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Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Titel: Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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„Fragelistas“ vors Schienbein, die mit ihrem Effizienzstreben und ihren Kontrollphantasmen genau Gegenteiliges bewirken. Sie machen Systeme, wie Städte, Finanzmärkte, Verkehr, Politik und Wirtschaft, anfälliger und fragiler. Wie hochgezüchtete Monokulturen anfälliger für Schädlingsbefall sind als intakte und vielfältige Ökosysteme, so machen Investmentbanker, Unternehmensberater und Controller soziale Systeme anfälliger für externe Schocks, indem sie mit ihrem mathematischen Besteck das letzte Quäntchen an Effizienz herausquetschen.
    Die mathematisch anspruchsvollen 500 Seiten heißen auf Deutsch etwas sperrig Antifragilität . „Unkaputtbar“ wäre der passendere Titel gewesen: Taleb fragt sich, welche Faktoren die Selbstheilungskräfte in hoch vernetzten sozialen Systemen stärken. Vieles von dem, was er beschreibt, wissen Kybernetiker, Systemtheoretiker und Komplexitätsforscher seit langem, aber es bekommt durch Taleb noch einmal eine andere Verve und Nachdrücklichkeit.
    Talebs schlagende Referenz für Antifragilität sind natürliche Ökosysteme und der Prozess der Evolution selbst. Zuwanderer und Eindringlinge werden integriert, indem sich Nahrungsketten neu organisieren, Schädigungen am Erbmaterial treiben über die natürliche Auswahl das System als Ganzes voran. Stoffwechselprozesse und Fließgleichgewichte, Mutation und Selektion sowie Diversität und Artenvielfalt sind Kennzeichen antifragiler Systeme.
    Einer der Schlüsselbegriffe zur Beschreibung solcher Systeme ist „Resilienz“. Unter dem Eindruck der Finanzkrise hat dieses Wort eine erstaunliche Konjunktur erfahren und istaussichtsreichster Kandidat, das Schönwetterprogramm „Nachhaltigkeit“ zu beerben. Ursprünglich aus der Physik und Werkstoffkunde stammend, wo Resilienz die Eigenschaften elastischer und gleichzeitig robuster Materialien bezeichnet, machte der Begriff zunächst in der Pädagogik Karriere. Anfang der 1970er zog ihn die Entwicklungspsychologin Emmy E. Werner heran, um zu erklären, warum manche im Rahmen einer Langzeitstudie von ihr untersuchten Kinder der Hawaiinsel Kauai, die unter extrem widrigen Umständen aufwuchsen, dennoch später zu gesunden und selbstbewussten Persönlichkeiten heranreiften. Von dort wanderte er in die Organisationsforschung, wo Urbanisten, Trendforscher und Unternehmensberater das R-Wort für sich entdeckten – als Chiffre für all das, worauf es in krisengeschüttelten Zeiten ankommt.
    Was wir von der Natur in Sachen Resilienz lernen können: Eine hochgezüchtete Monokultur ist zwar hocheffizient, aber auch sehr anfällig gegen Schädlingsbefall. Ein vielfältiges Biotop ist dagegen sehr viel resilienter gegenüber Schocks und Eindringlingen.
    Organisationen und Institutionen, die überleben wollen, müssen sich also fragen, was ihnen wichtiger ist: Effizienz oder Resilienz. Dieser „trade-off“ erfordert eine strategische Entscheidung, die im Sinne von Richard Rumelts „good strategy“ nicht lauten kann: beides. Man kann den Kuchen nicht essen und gleichzeitig haben. Will man ein resilientes System schaffen, dann heißt das: Redundanzen, Überlappungen, Schlupf zuzulassen und als etwas Notwendiges und Wertvolles zu akzeptieren. Das bedeutet – Manager müssen jetzt tapfer sein! –: Nicht das Letzte an Effizienz aus dem System herauszuquetschen, sondern Puffer vorzuhalten und Taschen von Überaufwand zuzulassen. Bei Mitarbeitern muss das Prokrastinieren, das Nichtstun als wertvolle Ressource, für den Ernstfall akzeptiert werden. Wer weiß, wofür es mal gut ist. Der nächste Schwarze Schwan lauert schon hinter der kommenden Ecke.
    Je größer die Vielfalt innerhalb eines Systems ist, desto besser ist das System in der Lage, mit unvorhersehbaren Umweltsituationen klarzukommen. Das besagt eine der wichtigsten Erkenntnisse der Kybernetik, die unter dem Namen „Law of Requisite Variety“ bekannt ist. Für Konzerne heißt das etwa: Wenn sie es draußen am Markt mit zunehmend fragmentierten und heterogenen Zielgruppen zu tun haben, dann muss sich diese Vielfalt auch im Inneren abbilden. Nur so lassen sich angemessene Antworten auf zukünftige Umweltanforderungen finden: Weiße deutsche schlipstragende Männer mittleren Alters tun sich schwer damit, die richtigen Mobilitätskonzepte für berufstätige Mütter im aufstrebenden Slumviertel von Mumbai zu entwickeln. Das ist ein starkes Argument dafür, das Thema „diversity“ in Konzernen nicht weiterhin unter

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