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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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    Ich setze mich auf und umklammere den Elfenbeingriff des Messers, während ich mir ausmale, wie all das Blut, all die Wärme aus mir herausfließt.
    Finn wurde krank, nachdem ein Mann in unseren Keller gekommen war, um mit Vater über die Masken zu sprechen. Vermutlich hat er die tödlichen Keime in seinem strähnigen braunen Haar hereingetragen und alles damit verseucht, auch meinen Bruder. Finns gesamter Körper war von Malen und offenen Wunden übersät, doch er hielt meine Hand und weinte nicht ein einziges Mal. Und ich saß neben ihm, Tag und Nacht. Dabei trug ich nicht immer meine Maske. Vater ermahnte mich zwar, es zu tun, doch zu dieser Zeit hatten wir uns noch nicht daran gewöhnt, und ich wollte nicht, dass Finn mich nicht erkannte, falls er noch einmal das Bewusstsein wiedererlangte.
    Dann kamen die Wachen des Prinzen. Sie wollten, dass Vater ihnen erklärte, wie die Masken funktionierten, ihnen die Wirkungsweise seiner Erfindung zeigte.
    »Ich bin so schnell zurück, wie ich nur kann«, sagte er zu mir. »Finn wird es überstehen. Ich habe ihm etwas gegeben, damit sein Körper die Krankheit besser bekämpfen kann. Sieh nur zu, dass er nicht auskühlt.«
    Ich hatte keine Angst, als Vater aufbrach. Finn und ich waren schon oft allein in unserem Keller gewesen, manchmal sogar über Stunden, wenn Vater zur Arbeit ging. Aber ich brachte es nicht über mich, Finns Hand loszulassen, deshalb begleitete ich ihn nicht die Treppe hinauf, um die Tür hinter ihm zu verriegeln.
    Irgendwann kam Finn zu sich, und ich fütterte ihn mit Suppe. Er lächelte mich an. Ich musste daran denken, was Vater gesagt hatte, und spürte neue Hoffnung in mir aufsteigen.
    »Die Suppe schmeckt gut«, sagte er. Aber das war bestimmt eine Lüge. Ich hatte nur ein paar Dosen geöffnet und ihren Inhalt zusammengeschüttet.
    Vater blieb den ganzen Abend fort. Ich legte Kohlen im Ofen nach, bereitete das Essen zu und las Finn aus einem illustrierten Abenteuerbuch vor, das Mutter ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Und dann kamen die Männer die knarrenden Stufen herunter.
    Sie waren groß und kräftig, mit tumben, ausdruckslosen Gesichtern wie die Leichensammler, die angeheuert worden waren, die Straßen von den Leichen zu befreien. Sie fragten nicht, wo meine Eltern waren, deshalb wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie hielten mir ein Schriftstück hin, aber so kurz, dass ich die krakelige Schrift nicht lesen konnte.
    »Wir sind hier, um die Seuche einzudämmen«, sagten sie. »Wir müssen die Stadt säubern, damit wenigstens einige von uns weiterleben können.« Sie zeigten auf Finn. »Der da ist sowieso schon fast hinüber.«
    Wie erstarrt sah ich die Männer an.
    Der größere der beiden trat vor. Schützend warf ich mich über meinen Zwillingsbruder.
    »Mein Vater sagt, es geht ihm schon besser«, rief ich. »Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    Einer der Männer packte mich und schleuderte mich gegen die Wand. Konservendosen regneten auf mich herab. Sie glaubten mir nicht. Sie wussten nicht, wer Vater war, wussten nicht, dass Finn im Gegensatz zu all den anderen Menschen tatsächlich genesen könnte.
    Der Mann, der mich gepackt hatte, wandte sich an den anderen. »Lass sie in Ruhe. Ist doch nur ein Mädchen.«
    »Sie lebt hier unten und hat dieselbe Luft eingeatmet wie der Junge.«
    »Dann kommen wir eben später noch mal wieder und machen sie alle.«
    Ich bekam nicht mit, wie sie Finn das Messer in den Leib rammten. Und ich weiß nicht, ob er etwas davon mitbekommen hat. Sie taten, weshalb man sie hergeschickt hatte, dann stapften sie die Treppe hinauf und verschwanden.
    Blut tränkte die Decken. Doch dann bewegte Finn seine Hand. Ich hielt ihn in den Armen, ohne das klebrige Blut zu beachten. Ich zwang mich, ihn anzusehen, obwohl ich es nicht sehen wollte. Ich wollte nicht sehen, was in einem menschlichen Körper war, in meinem eigenen Bruder. Später wünschte ich, ich hätte es nicht getan. Drei ganze Jahre lang quälten mich fast jede Nacht Albträume deswegen. Mit oder ohne Drogeneinfluss.
    Die Blutung ließ sich nicht stoppen. Ich habe viele Stunden darüber nachgegrübelt und mich gefragt, ob es mir, wäre ich nur erfahrener gewesen, wohl gelungen wäre, die Blutung zu stoppen oder die Wunde zu nähen. Aber ich kann es mir nicht vorstellen. Die Männer verstanden ihr Handwerk. Ich hielt Finn in den Armen, bis der Morgen kam. Das war der Tag, an dem Mutter zurückkehrte. Finn war bereits tot.
    »Wir dürfen

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