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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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tropfte in Ul Qoma. Ratlose Scharen, ohne die kennzeichnenden Details der Nationalität - Kleidung, Farben, Frisur, Haltung -, die zwischen den Ländern hin- und herirrten.
    »Wir haben die Grenzen geschlossen«, sagte Ashil. »Eine komplette Ausgangssperre verhängt. Ahndung hat das Kommando in beiden Städten, bis der Zwischenfall geklärt ist.«
    »Wie?«
    Von Ahndung verhängter Ausnahmezustand. In meinem ganzen Leben war das nicht vorgekommen. Beide Städte von der Außenwelt abgeschnitten, kein kleiner Grenzverkehr, rigorose Durchsetzung aller Anordnungen Ahndungs. Die Polizei von Besźel wie Ul Qoma als Nebendarsteller in Bereitschaft unter der Befehlsgewalt von Ahndung, für die Dauer des Ausnahmezustands zum Handlanger degradiert. Das war das Geräusch, das ich hörte, die mechanisch klingenden Stimmen über dem lauter werdenden Sirenengeheul: Lautsprecher forderten in beiden Sprachen die Bevölkerung auf, die Straßen zu verlassen und in den Häusern zu bleiben.
    »Wegen eines Busunfalls ...?«
    »Der Unfall war arrangiert. Von Unifikationisten. Es ist passiert. Sie sind aus der Deckung gekommen. Ständig treffen Meldungen von Grenzbrüchen ein.« Er hatte seine Fassung wiedergewonnen.
    »Unifs in welcher Stadt ...?« Ich ließ die Frage unvollendet, weil ich mir die Antwort denken konnte.
    »In beiden. Sie arbeiten Hand in Hand. Wir wissen nicht einmal, ob es Unifs aus Besźel waren, die die Busse angehalten haben.« Selbstverständlich arbeiteten sie Hand in Hand, das wussten auch wir bei der Policzai. Aber dass diese kleinen Banden blauäugiger Utopisten imstande waren, tatsächlich eine Art Putsch zu organisieren? Beide Städte lahmzulegen, Ahndung zu überrumpeln? »Sie sind in beiden Städten ausgeschwärmt. Das ist ihre Revolte. Sie versuchen, uns zu vereinen.«
 
    Ashil zögerte. Ich nutzte die Chance, dass er noch hier im Zimmer war, Minuten länger als notwendig, und redete auf ihn ein. Er überprüfte den Inhalt seiner Taschen, machte sich einsatzbereit. Ganz Ahndung war aufgeboten. Man erwartete ihn. Die Sirenen plärrten mit den Lautsprecherstimmen um die Wette.
    »Ashil, um Himmels willen, hören Sie mir zu. Hören Sie zu. Halten Sie das etwa für einen Zufall? Denken Sie nach! Ashil, gehen Sie nicht weg. Wir haben so viel herausgefunden, sind so weit gekommen, und dann fabrizieren die Unifs plötzlich einen Aufstand? Jemand hat das veranlasst, Ashil. Um Sie von seiner Spur abzubringen, um Ahndungs Kräfte anderweitig zu binden.
    Wie sind Sie an die Information gekommen, welche Firmenvertreter wann hier gewesen sind? An den Abenden, wenn Mahalia Schlüsseldienst hatte?«
    Er stand stocksteif da. »Wir sind Ahndung«, sagte er schließlich. »Wir haben die Macht ...«
    »Heiliger Strohsack! Ashil! Ich bin kein x-beliebiger Grenzbrecher, der sich von Ihrer Einschüchterungstaktik ins Bockshorn jagen lässt. Ich habe gute Gründe für meine Frage. Welche Ermittlungsmethoden haben Sie angewandt?«
    Zu guter Letzt: »Lauschangriff. Informanten.« Ein Blick nach oben zum Fenster, weil das Getöse draußen anschwoll. Ashil wartete an der Tür, ob ich noch etwas zu sagen hatte.
    »Agenten oder angezapfte Systeme in Büros in Besźel und Ul Qoma verraten euch, was ihr wissen wollt, richtig? Irgendjemand irgendwo hat die Datenbanken durchforstet, um in Erfahrung zu bringen, wer von der Handelskammer Besźels wann wo gewesen ist.
    Das ist aufgefallen, Ashil. Ihr habt jemanden auf die Suche geschickt, und der Zugriff auf die Daten ist bemerkt worden. Gibt es einen besseren Beweis, dass wir einen neuralgischen Punkt getroffen haben? Ihr kennt die Unifs. Sie sind nichts weiter als ein Haufen idealistischer Idioten. Sie sind so unterwandert, dass es bei ihnen mehr Agenten als Agitatoren gibt. Nein, jemand hat einen Befehl gegeben. Jemand hat dieses Spektakel inszeniert, weil man gemerkt hat, dass wir ihnen auf den Fersen sind.
    Einen Moment noch. Die Sperrung der Grenzen. Davon ist nicht allein die Kopula betroffen, oder? Alle Grenzen sind zu, keine ein- oder ausgehenden Flüge?«
    »BesźAir und Illitiana haben Startverbot. Ankommende Flugzeuge dürfen nicht landen.«
    »Und Privatmaschinen?«
    »... Die Anweisung gilt auch für sie, aber sie unterstehen nicht in dem Maß unserer Autorität wie die nationalen Fluglinien. Deshalb ist es etwas ...«
    »Da haben wir's. Ihr könnt sie nicht daran hindern zu starten. Nicht rechtzeitig. Jemand will sich aus dem Staub machen. Wir müssen zum

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