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Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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blutunterlaufenen Augen und etwas, das er bei den Bewohnern der schwebenden Stadt noch nie beobachtet hatte: rötlich schimmernde Bartstoppeln!
    Langsam hob der dünne Mann seine Hände. Er hielt sie direkt vor Nails Augen. Erschrocken wich der junge Mineraloge zurück. Kreisförmig, bläulich schimmernde Verknorpelungen bedeckten das Innere der Hände. Beide Handflächen sahen hart, krank und ekelhaft aus.
    »Levi-Lepra«, stieß der dünne Mann mit schriller Stimme aus. »Wissen Sie, was das heißt? Oder haben Sie noch nie davon gehört, daß bereits mehr als dreitausend Einwohner dieser verdammten Stadt krank sind – mutierte Krüppel, degeneriert und von der harten Höhenstrahlung verseucht!«
    Nail McMans Mundwinkel zuckten. Er zitterte. Dann schüttelte er vorsichtig den Kopf. Nein – davon hatte er noch nie etwas gehört.
    »Ich weiß nicht ...«
    »Natürlich nicht«, sagte der dünne Mann schrill, »niemand will es wissen. Wir werden totgeschwiegen, weil wir nur eine unerwünschte Minderheit sind. Wir haben unseren eigenen Sperrbezirk unter den Hospitalanlagen von Palmyra. Dreitausend Menschen, die nie mehr an die Oberfläche gelassen werden. Das ist die Kehrseite der Medaille, McMan.«
    Unruhig rutschte der junge Mineralologe in seinem Sessel hin und her. Er wußte nicht, was der Kranke von ihm wollte. Was, in aller Welt, hatte er mit dem Problem der Höhenstrahlung zu tun. Er erhielt die Antwort schneller, als ihm lieb war. Fassungslos ließ er die Anklage des dürren Mannes über sich ergehen.
    »Seit vielen Jahren hoffen diejenigen von uns, die noch denken können, auf eine Rückkehr zur Erde. Für uns ist es besser, auf der verseuchten Oberfläche eines Planeten zu leben und zu sterben, als in den sterilen Verliesen dieser schwebenden Stadt dahinzuvegetieren. Wir haben Ihre Doktorarbeit gelesen, McMan! Wir wissen, daß sie unerwünscht war, aber wir wissen auch, daß Sie zur Gruppe der Tafelrunde gehören. Wir haben Ihre Experimente beobachtet, weil Sie freier arbeiten konnten als wir. Sie wurden niemals überwacht und hatten die Möglichkeiten, die uns versagt blieben.«
    Der dünne Mann rieb seine verknoteten Hände gegeneinander. Unendlich langsam kam in Nail McMan die Erinnerung an die Arbeit der Gruppe der Tafelrunde zurück. Noch hatte er Schwierigkeiten, seine Erinnerungsfetzen in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Gleichzeitig entdeckte er, daß nicht nur das Institut für Sicherheit und öffentliche Ordnung von ihrem Geheimnis gewußt hatte.
    Die Stimme des dünnen Mannes klang scharf, als er weitersprach: »Durch Dummheit und Leichtsinnigkeit haben Sie Ihre eigene Arbeit sabotiert, McMan. Ihre oberflächlichen Sicherheitsmaßnahmen mußten ja eines Tages auffallen. Zu allem Überfluß haben Sie auch noch den ersten Überlebenden Ihrer Versuchsreihe entkommen lassen. Dieser Mann läuft jetzt durch LEVITAD und wird von allen Sicherheitsbeamten der Stadt gejagt. Sie werden ihn zur Strecke bringen und verschwinden lassen. Aber das ist noch nicht alles. Dr. Ragano wird zusammen mit Vierzehnmann die Stadt noch perfekter isolieren, und genau das ist es, was uns alle um Jahre zurückwirft ...«
    Der dünne Mann ging zur Wand und schaltete ein flaches Fernsehbild ein. Über eine getarnte Optik beobachtete er die Straße. Über den Dächern von Saint Germain stand eine dünne Rauchwolke.
    »Vierzehnmann und Dr. Ragano kennen inzwischen das Geheimnis der Schürftrichter. Sie werden dafür sorgen, daß nie wieder Schürftrichter mit eingebauten Kühlkammern zur Erde hinabstoßen. Und daran sind einzig und allein Sie schuld, McMan!«
    Der dünne Mann schaltete das Fernsehbild aus. Die Sehnen an seinem Hals strafften sich.
    »Wir hätten Sie in jedem Fall zur Verantwortung gezogen, mein Bester. Die Levi-Lepra ist eine langsame, schleichende Krankheit, aber sie hat viele Erscheinungsformen. Als Fachmann wissen Sie, daß auch Strahlenkrankheiten ansteckend sein können, sehr ansteckend sogar, McMan.«
    Der dürre Mann streckte seine verknorpelten Handflächen nach vorn. Mit kleinen, wiegenden Schritten kam er auf McMan zu. »Sie gehören zu uns«, keuchte er. »Sie sollen erfahren, was es heißt, um die einzige Hoffnung betrogen zu werden. Sie sollen Ihren Leichtsinn verfluchen, so wie wir es tun. Alle Überlebenden aus der Gruppe der Tafelrunde werden durch uns ihren Ritterschlag erhalten.«
    Der dürre Mann kicherte. Seine Hände zitterten vor Nail McMans Gesicht auf und ab. »Levi-Lepra«,

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