Die Steinernen Drachen (German Edition)
hin wollte?“
Das Grinsen in ihrem Gesicht erfror unter der Kälte ihrer Augen. Der gespielt nette Tonfall verschwand. „Guter Mann, darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben.“
„Aber ich war letzte Woche bei ihm. Sie erinnern sich doch bestimmt an mich. Er empfing mich oben in der Präsidenten-Suite. Hat er nichts für mich hinterlassen?“
„Ihr Name?“
„Grabenstein!“
Flüchtig raschelte sie mit einigen Papieren und warf einen
Blick in den Bildschirm hinter dem Counter. „Tut mir leid. Einen schönen Tag noch“, wimmelte sie ihn ab. Hinter Frank stand seit einigen Sekunden ein dicker Mann mit einem Koffer, dem sie eilig ihre volle Aufmerksamkeit widmete.
Er fuhr betröppelt nach Hause und legte sich erneut hin. Als er Stunden später erwachte, fühlte er sich wie gerädert. Wie weggefegt war der Schwung, den er morgens mit aus dem Bett genommen hatte. Mit einer Tasse Kaffee setzte er sich an seinen Tisch. Es war später Nachmittag geworden. Die Hitze staute sich wie in den letzten Wochen unterm Dach, so dass selbst ein Abdunkeln der Räume tagsüber nichts mehr nützte. Er hatte sich daran gewöhnt, im eigenen Saft zu garen. Die schwere, heiße Luft fühlte sich zäh an und es kostete Überwindung, sie zu atmen.
Sein Block war immer noch leer, bis auf eine Skizze des Drachens und dessen Kopie, die er nach dem Treffen mit Doktor Ngo dazu gesteckt hatte. Unbewusst schraffierte er die Zeichnung des Drachens aus, während er seinen Überlegungen nachhing.
Warum ist Kham verschwunden? Hatte er Lea gefunden und hielt es nicht nötig, mich zu informieren? Er war skeptisch, beschloss ihn anzurufen, suchte die Visitenkarte des Anwalts, fand sie unter anderen Notizen neben dem Telefon und griff zum Hörer. Eine Computerstimme sagte ihm, dass der Teilnehmer gerade nicht erreichbar sei und er es später noch einmal versuchen sollte. „Worauf du dich verlassen kannst!“, fauchte er und trennte die Verbindung.
Ihm kam der Gedanke, dass er sich bald nach einem neuen Job umsehen musste, denn es sah alles danach aus, dass sich die Detektivarbeit erledigt hatte. Und die 2.000 Euro, die er von Khams Belohnung zurückbehalten hatte, würden nicht ewig reichen. Wegen seiner schlechten Finanzlage konnte er nicht warten, bis er rehabilitiert war und Lockmann ihn wieder einstellen würde. Er setzte sich eine Frist. Sobald sich Doktor Ngo zurückmelden würde und keine nennenswerten Erkenntnisse liefern konnte, würde er auf
Jobsuche gehen und einen Schlussstrich unter das Kapitel Lea ziehen. Klare Gedanken hin oder her.
Als die Türglocke schellte, war er sicher, dass sein spezieller Freund Meinhans ihm wieder einen Besuch abstatten wollte. Zu seiner Überraschung stand Melanie vor der Tür. Er bat sie herein. In ihrem geblümten Sommerkleid und den dazu passenden Sandalen mit hohen Absätzen, sah sie unheimlich sexy aus. Er dirigierte sie in die Küche und bot ihr einen Kaffee an. Sie setzten sich an den Tisch.
„Schon Feierabend heute?“
„War nicht viel los. Ich konnte eher gehen.“
Nach dem Eindruck, den das Schuhgeschäft bei ihm hinterlassen hatte, schloss er, dass dort nie viel los sei, ersparte sich aber jeglichen Kommentar.
„Mein Gott, ist das heiß hier drin“, stellte sie fest. Kleine Schweißperlen glänzten auf ihrer Nase.
„Die Klimaanlage ist leider kaputt“, erklärte er lächelnd. „Woher weißt du, wo ich wohne?“, wollte er wissen, um nicht länger über die Hitze reden zu müssen. Bei den meisten Leuten gab es seit Wochen kein anderes Thema mehr und jedes weitere Wort übers Wetter hätte ihn momentan in den Wahnsinn getrieben.
„Du stehst im Telefonbuch“, antwortete Melanie.
„Guter Versuch“, konterte er und sah sie ernst an.
„Na gut. Bettina hat es mir verraten.“
„Und woher weiß sie es? Sie war nie hier.“
„Täusch dich da nicht. Meine Schwester stand nicht nur einmal vor deiner Tür, auch wenn sie nie den Mut fand, einen Schritt weiterzugehen“, erklärte Melanie.
„Aber du hattest den Mut?“
Melanie lächelte und erklärte, sie sei nicht ihre Schwester. „Bettina sagte dir also einfach, wo ich wohne. Wollte sie nicht wissen, warum du ...“
„Natürlich hat sie nachgefragt“, unterbrach sie ihn. „Aber
sie wollte sich keine Blöße geben und es mir verschweigen. Das hätte doch nur bestätigt, dass sie immer noch in dich verschossen ist. Und das will sie selbst vor mir nicht zugeben.“
„Und warum bist du hier?“ Sie blieb die Antwort
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