Die Statisten - Roman
nehme?â
âBrando hat das getan.â
âElvis nicht.â
âStimmt. Und Elvis ist mit Abstand der bessere Schauspieler, gar keine Frage.â Eddie konnte nicht erkennen, ob Belle es ernst oder ironisch meinte. Jetzt nickte sie auch noch, wie um zu bekräftigen, wie recht er doch hatte. âWenn du nicht willst, könnte ich ja hin. Da könnte ich bestimmt noch eine Menge lernen.â
âVon irgend so einem Hindi-Filmstatisten?â
âKrishna Kumar hat die Hauptrolle in zwei Stummfilmen gespielt, bevor â¦â
âEr hätte weiter den Mund halten sollen. Das hätte dem Hindi-Film nur gutgetan.â
âVielleicht hast du recht. Aber wenn du erst mal einsteigst, wird die Industrie einen qualitativen Quantensprung machen.â
âBelle, nimmst du mich zufällig auf den Arm?â
âIch? Warum sollte ich das tun? Ich bin sicher, Krishna Kumar könnte eine Menge von dir lernen.â Sie verstummte, als habe sie alles gesagt, und fügte dann hinzu: âEr hat ja auch bloÃ, in den Vierzigern und Fünfzigern, in über dreiÃig Filmen die Hauptrolle gespielt. Nach allem, was man so hört, zählt er heute zu den besseren Charakterdarstellern in der Branche.â
âIch werde unter keinen, absolut keinen Umständen irgendwelche drittklassigen Kurse besuchen! Das würde nur mein Talent zertrümmern, und wenn man erst mal all die falschen Dinge gelernt hat, kann man sie nie wieder ablegen. Dann wird mir niemand eine Chance geben.â
âMeine Güte, das wäre ja wirklich tragisch! Ohne dich würde die Industrie dahinwelken und eingehen wie eine Primel!â
âAuÃerdem ist mein Hindi nicht besonders â¦â
Belle schaffte es nicht länger, ernst zu bleiben, und lachte Tränen. Das warâs, jetzt war Eddie endgültig sauer und stampfte aus der Wohnung.
âTut mir leid, Eddie, bitte geh nicht weg, es ist dein Geburtstag, und wir haben noch nicht mal die Torte angeschnitten! Bitte! Es tut mir leid!â
Er kam nicht zurück.
Doch ging er sich Krishna Kumar ansehen. Und dann ging er noch einmal hin. Und immer wieder, auch wenn er Belle gegenüber erklärte, er nehme an den Kursen nur teil, weil sie nun einmal so dumm gewesen sei, das Geld dafür auszugeben, und er sie nicht verletzen wolle. Das Seltsame war, dass er trotz seines extremen Widerwillens, bei Krishna Kumar in die Lehre zu gehen, angefangen hatte, diesen Mann seiner Oma, Pieta, Belle und sogar seiner Mutter gegenüber zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu zitieren. âBei der Schauspielerei geht es ums Zuhören. Weil die Kamera auf sie gerichtet ist, glauben die meisten Schauspieler, besonders Hauptdarsteller, die Schauspielerei sei eine Abfolge von Monologen. Aber wie kann man reagieren, wenn man nicht auf das hört, was die anderen auf der Leinwand sagen â verstehst du?â
âWäre vielleicht keine schlechte Idee, wenn du diesen Rat auch im wirklichen Leben befolgen würdest.â
âBelle, kannst du ein Mal etwas ernst nehmen? WeiÃt du, was Krishna Kumar gesagt hat?â
âNein, keine Ahnung. Aber warum habe ich nur das Gefühl, dass ich es gleich erfahren werde?â
âSei nicht so eine KlugscheiÃerin! Hör einfach nur zu, okay? Selbst wenn wir allein sind, reagieren wir, und weiÃt du, auf was? Auf das, was in unserem Kopf vor sich geht. Unser Bewusstsein ist niemals leer. Ständig laufen da Gedanken durch, wie Wolken über den Himmel, manchmal treten emotionale Turbulenzen auf, plötzlich tauchen Erinnerungen auf, die Luftlöcher erzeugen, und auf all das reagiert man fortwährend. Nicht vergessen, das Gesicht ist die Leinwand, der Projektor ist der Geist.â
âWelch strahlende Perlen der Weisheit! Ich bin überwältigt.â Doch Belle war tatsächlich von Krishna Kumar beeindruckt, und noch mehr von Eddie. Er schien imstande zu sein, die Worte seines Meisters Wort für Wort wiedergeben zu können.
Es gab nur eine Sache, die Eddie Krishna Kumar ernsthaft übelnahm. Er hatte diesem Typen vom vierten Stock gestattet, sich in denselben Kurs einzuschreiben. Die Pest sollte ihn holen. Glücklicherweise gelang es Eddie mühelos, seine Existenz zu ignorieren. Er nahm ihn einfach nicht wahr. Der Idiot hatte ein, zwei Mal versucht, ihn zu grüÃen, aber Eddie hatte ihn wie Luft behandelt. Bildete sich Ravan wirklich â
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