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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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Männer, die uns in einem halben Häuserblock Abstand folgen.
    »Leben Sie hier in der Nähe?«, frage ich den Kurier.
    »Ein paar Straßen weiter westlich«, antwortet er.
    Etwas Rotes fällt mir ins Auge. Ein junger Mann in einem roten Hemd. Aber nur weil die Straßen verwaist sind, muss noch lange nicht jeder verdächtig sein, der sich hier herumtreibt. Wir biegen um eine Ecke und stehen vor einer Reihe niedriger, gedrungener Ziegelhäuser. Im Geiste sage ich mir wieder und wieder Wills Hausnummer vor. Es kann nicht mehr weit sein.
    Wir biegen um die nächste Ecke. Inzwischen kann ich das Grüppchen hinter uns besser erkennen. Sie sind noch jung; drahtige junge Männer mit behelfsmäßigen Waffen.
    »Wieso verfolgen die uns?«
    »Sie sind für diese Gegend viel zu elegant gekleidet.«
    Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Mein Rock ist so zerschlissen, dass wohl kaum noch einer erkennt, wie teuer er einst war. Vielleicht interessieren sie sich ja für meine Corsage. Steht Fischbein neuerdings hoch im Kurs?
    Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass sie uns folgen, weil ich eine Frau bin, was mir wesentlich größere Angst einjagt. Wieder sehe ich über die Schulter und versuche, ihr Alter zu schätzen. Könnte sein, dass sie älter sind, als ich zunächst angenommen habe – sie wären nicht die ersten Jungs, deren Wachstum durch die Mangelernährung gestört ist.
    Suchend sehe ich mich nach dem Bäumchen vor Wills Haus um. Ich erinnere mich noch ganz genau daran. Wir gehen an einem Fenster mit einem flatternden Wimpel vorbei. Wieder bemerke ich eine schwarze Sense. Die roten Sensen, die die Türen der Toten markieren, registriere ich längst nicht mehr, doch die schwarzen jagen mir große Angst ein.
    »Wie heißt Ihre Tochter?«
    »Leah.«
    Einer der Jungen hinter uns ist mit einem schweren Holzknüppel bewaffnet. Vergeblich versuche ich das Bild zu verdrängen, wie er auf mich herabsaust und meine Maske zertrümmert, hier, in dieser Gegend, wo die Luft völlig verpestet sein muss. Meine kostbare Maske.
    »Es ist nicht mehr weit bis zum Haus meines Freundes. Sehen Sie den Baum da vorn vor dem Haus? Noch ein paar Meter, dann gehen Sie einfach weiter, während ich in das Haus meines Freundes und in seine Wohnung gehe. Wenn ich weg bin, werden die Ihnen nicht länger folgen.«
    »Miss!«
    »Denken Sie an Ihre Tochter. Nur noch vier Meter, dann sind Sie in Sicherheit.«
    Fieberhaft zähle ich im Geiste mit.
    Eins.
    Inzwischen kann ich die Häuser und die Straße erkennen, die in Richtung Tal verläuft. Und ich sehe auch, dass sowohl vor diesem Haus als auch vor dem nächsten ein Baum steht, jeder ganz für sich allein und fast kahl.
    Zwei.
    Ich lese die Hausnummer ab.
    Drei.
    Ich löse mich von dem Kurier. Es ist zu spät, ihm zu sagen, dass es doch nicht das richtige Haus ist.

S ECHZEHN
    T rübes Licht fällt durch die schmutzigen Scheiben und die leeren Fensterrahmen. Der Fußboden ist von Glasscherben übersät. Ich haste einen Flur entlang und eine Treppe hinauf, fest entschlossen, nicht panisch zu japsen und mich nicht von meiner Angst übermannen zu lassen. Vielleicht glauben die jungen Männer ja, ich sei in eine der Wohnungen gegangen, und verfolgen mich nicht weiter.
    Als ich auf der verzweifelten Suche nach einem Versteck die Treppe hinauflaufe, höre ich, wie die Haustür aufgeht. Ich bleibe stehen, aus Angst, das Knarzen der Stufen könnte mich verraten. Schwere Schritte ertönen, einige führen in die eine, andere in die entgegengesetzte Richtung. Ich muss das Risiko eingehen und weitergehen, auch wenn die Stufen knarren. Wenn ich stehen bleibe, werden sie mich finden.
    Ich gehe weiter, bis ich das oberste Stockwerk erreicht habe. Hier gibt es nirgendwo Fenster. Der Korridor ist stockdunkel. Vorsichtig arbeite ich mich vorwärts. Mit der linken Hand taste ich mich an der Wand entlang, während ich mit der rechten den Lederbeutel fest an mich gedrückt halte. Ein loser Holzspan bohrt sich unter meinen Fingernagel, aber ich gebe keinen Laut von mir.
    Die Wand endet abrupt. Ich taste mich bis zu einer Nische mit einer Tür und drehe den Knauf, aber sie ist verschlossen. Ich zittere am ganzen Leib. Geräuschlos lasse ich mich auf den Boden sinken und ziehe die Knie an, um mich so klein wie möglich zu machen, während ich bete, dass die Jungs keine Taschenlampen haben und mich hier finden.
    Mit den Fingerspitzen streiche ich über den Teppichboden, auf der Suche nach irgendetwas, woran ich mich festhalten

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