Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
stellen.
»Eigentlich bin ich Erfinder. Aber mein Vater war Wissenschaftler.«
In diesem Moment gibt Elliott mir die Spritze, und ich verliere das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir komme, hält Elliott meine Hand. Wir sitzen wieder in seiner Dampfkutsche.
»April konnte ich nicht beschützen, aber dich schon, das schwöre ich«, flüstert er. »Wir sind zu Hause.« Ich hebe den Kopf und sehe die Akkadian Towers vor uns aufragen. Mehrere Stunden müssen vergangen sein, denn inzwischen ist es früher Abend. Elliott hilft mir aus der Kutsche und streicht mir das Haar glatt.
»Ich weiß nicht, wie du es schaffst, so hübsch auszusehen …«
»Sir?« Der Portier steht hinter ihm. »Der Aufzug kann immer noch nicht benutzt werden«, informiert uns der Fahrstuhlführer. »Es tut mir schrecklich leid, Sir. Ist Miss Worth krank?«
»Ihr ist von meiner Fahrweise übel geworden«, erklärt Elliott schnell. Er will nicht, dass der Portier glaubt, ich hätte mich angesteckt. Im Verdacht zu stehen, die Seuche mit sich herumzutragen, ist das Letzte, was die Bewohner der Stadt wollen, aber eigentlich sollte er ja mitbekommen haben, wie oft ich an ihnen vorbeigetaumelt bin, wenn ich nach einer wilden Nacht aus dem Club nach Hause gekommen bin.
Das Sonnenlicht schmerzt mich in den Augen, und mein Schädel brummt.
Eigentlich sollte ich Elliott fragen, ob mir das Gift irgendwelche langfristigen Schäden zugefügt hat, aber ich bin nicht sicher, ob ich es wirklich wissen will.
Die Lobby der Akkadian Towers empfängt uns mit gewohnter Eleganz. Die Wachen sitzen in einem Halbkreis beisammen, doch statt wie üblich ihrem Würfelspiel nachzugehen, starren sie wie gebannt auf den weiß und goldfarben bezogenen Sessel am anderen Ende der Halle. Das Mädchen, das dort sitzt, dreht sich um und lächelt. April.
Ich spüre, wie Elliotts Arm um meine Schulter steif wird.
»Kannst du ohne Hilfe stehen?«, fragt er leise.
»Ja.« Meine Stimme ist zittrig.
Er lässt mich los und wartet, bis ich an der Lehne eines anderen Sessels Halt gefunden habe, ehe er mit drei großen Schritten die Halle durchquert, um seine Schwester aus dem Stuhl hochzureißen und zu umarmen. Sie entwindet sich ihm.
Die Erleichterung, die mich bei Aprils Anblick durchströmt hat, weicht einem Gefühl der Verärgerung. Wieso konnte sie nicht schon nach zwei Tagen auftauchen? Wo hat sie die ganze Zeit gesteckt?
»Ich warte schon den ganzen Morgen«, sagt sie zu mir, ohne Elliott zu beachten. »Ich dachte, du tauchst überhaupt nicht mehr auf.« Ich schwanke. Augenblicklich ist Elliott wieder an meiner Seite.
»Glaubst du, dass du es die Treppe hinaufschaffst, wenn ich dir helfe?«, fragt er.
»Ich mache das schon. Schließlich habe ich schon mehr als genug Übung darin«, erklärt April.
Sie legt den Arm um mich und führt mich ins Treppenhaus. Ihre linke Gesichtshälfte ist von blauen Flecken übersät und geschwollen.
»Eine von deinen Mixturen?«, fragt sie Elliott.
»Der Prinz hat sie vergiftet.«
»Und du hast ein Gegenmittel gefunden?«
»Natürlich.«
»Ihr müsst beide vorsichtig sein. Es passieren schlimme Dinge in der Stadt«, sagt sie ernst. Sie hat sich aufrichtig Sorgen um ihn, um uns gemacht, aber offenbar ist ihm das nicht bewusst.
»April, du musst mir alles erzählen …«, beginnt Elliott.
»Ja. Damit du es für deine Zwecke benutzen kannst. Du willst wissen, wer mich entführt hat und was sie mit mir angestellt haben. Deine Feinde.«
Elliott zuckt zusammen.
April starrt ihn an. Er wendet als Erster den Blick ab, als ertrage er den Anblick ihrer Verletzungen nicht.
»Ja. Ich will alles erfahren. Aber als Erstes sollte ich mit Mutter reden. Sie ist halb verrückt vor Sorge. Und Araby wird bestimmt erst mal zu ihren Eltern wollen. Sollen wir uns heute Abend wieder treffen, um Pläne zu schmieden?«
»Aber nicht im Geheimgarten«, sagt April. »Sondern bei uns zu Hause, im Wohnzimmer.«
»Natürlich«, sagt er. Wir gehen weiter.
Es ist warm im Treppenhaus, und wieder bricht mir der Schweiß aus. Ich streiche mir das Haar aus dem Gesicht.
»Hübscher Ring«, bemerkt April.
»Danke«, sagen Elliott und ich wie aus einem Munde.
Auf dem ersten Treppenabsatz bleiben wir stehen, und Elliott legt die Hände an seine Maske.
»Manchmal bekomme ich mit diesem Ding im Gesicht kaum Luft.«
»Du musst dich zwingen. Es ist nicht sicher …« Ich gerate ins Taumeln, und Elliott hält mich fest. Einen Moment lang stehen wir schwankend auf der
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