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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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in den Straßen, die gesichtslose Gefahr.
    »Spüren Sie's?«, fragte ich. Er nickte sogar. »Ich muss ... kann ich Dhatt anrufen?«
    »Nein. Er ist immer noch suspendiert, und wenn Sie sich mit ihm treffen ...«
    »Was dann?«
    »Sie sind im Grenzbruch. Besser für ihn, wenn Sie Kontakt vermeiden. Sie werden Leute sehen, die Sie kennen. Bringen Sie sie nicht in Schwierigkeiten. Sie müssen begreifen, wo Sie sind.«
    »Bowden ...«
    »Steht unter Beobachtung durch die Militsya. Zu seiner Sicherheit. Weder in Besźel noch in Ul Qoma findet man eine Verbindung zwischen Yorjavic und ihm. Wer immer ihn töten wollte ...«
    »Gehen wir immer noch davon aus, dass es kein Orciny gibt?«
    »... könnte es wieder versuchen. Die Chefs der Rechten Bürger sind in der Obhut der Policzai. Doch falls Yorjavic und andere Mitglieder sich zu einer eigenen geheimen Zelle zusammengeschlossen hatten, scheinen sie nichts davon zu wissen. Sie sind zornig. Sie haben den Film gesehen.«
    »Wo sind wir? In welcher Richtung liegt die Grabungsstätte?«
 
    Wieder diese verstörende, grenzbrechende Aufeinanderfolge von Transportmitteln. Wir schlängelten uns durch die Stadt, hinterließen einen Tunnel aus Grenzbruch in der Form unserer Reise.
    Ich fragte mich, wo Ashil seine Waffe trug und was für eine Waffe. Der Posten am Tor von Bol Ye'an erkannte mich und lächelte, doch sein Lächeln verblasste rasch. Wahrscheinlich hatte er gehört, dass ich verschwunden war.
    »Wir reden weder mit den Professoren, noch befragen wir die Studenten«, sagte Ashil. »Wir sind hier, um den Hintergrund und die Bedingungen Ihres Grenzbruchs zu ermitteln.«
    »Es wäre hilfreich, wenn wir mit Professor Nancy sprechen könnten.«
    »Nicht mit den Professoren, nicht mit den Studenten. Ans Werk. Sie wissen, wer ich bin?« Dies an die Adresse des Postens.
    Wir suchten Buidze auf, der mit dem Rücken zur Wand in seinem Büro stand und uns anschaute, Ashil mit großer, unverhohlener Angst, mich weniger ängstlich als verwirrt: Kann ich über das reden, worüber wir neulich gesprochen haben? Und wer ist der da?, sah ich ihn denken. Ashil manövrierte sich und mich in den Hintergrund des Zimmers, ins Halbdunkel.
    »Ich habe keinen Grenzbruch begangen«, beteuerte Buidze mit schwacher Stimme.
    »Möchten Sie, dass wir das überprüfen?«, fragte Ashil.
    Ich ergriff das Wort. »Zu Ihren Aufgaben gehört es, dafür zu sorgen, dass keine Fundstücke nach draußen geschmuggelt werden?« Buidze nickte. Was war ich? Weder er noch ich wussten es. »Wie geht das vor sich?«
    »Heiliges Licht ... Wie die jungen Leute das anstellen könnten? Sie könnten sich ein Souvenir gleich vom Boden in die Tasche stecken, damit es gar nicht erst katalogisiert wird. Aber das wäre Blödsinn, weil man beim Verlassen des Geländes durchsucht wird. Davon abgesehen, ist das Zeug unverkäuflich. Wie gesagt, die Studenten spazieren hier herum, und möglicherweise begehen sie Grenzbruch, wenn sie irgendwo stehen bleiben. Was soll man tun? Zu beweisen ist es nicht. Deshalb müssen sie noch lange keine Diebe sein.«
    »Kurz vor ihrem Tod hat sie zu Yolanda gesagt, man könne ein Dieb sein, ohne es zu ahnen«, bemerkte ich zu Ashil. Und zu Buidze: »Was ist weggekommen?«
    »Nichts!«
    Er führte uns zur Sammelstelle der Fundstücke und überschlug sich fast vor Hilfsbereitschaft. Auf dem Weg dorthin begegneten uns zwei Studenten, an deren Gesichter ich mich zu entsinnen glaubte. Sie sahen uns, blieben stehen - etwas an Ashils Haltung, die ich nachahmte - und schlugen einen anderen Weg ein.
    Da waren die Behältnisse, in denen die jüngsten der Erde entrissenen und gesäuberten Objekte lagen. Kabinettschränke angefüllt mit der unvorstellbaren Vielfalt der Relikte aus der Präkursor-Epoche, ein staunenswertes, sich hartnäckig jeder Deutung widersetzendes Sammelsurium von Flaschen, Tischplanetarien, Axtklingen, Pergamentfetzen.
    »Sie kommen herein, derjenige, der an diesem Abend Schlüsseldienst hat, vergewissert sich, dass jeder alles, was er gefunden hat, abliefert, schließt ab, übergibt den Schlüssel dem Sicherheitspersonal. Niemand verlässt das Gelände, ohne von uns durchsucht worden zu sein. Sie machen kein Theater deswegen, sie wissen, so läuft es und basta.«
    Ich bedeutete Buidze, einen der Schränke zu öffnen. Die oberen Schubladen warteten noch auf neue Schätze, die unteren waren voll. Einige der zerbrechlichen Stücke waren in fusselfreien Stoff gehüllt und dem Blick entzogen.

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