Die Steinernen Drachen (German Edition)
tun?“
„Vielleicht ist sie der Schlüssel? Sie, in Symbiose mit dem Drachen. Vorhin haben Sie doch selbst gesagt, dass sie den Drachen unbedingt auf der Haut haben wollte. Ja, ich bin sicher, sie ist der Schlüssel.“
„Der Schlüssel für etwas, das sich vor sechs Jahrhunderten
zugetragen hat?“
„Alles wiederholt sich. Unser Leben ist in Zyklen unterteilt. Nehmen Sie zum Beispiel die astronomischen Zyklen. Das Tierkreiszeichen der westlichen Welt wiederholt sich alle zwölf Monate, das der asiatischen Völker alle zwölf Jahre. Sonnen- und Mondfinsternisse wiederholen sich in regelmäßigen Abständen, der Halleysche Komet besucht uns alle 76 Jahre. Warum sollten wir uns da einer Wiederkehr von Ereignissen verweigern, die auf Mythologie basieren?“
Er sah sie ungläubig an und fragte sich, ob er noch so viel
Hoffnung in ihre Hilfe setzen würde, wenn sie nur annähernd so attraktiv wäre.
Ngo sah auf die Uhr und schien erschrocken zu sein, wie die Zeit vergangen war. Schnell erklärte sie, dass sie noch einen Termin hatte und dringend weg musste. „Ich werde ein paar Leute anrufen und einige Bücher wälzen müssen. Wenn ich was Entscheidendes gefunden habe, melde ich mich bei Ihnen. Geben Sie mir drei Tage Zeit. Bis dahin möchte ich Sie bitten, etwas mehr über diesen Kham herauszufinden. Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir ihn brauchen oder ihm besser aus dem Weg gehen.“ Mit diesen Worten sprang sie auf, bedankte sich für das Essen und war verschwunden, ehe Frank noch etwas sagen konnte. Doktor Chin Ngo schien die Leitung des Projekts übernommen zu haben. Leicht überrumpelt bezahlte er die Rechnung.
Gegen alle Zweifel
2. September 2002
Weder am Sonntag, noch am Tag darauf, hatte er Lea erreicht, was ihm besonders leid tat, da montags auch ihr freier Tag war. Am Dienstag kam er nicht mehr umhin und duschte sich tief betrübt ihren Geruch ab. Danach rief Frank erneut im Chinarestaurant an. Die Auskunft war wie bei seinen vorangegangenen Versuchen dürftig. „Le Ah heude fei. Nix albeite.“
Ilka hatte zweimal versucht ihn anzurufen, aber er ging nicht ans Telefon, hörte nur zu, wie sie mit schnurrender Stimme auf den Anrufbeantworter sprach. Sie würde sich freuen, wenn er zurückriefe. Es täte ihr leid, bla, bla, bla.
Der Sex mit Lea ging ihm nicht aus dem Kopf und er bildete sich ein, unter Entzugserscheinungen zu leiden. Wo ist sie nur? Warum meldet sie sich nicht?
Er versuchte sich zu erinnern, was Bettina ihm am Freitag auf dem Parkplatz vor dem Club erzählt hatte. Lea hätte was mit ihrem Bruder gehabt – oder hat sie immer noch? Ist sie wieder bei Kreutzmann? Ist er besser im Bett?
Da er sich nicht länger verrückt machen wollte, fuhr er hinunter in die Stadt. Ihm blieb noch etwas Zeit, bis er im Ten Forward sein musste. Er kurvte am Mandarin vorbei, fand aber nicht den Mut zu schauen, ob jemand da war, parkte seinen Wagen in der Seitengasse gegenüber der Bar und lief zu Fuß ins Zentrum. Ein kalter Wind kündigte den nahenden Herbst an. Die Blätter an den Bäumen hatten schon vor einer Woche begonnen, sich zu verfärben. Frank zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Zwischen den alten Fachwerkhäusern in der Altstadt war es etwas wärmer und er setzte sich in ein italienisches Café am Eingang der Fußgängerzone. Er bestellte einen Cappuccino und überflog halbherzig die Schlagzeilen in der Tageszeitung. Die Amerikaner bereiteten sich auf eine große Gedenkfeier zum 11. September vor. Der Wahlkampf in Deutschland lief auf vollen Touren.
Jemand zog an der Zeitung. Im ersten Moment dachte er, es wäre der Kellner, der keinen Platz fand, um die Tasse abzustellen. Doch als er hochsah, blickte er in die blauen Augen von Bettina. „Ich bin gerade vorbeigelaufen und habe dich hier sitzen sehen“, erklärte sie ihr Erscheinen.
Er forderte sie auf, Platz zu nehmen und legte die Zeitung weg. Sie rückte nahe an ihn heran. Der italienische Kellner schwänzelte sogleich um die hübsche Frau mit der dunkelblonden Lockenmähne herum. Bettina bestellte einen Espresso. „War ich am Freitag zu ausfallend?“, fragte sie vorsichtig.
Er schüttelte den Kopf. „Schon vergessen.“
„Ich bin manchmal ... Ich weiß nicht. Es tut mir leid.“
Er beteuerte erneut, dass er nicht nachtragend sei. Daraufhin legte sie ihre Hand auf seine. „Der Kuss war schön.“
Ihm wurde heiß. Plötzlich fühlte er sich in die Ecke gedrängt und rutschte mit seinem Stuhl ein Stück von
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