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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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spielen.
    Vater ist unten und spricht mit seinen Wachen. Das heißt, dies ist meine letzte Gelegenheit, in sein Labor zu schlüpfen, bevor wir aufbrechen. Elliott wollte, dass ich nach Beweisen suche, ob Malcontent mit Vater in Kontakt steht.
    Ich schiebe die Labortür auf, nachdem ich genau geprüft habe, wie sie gestanden hat – nicht ganz geschlossen, aber auch nicht ganz offen.
    Das Labor sieht genauso aus wie immer: Überall stehen Behältnisse mit bunten Flüssigkeiten herum, der Schreibtisch ist leer.
    Beim letzten Mal habe ich bei der Schublade mit den Kopien aufgehört. Diesmal ziehe ich die unterste als Erstes auf.
    Sie ist leer. Doch als ich sie wieder schließen will, merke ich, dass sie klemmt. Ich ziehe kräftig am Griff, nehme sie heraus und taste mit den Fingern die Vertiefung ab. Meine Finger stoßen auf ein kleines, dünnes, ledergebundenes Bändchen. Es fühlt sich zerbrechlich an.
    Als ich es hervorziehe, fällt eine Seite auf, auf der zu lesen ist: Es ist alles meine Schuld.
    Ich schnappe nach Luft und drücke das kleine Buch fest an meine Brust. Ich weiß genau, wie er sich fühlt. In diesem Moment fühle ich mich Vater näher als je zuvor.
    Aber ich muss weitersuchen. Ich lege das Tagebuch auf den Boden und ziehe die zweite Schublade auf, in der allerlei Quittungen und sonstige Zettel liegen. Sollte Vater Nachrichten bekommen haben, werde ich sie hier bestimmt finden. Ich gehe auf die Knie und blättere durch einen Stapel Briefe, als Vater zurückkehrt. Geräuschlos betritt er das Labor und legt ein Blatt Papier auf den Tisch, ehe er den Kopf hebt und mich sieht. Ich beobachte die Gefühlsregungen, die sich nacheinander auf seiner Miene abzeichnen: Schock. Wut. Das Gefühl, verraten worden zu sein. Und etwas, das ich nicht zuordnen kann. Gewissensbisse?
    »Araby?« Seine Stimme klingt ganz normal. Aber er weiß genau, dass ich nicht wegen ihm hier hereingekommen bin. Lange Zeit sagt er nichts. Vielleicht kann er nichts sagen. »Dein Freund wird gleich hier sein. Ich habe ihn unten in der Lobby gesehen.«
    Mein Freund? Erst jetzt merke ich, dass es gleich Mittag ist. Elliott holt mich ab, um mit mir zum Palast des Prinzen zu fahren.
    »Vater …«
    Er weigert sich, mir in die Augen zu sehen.
    Für einen Moment ist es, als bleibe die Zeit stehen. Blindlings greift Vater nach irgendwelchen Gegenständen und stellt sie wieder hin.
    Ein lautes Klopfen ertönt. Elliott – arrogant oder wütend. Wahrscheinlich beides. Vater kehrt mir den Rücken zu. Erst jetzt erhebe ich mich und schließe die Schublade. Das Tagebuch liegt immer noch auf dem Boden. Ich könnte es ihm geben. Stattdessen hebe ich es auf und verberge den dunklen Lederband zwischen meinen ebenso dunklen Rockfalten.
    Diesmal hat Elliott keine Blumen mitgebracht. Er spielt am Silberknauf seines Gehstocks herum, als ich aus Vaters Labor in die Eingangshalle trete.
    »Ich muss mich noch umziehen«, sage ich und fliehe in mein Zimmer.
    Mutter folgt mir. Sie wartet darauf, dass ich etwas sage. Als ich keine Anstalten mache, tritt sie vor meinen Kleiderschrank und beginnt meine Sachen durchzusehen. Beim Anblick meiner Kleider mit den abgerissenen Säumen rümpft sie die Nase.
    Ich entscheide mich für eine rote Corsage.
    »Das wird nicht gehen«, sagt sie. »Der Prinz hasst Rot. Ich leihe dir etwas von mir.« Sie hastet in ihr Zimmer und kehrt mit einem dunkelvioletten Kleid zurück. »Das hier wird dir gut stehen.«
    Ich will es nicht nehmen, aber mir ist klar, dass mein eigener Schrank nichts Passendes hergibt.
    »Der Prinz findet es schrecklich, dass die neue Mode so unzüchtig ist«, erklärt sie, streicht mir mit routinierten, nervösen Bewegungen das Haar aus dem Gesicht und befestigt es mit einer Perlmuttspange im Nacken. Auf diese Weise sind die violetten Strähnen kaum noch zu erkennen.
    »Du kannst dich bald wieder mit deinem Vater versöhnen. Wenn du wieder da bist«, sagt sie sanft. »Araby«, fährt sie fort, »ich wollte dir schon immer sagen …« Sie legt mir die Hände auf die Schultern, dreht mich zu sich herum und sieht mich eindringlich an. Aber ich will kein Geständnis von ihr hören. Nicht jetzt. Nicht heute.
    Ich löse mich von ihr. Sie ist so nervös, dass diese winzige Geste genügt, um sie von der Idee abzubringen, ihr Geständnis abzulegen. Ich packe ein paar Sachen in eine Tasche und lege Vaters Tagebuch hinein.
    Elliott und Vater stehen in der Diele, wortlos und sichtlich unbehaglich. Die schweren Schritte vor der

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