil bereits eingestürzt, doch dieser hier scheint noch intakt zu sein.
    Mittlerweile haben wir ein ziemliches Stück Weg zurückgelegt. Ich versuche, mich zu orientieren, suche die Wände nach verräterischen Zeichen ab. Ein feuchter, modriger Geruch hängt in den Gängen.
    »Wusste Elliott Bescheid?«
    »Elliott war wertlos. Seine Schwester ist diejenige, die mir helfen wird.« April lebt also noch? Das ist doch immerhin etwas. Wenn ich sie finden könnte …
    »Wieso haben Sie Elliott aufgegeben?«
    »Erstgeborene Söhne waren schon immer beliebt als Opfer. Hast du denn die Bibel nicht gelesen?«
    »Nein.«
    Der Tunnel vor uns macht eine Biegung.
    »Elliott ist der Wissenschaft verfallen. Es hat mir nicht allzu viel ausgemacht, ihn zu töten. Dein Vater hat mit seinem Teufelswerk und seiner Wissenschaft dafür gesorgt, dass die Sünder am Leben bleiben. Jetzt ist es an der Zeit, dass sie alle sterben.«
    »Sie haben das Schiff in die Luft gejagt«, sage ich. »Warum?«
    »Wir brauchten etwas Grandioses, eine große Geste, damit die Leute uns zuhören.«
    Er hat es also mit voller Absicht getan. Angeekelt starre ich ihn an. Wie der Prinz ist auch er ein Mörder, und beide Männer sind auf der Jagd nach meinem Vater.
    In diesem Moment tritt eine Gestalt aus einem angrenzenden Tunnel. »Unsere Männer sind nicht gegen den Roten Tod immun«, meldet er dem Reverend. »Nicht wie gegen die Seuche. Einige von ihnen sterben.«
    Der Reverend lässt meinen Arm los. Das könnte meine einzige Chance zur Flucht sein.
    »Jene, die es wert sind, werden dagegen gefeit sein«, erklärt er. »Wenn sie sterben, sind sie nicht demütig genug.« Seine Stimme wird lauter. Der andere Mann duckt sich vor ihm.
    Ich renne los, zum nächsten Durchbruch, und stelle fest, dass ich vor einer Treppe stehe, die noch tiefer in die Dunkelheit hinunterführt. Hier ist es deutlich wärmer, und mich umgibt absolute Finsternis. Ich taste mich die Treppe hinunter und registriere, dass ich mich in einer Kammer voll schweigender Menschen befinde, die reglos herumstehen. Unvermittelt flammt Licht neben mir auf. Eine Taschenlampe, links von mir. Niemand trägt eine Maske.
    Das Gesicht des Mannes neben mir ist von einem heftigen, eitrigen Ausschlag bedeckt, der sich wie ein Tattoo über seine ganze linke Gesichtshälfte windet.
    Ich weiche zurück. Sie sind alle infiziert.
    Wir befinden uns in einem großen unterirdischen Raum, bei dem es sich um eine Art Lager zu handeln scheint. Im flackernden Licht erkenne ich geschnitzte Figuren, die die Wände zieren; Heiligenstatuen, gemartert und gepeinigt, eine an der anderen. Es scheint, als hätte der Reverend viel Zeit damit zugebracht, die Schätze aus den verwaisten Kirchen zusammenzutragen.
    Mein Blick fällt auf einen Jungen, der vielleicht ein, zwei Jahre jünger sein mag als ich. Ein trauriger Ausdruck liegt in seinen Augen. »Tut mir leid«, formt er lautlos mit den Lippen.
    Die kalte Angst packt mich. Ich muss hier raus.
    Inzwischen beginnen die Leute, sich um mich zu scharen. Ich schnappe nach Luft. Können tatsächlich so viele Menschen die Seuche überlebt haben, aber trotzdem Träger sein? Haben sie alle einst in den Sümpfen gelebt?
    Ein Mann hat sich direkt vor mir aufgebaut. Seine Augenlider sind mit eitrigen Pusteln bedeckt.
    Er streckt die Hand aus, will mich berühren.
    »Bist du vollkommen gesund?«, fragt er mit rauer Stimme, während sein Blick über meine nackten Arme und Beine wandert, über meinen Hals und Brustansatz über dem geradezu lächerlich tief ausgeschnittenen Kleid.
    »Ja«, flüstere ich.
    Ein zweiter Mann drängt sich vor und schiebt den anderen beiseite. Beim Anblick seiner von schwärenden Wunden überzogenen Hände zucke ich zusammen. Die anderen werden unruhig, scharren mit den Füßen. Ich kann ihre Atemzüge hören. Die Luft im Raum ist feucht und schwer, und ich bin

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