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Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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reagiert. Nur langsam gelang es ihm, die Eindrücke zu verarbeiten. Sein Verstand brauchte Zeit – mehr Zeit, als ihm zur Verfügung stand!
    Ganz allmählich gelang es ihm, das Ungeheuerliche seiner Situation zu verdauen. Er durfte nicht versuchen, alles auf einmal zu verstehen. Wenn er nur die nüchternen Tatsachen betrachtete, war das Schwindelgefühl in seinem Kopf erträglicher.
    Angewidert ging er über die Plastikplatten. Er blickte nicht zurück. Als er den Humusboden der hängenden Gärten erreichte, fühlte er sich wohler. Der weiche Erdboden wirkte wie eine belebende Medizin auf ihn. Während er mit den Händen den Humusboden berührte, irrte sein Blick über die Fassaden der Häuser. Jetzt sah er nichts mehr von den nachgebauten Straßenschluchten Old Manhattans, nur der schwarze Himmel mit den hellen Sternen und der gleißenden Sonne erinnerte ihn daran, daß er sich mehr als hundert Kilometer über Semisopochnoi befand. Unendlich langsam begann er zu verstehen, warum die Mitglieder der Tafelrunde ihn entführt hatten. Die kalte, künstliche Pracht der schwebenden Stadt machte ihn krank. Er hatte Heimweh nach der rauschenden Brandung und den dahinjagenden Wolkenfetzen über seiner Insel. Selbst die donnernden Ausbrüche des Vulkans waren ihm lieber als das flüsternde Wispern dieser phantastischen Technik um ihn herum. Dabei ahnte er nicht einmal, wieviel Arbeit und menschlicher Erfindungsgeist notwendig gewesen waren, um das ungeheuer komplizierte System einer perfekt aufeinander abgestimmten Technik für die schwebende Stadt zu realisieren. Es war ihm gleichgültig. Er wollte es nicht wissen. Wenn ein Tag voller Arbeit zu Ende ging, wollte er den Schnee von seinen Stiefeln klopfen und seine klammen Finger am offenen Kaminfeuer wärmen. Das war alles – nicht mehr und nicht weniger. Es war die Sehnsucht nach der Welt, in der er groß geworden war. Alles andere mußte einfach fremd für ihn bleiben ...
    Er stand auf, ging über den Hof und passierte einen Gang zwischen zwei Häusern. Er betrat eine Straße, aber er weigerte sich, die neuen Eindrücke in sich aufzunehmen. Wie in Trance ging er weiter. Er hatte es satt, Spielball irgendwelcher Gruppen zu sein. Er wollte zur Erde zurück, das war sein Recht, und darauf würde er bestehen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er auf zwei dunkelgekleidete Männer zuging. Als sie ihn entdeckten, fuhren sie unwillkürlich zusammen. Sie griffen nach kleinen Geräten an ihrem Gürtel, doch Reanny schlug ihnen gleichzeitig auf die Hände.
    »Finger weg!« sagte er hart. Er griff nach ihren Handgelenken. Als er zudrückte, grinste er breit. Die beiden Männer krümmten sich. Reannys Stimme klang hohl und metallisch, als er seine Anweisungen gab. »Bringt mich zum Kapitän, zum Chefpiloten oder zur irgend jemandem, der diese verdammte schwebende Stadt kommandiert!«
    Die Gesichter der beiden Männer wirkten wie farblose Masken. Sie verstanden ihn nicht, doch sie wußten, was er wollte.
    Das also war der Mann von der Erde, nach dem Dr. Ragano die ganze Stadt absuchen ließ ...
    *
    »Eine ideale Lösung, meine Herren«, sagte der Chef von EX-GEO. Nacheinander blickte er die dreizehn Ressortchefs der schwebenden Stadt an. Dr. Ragano betrachtete seine gepflegten Fingernägel und schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Lavrens schob die Unterlippe nach vorn. Nach ungewöhnlich kurzer Zeit war Vierzehnmann erneut zusammengetreten. Besondere Ereignisse hatten dazu Veranlassung gegeben.
    »Wie ist unsere Stadt entstanden?« fuhr der Chef von EX-GEO fort. Er beugte sich nach vorn und unterstrich seine Worte mit leichten Schlägen auf die polierte Tischplatte.
    »LEVITAD war ursprünglich ein Weltraumhospital. Wenn wir es nüchtern betrachten, hat damals die Erde ihre unheilbaren Kranken nach Palmyra abgeschoben. Was dann kam, war ein Versuch in jeder Hinsicht. Machen wir uns nichts vor, meine Herren, wir sind die Erben von Kranken und von Versuchspersonen, und genau das gibt uns das Recht, nach achtundfünfzig Jahren der Isolierung den Spieß einmal umzudrehen!«
    »Was meinen Sie dazu?« fragte Lavrans und blickte Dr. Ragano an.
    »Ich bin dagegen.«
    Die übrigen Ressortchefs hüllten sich in Schweigen. Der Chef von EX-GEO stand auf. Er ging hinüber zu einem Behälter mit eisgekühltem Wasser, nahm einen Plastikbecher und hielt ihn unter den kurzen Nippel. In kleinen Schlucken trank er das klare, sterilisierte Wasser.
    »Wenn Sie die Verantwortung für die

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