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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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gearbeitet und gelebt hat. Warum geht das für mich nicht zusammen?“
    Er betrachtete die schöne Frau, die immer eindringlicher ihren Überlegungen folgte und alles um sich herum zu vergessen schien. Das Restaurant leerte sich bereits. Ihr Essen war abgetragen und der bestellte Espresso wurde kalt. Ihre Blicke trafen sich und er fühlte sich erneut dabei ertappt, sie ausgiebig zu betrachten. Es schien ihr nichts mehr auszumachen.
    „Ich denke laut vor mich hin, weil mich Ihre Geschichte um Le Ah gefesselt hat und möglicherweise können Sie meinen Überlegungen überhaupt nicht folgen. Ich sollte Sie zuallererst etwas mit der Materie vertraut machen. Tut mir leid. Sie wollten etwas über Laos wissen, also fange ich am besten von vorne an.
    Die Besiedlung des Mekong-Tals und der Khorat-Hochebene begann bereits vor über 10.000 Jahren. Die damals ansässigen oder zugewanderten Völkergruppen waren alle der ethno-linguistischen Familie, der so genannten Austro-Thai zuzuordnen. Aber, das ist alles lange her und von einst bis zu der Ära, in der Fa Ngum das Reich Lan Xang, das Land der Millionen Elefanten gründete, gab es unzählige Kriege, Machtkämpfe und Reformen. Chinesische Chronisten schreiben zu Beginn unserer Zeitrechnung von einem Land namens Fu Nan, das weite Teile von Myanmar, Kambodscha, Thailand und natürlich Laos umfasste – gegründet von dem indischen Brahmanen Kaundinya. Im sechsten Jahrhundert, abendländischer Zeitrechnung, erhoben sich die tributpflichtigen Khmer gegen das Königreich Fu Nan. Die ehemaligen Vasallen schufen das Khmer-Reich Chen La, welches zwei Jahrhunderte überdauerte und von den Thais verdrängt wurde. Die Khmer zogen sich daraufhin in die Berge, ins heutige Kambodscha zurück. Es gibt seit jeher den Konflikt zwischen den hellhäutigen Thais und den dunkelhäutigen Khmer. Im 13. Jahrhundert erfolgte die erste Bedrohung, die nicht aus dem Zwist der Volksstämme im eigenen Land herausresultierte. Die Mongolen unter Kublai Khan stürmten das Land und zerstörten das Thai-Reich Nan Chao.
    Im heutigen Kambodscha war derweilen das Khmer-Reich um Angkor entstanden, und auf dem Gebiet des heutigen Thailands, das Königreich Sukhothai. Wie Sie sehen, gab es bis ins 14. Jahrhundert einen ständigen Wechsel und ein heilloses Durcheinander. Das ging so bis ins Jahr 1353. Dann kam König Fa Ngum, der den ersten, für Laos historischen Königsstaat gründete.
    Basierend auf der toleranten Glaubenslehre des Theravada- Buddhismus, der ein nebeneinander und die Vermischung der Geister- und Ahnenverehrung zuließ, waren die Wege für Lan Xang geebnet. Wichtig für uns ist die damalige geographische Ausdehnung dieses Reiches. Es reichte im Norden in das heutige China hinein, dazu kam das Khorat-Plateau im Süden. Die Annamitischen Kordilleren bildeten die Grenze im Osten und der Salween-Strom im Westen. Worauf wir im speziellen unser Augenmerk
    richten müssen, ist die Nordgrenze zu China. Von dem mächtigen, chinesischen Reich ging stets die größte Bedrohung für Lan Xang aus. Und doch gelang es Fa Ngums Sohn Samsenthai, der 1376 den Thron bestieg, 43 Jahre lang den Frieden zu bewahren.
    Zu dieser Zeit, der Ming-Dynastie, herrschte in China Kaiser Taizu, der als Zhu Yuanzhang die Mongolen gestürzt hatte und sich
    daraufhin 1368 auf den Thron heben ließ. Alles in allem ein sehr mächtiger Regent. Ich gehe davon aus, dass er darauf bedacht war, sein Reich zu vergrößern und sicherlich auch ein Auge auf Lan Xang geworfen hatte. In historischen Texten findet man häufig Vermerke, dass Samsenthai zur chinesischen Ming-Dynastie gute Beziehungen pflegte. Andere hingegen sind widersprüchlich. Tatsächlich und nur durch Zufall stieß ich auf ein Dokument, das auf einen kriegerischen Akt während Samsenthais Herrschaft hinwies.“
    „Sagten Sie nicht, dass dieser Samsen-wie-auch-immer, wie lang, 43 Jahre friedlich regierte?“, fragte er dazwischen.
    „Wenn man den offiziellen Aufzeichnungen Glauben schenken will, ja! König Samsenthai war eher Diplomat als Krieger. Zum Beispiel heiratete er zwei siamesische Prinzessinnen, um sich die Gunst des Nachbarstaates zu sichern. Kurz gesagt, liest man die historischen Berichte, scheint es, als sollte keine Chronik über Aggressoren die makellose Friedensbilanz des Königs trüben. In keiner zeitgeschichtlichen Schrift wird erwähnt, dass die Chinesen einen Krieg gegen Lan Xang geplant oder geführt hatten. Doch ich fand eine verbotene Niederschrift eines

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