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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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wenn die schwarze Nacht ihren Mantel ausgebreitet hatte, würde er in seinen Büchern nach einem Zauber suchen, der ihn auf seinem Weg durch den Wald beschützte. Starker Zauber mußte es sein, wo einer allein einen gewöhnlichen Sterblichen vor Angst erzittern ließe und zwei ihn in den Wahnsinn trieben. Dank seiner strengen Selbstdisziplin konnte Mazirians Gehirn vier der stärksten oder sechs etwas schwächere Zauber aufnehmen.
    Doch dafür war noch Zeit. Er schritt zu einem langen Trog, der in grünes Licht getaucht war. Völlig von einer klaren Flüssigkeit bedeckt, lag darin der Körper eines Mannes, der in dem grünen Schein gespenstisch wirkte, obwohl er von vollendeter Form war, mit breiten Schultern, schmalen Hüften und langen kräftigen Beinen. Sein Gesicht war wohlgeformt, mit glatten Zügen und von goldblondem Haar umgeben.
    Mazirian starrte das Wesen an, das er aus einer einzigen Zelle erschaffen hatte. Alles, was er noch brauchte, war Verstand. Doch Mazirian wußte nicht, wie er ihn ihm geben könnte. Dieses Geheimnis kannte nur Turjan von Miir, und Turjan – Mazirian kniff die Augen zusammen und blickte grimmig auf die Falltür ganz in der Nähe – weigerte sich, es ihm zu verraten.
    Mazirian musterte überlegend das Geschöpf im Trog. Sein Körper war von absoluter Perfektion; mochte da nicht auch sein Gehirn normal arbeiten und entwicklungsfähig sein? Nun, er würde es feststellen. Er setzte einen Mechanismus in Gang, der die Flüssigkeit ablaufen ließ, und gleich darauf lag der Körper ungeschützt unter den direkten Strahlen. Mazirian injizierte eine ganz geringe Menge eines bestimmten Mittels in seinen Nacken. Der Körper zuckte. Die Augen öffneten sich und blinzelten geblendet in das grelle grüne Licht. Mazirian drehte die Lampe in eine andere Richtung.
    Die Kreatur bewegte Arme und Beine ein ganz klein wenig, als wisse sie nicht, was damit zu tun sei. Der Magier beobachtete sie gespannt. Vielleicht war er doch auf die richtige Synthese für das Gehirn gestoßen.
    »Setz dich auf!« befahl er.
    Das Wesen richtete die Augen auf ihn, die Muskeln bewegten sich. Es stieß einen heiseren Schrei aus, sprang aus dem Trog und Mazirian an die Kehle. Trotz der nicht unbeachtlichen Kraft des Magiers schüttelte das Geschöpf ihn wie eine Puppe.
    Mazirian war hilflos. Den Spruch der Unbeweglichkeit hatte er bereits an das Mädchen verschwendet, einen anderen nicht nachgeschlagen. Außerdem wäre es ohnedies unmöglich gewesen, die zungenverrenkenden Silben mit dem Würgegriff um seinen Hals herauszubringen.
    Er tastete um sich. Seine Hand bekam eine bauchige Flasche aus Blei zu fassen. Es gelang ihm, damit auszuholen und sie der Kreatur auf den Schädel zu schlagen. Lautlos ging sie zu Boden. Nicht ausgesprochen unzufrieden musterte Mazirian den feuchtglänzenden Körper zu seinen Füßen. An Muskel-und Nervenkoordination war nichts auszusetzen gewesen. Am Tisch mischte er einen weißen Trank. Er hob den goldhaarigen Kopf des Geschöpfs ein wenig und goß die Flüssigkeit in den schlaffen Mund. Die Kreatur regte sich, öffnete die Augen, stützte sich auf die Ellbogen. Der vorherige Ausdruck des Wahnsinns war aus dem Gesicht verschwunden – aber Mazirian suchte vergebens nach auch nur einer Spur von Intelligenz. Die Augen wirkten so leer und kalt wie die einer Echse.
    Verärgert schüttelte der Magier den Kopf. Er trat ans Fenster. Sein Profil hob sich schwarz von der ovalen Scheibe ab. Sollte er es noch einmal bei Turjan versuchen? Selbst unter der hochnotpeinlichsten Befragung hatte dieser sein Geheimnis bewahrt. Mazirian schnitt unwillig eine Grimasse. Vielleicht, wenn er es auf eine andere Weise versuchte…
    Die Sonne war am Himmel verschwunden. Mazirians Garten lag in Düsternis. Die weißen Nachtblumen öffneten ihre Kelche und entließen ihre Gefangenen, die grauen Falter, die nun von Blüte zu Blüte flatterten. Der Magier hob die Falltür und stieg die Steintreppe hinab in die Tiefe. Sie schien endlos.
    Nach unzähligen Stufen erst zweigte ein Gang rechtwinklig ab.
    Der gelbe Schein ewigen Lichts erhellte ihn. Links führte er zu Mazirians Fungusbeeten, rechts zu einer schweren, mit Eisen beschlagenen Eichentür, die mit drei Schlössern gesichert war.
    Die Treppe verlief weiter in die Tiefe und verlor sich in nächtlicher Dunkelheit.
    Mazirian öffnete die drei Schlösser und schwang die Tür auf.
    Der Raum dahinter war, abgesehen von einem Steinpodest, auf dem eine Truhe mit Glasdeckel

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