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Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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flüsterte er, während der Wahnsinn in seinen blutunterlaufenen Augen aufblitzte. »Das Strahlengift aus dem Weltall, exklusiv für die Überlebenden der großen Katastrophe. Kommen Sie, McMan! Berühren Sie meine Hände. Wovor fürchten Sie sich? Sie wissen doch, daß es keine Zukunft mehr für Sie gibt ...«
    *
    Er kauerte sich in den schwarzen, scharfen Schlagschatten eines großen Busches. Knapp zehn Meter über sich hörte er die Geräusche seiner Verfolger. Seine Häscher verteilten sich und kamen an den Fruchtstauden vorbei die Terrasse herab.
    Reanny hatte in seinem ganzen Leben niemals richtige Schatten gesehen. Für ihn waren derartige Dinge nur unterschiedliche Abstufungen im Grau. Hier erlebte er zum erstenmal das unmittelbare Nebeneinander von leuchtenden Farben und schwarzen Schatten.
    Er preßte die Sauerstoffmaske vor sein Gesicht. Mit tiefen Atemzügen saugte er die klare, frische Luft in seine Lungen. Gleichzeitig erkannte er, daß er noch eine winzige Chance hatte. Er war an die Schwerebedingungen auf der Erde gewöhnt. Das, was er zuerst nicht richtig begriffen hatte, kam ihm jetzt zu Hilfe. Er fühlte sich so leicht, als hätte er in der schwebenden Stadt zwei Drittel seines Körpergewichts verloren. Ehe sie losgegangen waren, hatte Mona de Fries ihm einige Pillen des Vitamins G-MB zugesteckt. Nacheinander schob er sie in den Mund. Er schluckte die Pillen unzerkaut hinunter. Er wartete auf eine besondere Wirkung, konnte aber nichts feststellen.
    Langsam beruhigte er sich. Er zog die Schutzkappe von seinen Ohren und bemühte sich, die Geräusche seiner Verfolger zu definieren. Es war unmöglich. Unten auf der Erde kannte er jedes Geräusch. Er war in der Lage, jede Veränderung auf Semisopochnoi instinktiv richtig zu bewerten. Aber hier war alles anders. Die Luft erschien ihm dünner. Ein summendes Brausen drückte auf die Trommelfelle. Er kniff die Augen zusammen und versuchte krampfhaft, sich an das gleißende Licht zu gewöhnen. Trotzdem wurde ihm in unregelmäßigen Abständen schwindelig. Dann verschwamm das unwirkliche Bild der schwebenden Stadt zu einem diffusen Nebel.
    Seine starken Finger krallten sich in den schwarzen, fetten Humusboden. Er wußte nicht, daß er künstlich mit Mineralien und Bakterienkulturen angereichert worden war. Er fühlte nur die Krume zwischen seinen Fingern und stellte fest, daß sie gut war.
    Ein schwarzer Schatten huschte an ihm vorbei. Er fiel über seine Füße und blieb stehen. Instinktiv zuckte Reannys Kopf zur Seite. Durch schlierige Sichtgläser sah er den Mann. Er stand schräg über ihm. Reanny sprang auf. Mit einem einzigen Satz stürzte er sich auf den Schatten. Seine Arme klammerten sich um die Beine des Fremden. Sie verloren das Gleichgewicht und fielen zu Boden. Eng umschlungen rollten sie den terrassenförmigen Hang hinab. Die beiden Körper stießen gegen Stauden, rissen Blätter und Früchte ab und wühlten den Boden auf. Sie ließen eine deutliche Spur in den hängenden Gärten an der Innenseite des GRID-Walles zurück.
    Der Hof war mit Plastikplatten belegt. Eine Reihe kleiner zweistöckiger Häuser standen dort, wo die hängenden Gärten in das Wohnviertel Saint Germain übergingen. Kleine, blitzende Fensterscheiben warfen das grelle Sonnenlicht spiegelnd zurück.
    Reanny schlug hart mit dem Kopf auf. Mit ohnmächtiger Wut drückte er den Fremden zur Seite. Sein Widerstand verdoppelte sich, als er spürte, wie leicht er seinen Gegner los wurde. Mit einem kräftigen Schwung schleuderte er ihn gegen eine Hauswand. Es gab ein dumpfes Geräusch, dann sackte der Fremde in sich zusammen. Er rutschte an der Hauswand entlang nach unten, streckte seine Beine aus und kippte zur Seite.
    Schnaufend richtete Peter Reanny sich auf. Der Inselfarmer hatte eine Menge gelernt in den letzten Stunden. Obwohl ihm seine Situation wie ein böser Alptraum vorkam, setzte sich der Wille zu überleben in ihm durch. Das harte, rauhe Leben auf Semisopochnoi hatte ihm nie Zeit für philosophische Betrachtungen gelassen. Jeder von den langen, grauen Tagen seines Lebens war Kampf und harte Arbeit gewesen. Die Fremden aus der schwebenden Stadt hatten ihn aus seinem gewohnten Tagesrhythmus herausgerissen. Sie hatten ihn entwurzelt und erst anschließend versucht, eine Erklärung dafür zu geben. Die Flut der phantastischen Eindrücke war derartig stark gewesen, daß Peter Reanny sich eine Zeitlang wie gelähmt vorgekommen war. Er hatte, ohne lange zu denken, auf den Alptraum

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