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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Bildung«. Sein Verdienst: »Er dachte modern, er machte Sizilien zum Knotenpunkt zwischen Mitteleuropa und Mittelmeer.« Aber dann verschwanden die Fremdherrscher. »Heute haben wir den Kontakt zu Europa verloren, sind rückständig, unterentwickelt – kulturelle Analphabeten. « Das sei der Grund, warum die Mafia so stark werden konnte. »Friedrich war«, so sagt es Leoluca Orlando, »das erste Gegengift gegen das organisierte Verbrechen.« Was Sizilien heute brauche, sei eine zweite Einwanderungswelle von Deutschen und Afrikanern, nur das könne die Insel retten.
    Bürgermeister Orlando war dabei, als sie versuchten, ein wenig von dem vergangenen Glanz zurückzuholen in ihre Stadt. Es war vor rund zwölf Jahren, er stand daneben, als sie Friedrichs Sarkophag öffneten, er ließ eine Goldplakette hineinlegen, als Gruß von Herrscher zu Herrscher sozusagen. Fernsehteams waren angereist, Bischöfe gaben ihren Segen, und Forscher bauten eine keimfreie Druckschleuse, aus Angst, Friedrichs Leiche könne zerbröseln. Sie wollten herausfinden,
wie man im Mittelalter Leichen einbalsamierte, ob Friedrich vergiftet wurde und ob er wirklich Heinrichs Sohn war oder ein untergejubeltes Balg. Finanziert wurde das Projekt von einer Stuttgarter Firma, von den Svevi, den Schwaben, so nennt man die Staufer in Italien, das machte Eindruck.
    Heute steht der Radiologe Giuseppe Salerno, 56, in der Kathedrale und zeigt Fotos. Wie sie den tonnenschweren Grabdeckel aus rotem Porphyr hochwuchteten, wie er, atemlos und zittrig, seine Kamera hineinhielt und nichts sah außer Staub und einem zerbrochenen Reichsapfel. Sie bohrten sich in Friedrichs Knochen, versuchten vergebens DNA-Proben zu entnehmen, entdeckten nichts Neues. Es war ihm unheimlich, Tote soll man ruhen lassen. Salerno ist Wissenschaftler, aber auch ein abergläubischer Sizilianer. Wochen später fuhr ihn ein Bus an und verletzte ihn schwer. Salerno ist froh, dass Friedrichs Sarkophag wieder geschlossen ist, diesmal wohl für immer.

TOD DURCH DAS SCHWERT
    Konradin, der letzte Staufer, war noch nicht erwachsen, als ihn die Reichsfürsten fallen ließen. Mit 15 traf ihn der Kirchenbann, mit 16 verlor er die entscheidende Schlacht.
    Von Jan Puhl
    Zwei blonde Jünglinge sitzen versunken beim Schachspiel, es sind wohlgekleidete Edelleute: Konradin von Schwaben, der Sohn König Konrads IV., und sein Freund Friedrich von Baden. Die Umstände sind traurig: Ihr Heer ist geschlagen, sie sind Gefangene Karls von Anjou, der sie in Neapel festhält. Da trifft ein Bote ein. Er überbringt das Urteil: Tod durch das Schwert.
    So brutal kommt das Ende der Staufer. Mit Konradin geht ihre Ära zugrunde. Seine Vorfahren waren Kaiser und deutsche Könige, sie hatten den staufischen Herrschaftsanspruch vorgelebt. Doch der junge Konradin war, wie schon sein Vater, daran gescheitert: Er hatte es nicht geschafft, sich unter den Reichsfürsten eine Koalition zu schmieden, die ihn zum allseits anerkannten König machte, der Papst hatte ihn früh gebannt. Sein Italien-Feldzug scheiterte militärisch.
    Ob das Schicksal Konradin wirklich beim Schach ereilte, ist ungewiss. Zumindest setzte der Maler Johann Anton Tischbein die Nachricht vom Todesurteil 1784 so in Szene. Konradin hat die Phantasie nationaler Romantiker jahrhundertelang beschäftigt. Wurde doch sein Tod auf dem Schafott als endgültiger Niedergang der »deutschen Kaiserherrlichkeit« wahrgenommen. Mit Konradin sei ein »Held des Vaterlands«
gestorben, so sehen es deutsche Nationalhistoriker bis ins 20. Jahrhundert – als hätten die Staufer nicht vor allem die eigene Macht im Auge gehabt, sondern ein nationales Interesse verfolgt: ein starkes Staatsgebilde als Verwirklichung der deutschen Nation.
    Konradin wird am 25. März 1252 auf Burg Wolfstein nahe Landshut geboren. Heute steht auf den Grundmauern und einem letzten erhaltenen Tonnengewölbe der Feste ein Bauernhof. Seine Mutter ist Elisabeth von Wittelsbach, den Vater lernt Konradin nie kennen: Konrad IV. stirbt 1254 auf einem Italienzug an Malaria. Der Sohn erbt ein politisches Programm: Als Enkel Kaiser Friedrichs II. hat er Anspruch auf das Herzogtum Schwaben und auf drei Königskronen, die römisch-deutsche, die sizilianische und die Jerusalems – theoretisch jedenfalls.
    Als der Vater stirbt, ist Konradin zwei Jahre alt. Er wächst in der Obhut seines Vormunds Herzog Ludwig des Strengen von Bayern auf. Der Beiname des Oheims beschönigt dessen wahren Charakter: Ludwig ließ seine

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