Die Stahlkönige
schienen im immer stärker werdenden Regen nur von Feinden umgeben zu sein.
Wo waren seine Krieger?
»Findet den König!«, kreischte Larissa. Gemeinsam mit den jungen Kriegern ihrer Leibwache kletterte sie über die Überreste des Schutzwalls, der von Matrosen und Arbeitern abgerissen wurde. Sie war sicher, dass die Armee sich bald hierher zurückziehen würde, und wollte ihr jedes Hindernis aus dem Weg räumen.
Der Kampf war völlig außer Kontrolle geraten und hatte sich über die ganze Ebene ausgebreitet. Hier wurde eine Gruppe Shasinn von Pfeilen durchbohrt, dort standen Steppenkrieger auf ihren toten Cabos und wehrten sich erbittert. Ringsumher fanden Zweikämpfe statt, Mann gegen Mann.
Jemand packte ihren Arm. »Der König!«
Sie sah in die gewiesene Richtung und erkannte Gasam.
»Und Hael!«
Larissa rannte los und ihre Krieger begleiteten sie.
Unterwegs töteten sie fast beiläufig jeden Steppenkrieger, den sie sahen.
»Wo ist Vater?«, rief Kairn. Der Regen lief ihm übers Gesicht und wusch das Blut ab, das aus einer klaffenden Wunde strömte.
»Er ritt im Mittelpunkt der Front«, sagte Ansa, der ebenso blutbesudelt war. »Wir müssen nach Norden! Wir müssen ihn finden!« Unaufhörlich zuckten Blitze auf und fuhren in Reiter oder in die Speere der Inselkrieger.
Vernünftige Männer wären abgestiegen und hätten die Waffen fortgeworfen, dachte Kairn. Hier gab es jedoch keine vernünftigen Männer mehr. Eine solche Schlacht hatte er sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen können. Die Gegner zerrten aneinander, ohne auch nur an Rückzug oder Aufgeben zu denken. Sie kämpften bis zum Tod.
»Da ist er!«, rief Ansa. Sie ritten auf ihren Vater zu, der gegen einen großen Shasinn kämpfte.
»Das ist Gasam!« Ansa hatte den Feind erkannt. Sie trieben die erschöpften Cabos zu schnellerem Tempo an. Eine Gruppe ausgeruhter Krieger stürmte aus der entgegengesetzten Richtung heran. Die Männer waren sehr jung und schienen von einer Frau angeführt zu werden.
»Rettet den König!«, brüllte Ansa. Er schlug auf Reiter ein, an denen sie vorübereilten, sogar auf diejenigen, die ihre Cabos verloren hatten. »Rettet den König!«
Gerne hätte Hael Gasam einiges gesagt, aber dazu hatte er nicht mehr genug Atem. Jetzt war die Zeit gekommen, sich für die Demütigungen der Jugend zu rächen, für den Verrat, der zu seiner Verbannung führte, für den Raub Larissas, für den Mord an Tata Mal und für die Verwandlung der wunderbaren Shasinn in ein Volk hirnloser Mörder. Er genoss die Verzweiflung auf Gasams Gesicht, als dieser begriff, dass er verloren war. Mit Speer und Schild bewaffnet war er kein Gegner für Hael, der nur einen Speer bei sich trug.
Gasam hob die Waffe zum letzten verzweifelten Stoß, aber sein matter Arm schwang ein wenig zu weit nach außen. Haels Speer flog durch die entstandene Lücke und bohrte sich in Gasams Brust. Hael fühlte den Aufprall und hörte das Splittern der Knochen. Er zog den Speer aus dem Leib des Feindes und eine Flut aus Fleischfetzen und Blut quoll aus der Wunde. Sekundenlang starrte ihn Gasam böse an und brach dann zusammen. Hael hob die Waffe zum tödlichen Stoß.
»Jetzt ist das Ende gekommen, Gasam!« Ein furchtbarer, schriller Schrei ließ ihn innehalten. Er sah sich um und entdeckte Larissa, deren Arm nach vorne schnellte, als werfe sie etwas. Ein silberner Schatten flog auf ihn zu, aber sein Verstand begriff nicht, was es war, bis er den Aufprall am eigenen Leib spürte und sah, dass ein kleiner Stahlspeer in seiner Brust steckte.
»Vater!« Kairn sprang aus dem Sattel und warf sich über den am Boden liegenden Körper.
»Tötet die Frau!«, brüllte Ansa, der eine Gruppe Reiter gegen die Shasinn führte. Die Krieger hatten sich jedoch vor den König und die Königin gestellt und schützten sie mit ihren Schilden. Viele versuchten, Hael zu treffen, der aber ebenfalls von seinen Männern verdeckt wurde.
Endlose Minuten währte der erbitterte Kampf, aber die Tapferkeit und Wut der Steppenkrieger war im Nahkampf gegen die besten Krieger der Welt vergebens. Die Shasinn waren ausgeruht, da sie bisher nicht am Kampf teilgenommen hatten. Schließlich gaben die Reiter auf und brachten den verwundeten König in Sicherheit.
»Lasst euch das eine Lehre sein, Jungs«, sagte Hael mit matter Stimme zu seinen Söhnen, die ihn auf beiden Seiten stützten. »Haltet nie ein, um den Feind fallen zu sehen. Stoßt erneut zu, noch ehe er den
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