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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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ihr weg. Ihre Hand blieb, wo sie war.
    „Musst du heute nicht arbeiten?“, wechselte er das Thema, um die Situation zu entschärfen.
    „Ich habe diese Woche Frühdienst.“
    Frank erinnerte sich, dass sie irgendwann erwähnt hatte, sie sei Kindergärtnerin. Ungefragt klärte Bettina ihn über die Gestaltung ihrer Arbeitszeit auf. Er hörte nicht hin. Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten und dachte an Lea. Ab und zu blickte er verstohlen auf die Uhr. Noch zweieinhalb Stunden, bis seine Schicht anfangen würde. Bettina redete und sah ihn dabei durchdringend an. Der Kellner hatte nicht viel zu tun und warf ihr unentwegt eindeutige Blicke zu. Sie ignorierte es, hatte nur Augen für Frank. Er wiederum suchte einen Grund, um sich zu verabschieden. Unter anderen Umständen hätte er Bettina in den Arm genommen, vielleicht versucht, sie noch schnell zu verführen, ehe er zur Arbeit musste. Doch im Moment konnte er nur an Lea denken.
    Bettina vermied es tunlichst, genau dieses heikle Thema anzusprechen. In ihm keimten erneut Zweifel auf. Hatte er nicht schon vorhin einen bestimmten Verdacht gehabt? „Hat sich Lea mal wieder bei deinem Bruder gemeldet?“, fiel er ihr einfach ins Wort.
    Mit offenem Mund sah sie ihn an. Ihr Blick verfinsterte sich, zwischen ihren Augenbrauen entstand wieder diese senkrechte Falte. „Warum machst du das?“
    „Es war dumm von mir. Tut mir leid“, stammelte er. Sie winkte den Kellner herbei und bezahlte, ohne noch ein Wort zu sagen. Der Italiener sah ihr enttäuscht nach, als sie das Café verließ.
    Auf die eine Art bedauerte er, dass er sich bei Bettina immer so in die Nesseln setzte. Andererseits atmete er erleichtert auf und beglich seine Rechung. Ziellos schlenderte er durch die Gassen der Altstadt. Alleingelassen mit seinen Gedanken, stieg die Sehnsucht nach Lea ins Unermessliche.
    Jemand grüßte ihn und er erwiderte den Gruß mechanisch, erinnerte sich aber nach drei Schritten nicht mehr, wer es gewesen war. Sein Weg führte ihn in den Stadtpark und lange stand er auf einer der vielen Fußgängerbrücken, die über die Rems führen, und starrte ins Wasser. Das braune, müde fließende Wasser verzerrte sein Spiegelbild zu einer grotesken Fratze. Als er sich abrupt vom Geländer abstieß, kam er einem Rudel Inlineskater in die Quere, die gerade über die Brücke jagten. Nur mit Mühe konnten sie ihm ausweichen und maulten ihn an.
    Er ging in Richtung Postplatz zurück. Bei der Bank an der Ecke schob er seine EC-Karte in den Geldautomaten und prüfte seinen Kontostand. Hinterher fühlte er sich noch mieser. Er musste schleunigst ein paar seiner Bilder verkaufen, sonst würde er Probleme bekommen die Miete zu bezahlen. Mit hängendem Kopf schleppte er sich die Bahnhofstraße hoch und war eine Stunde zu früh in der Bar. Die Putzfrau war gerade fertig und machte ihm die Tür auf. Sie hatte den Raum großzügig gelüftet. Es war kalt, stank aber trotzdem nach ätzenden Chemikalien. Welchen aggressiven Reiniger diese Frau auch immer benutzte, der Geruch war ihm lieber als der abgestandene Zigarettenqualm, der ihm üblicherweise entgegen schlug. Wie gewohnt begann er, die Limetten zu schneiden.
    Gegen halb eins sehnte er den Feierabend herbei. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen und sein Magen hing ihm in den Kniekehlen. Dagegen kam auch der appetithemmende Liebeskummer nicht an. Für einen Mittwoch waren wenige Gäste in der Bar gewesen. Sylvia verabschiedete sich bereits kurz nach elf. Die letzten Zecher machten sich zum Aufbruch bereit. Er hatte den Ausschankbereich schon blitzblank geputzt und alle Gläser und Flaschen aufgeräumt. Das Rücken der Stühle war für ihn das erlösende Zeichen. Seine letzten Gäste gesellten sich Richtung Ausgang.
    Ohne Umschweife ging er hinterher, den Schlüsselbund in der Hand. Er schob die Leute förmlich hinaus. Gerade als der Schlüssel ins Schloss glitt, drückte jemand von außen gegen die Tür. Im festen Glauben, ein Gast hatte etwas liegen lassen, leistete er keinen Widerstand.
    Zu seiner Überraschung kam Lea herein. Sie trug ihre Kellnerinnenuniform und warf sich ihm, ohne zu zögern, an den Hals. Ihre stürmische Begrüßung ließ ihn zurücktaumeln, bis er von einem der Tische gebremst wurde. Die Kante schlug ihm schmerzend gegen den Oberschenkel, aber sein Aufschrei wurde von ihren Lippen erstickt, die sich voller Verlangen gegen die seinen pressten. Frank öffnete den Mund und ihre Zunge suchte fordernd die seine. Sie

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