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Die sterblich Verliebten

Die sterblich Verliebten

Titel: Die sterblich Verliebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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kam, dass sie sich so viel zu erzählen hatten, wenn sie doch gemeinsam zu Bett gingen und aufstanden und sich gewiss über ihre Gedanken und Erlebnisse austauschten –, doch von ihrem Gespräch erreichten mich nur Fetzen oder einzelne Wörter. Einmal hörte ich, wie er sie »Prinzessin« nannte.
    Ich wünschte ihnen also das Allerbeste, wie den Figuren aus einem Roman oder einem Film, für die man von Anfang an Partei ergreift, im Wissen, dass etwas Schlimmes passieren, irgendwann etwas schiefgehen wird, sonst wäre es kein Roman, kein Film. Im wirklichen Leben jedoch war das nicht zwangsläufig so, und ich erwartete, sie wie üblich jeden Morgen zu sehen, ohne eines Tages eine einseitige oder gegenseitige Abneigung zu entdecken, ein stockendes Gespräch, die Ungeduld, einander aus den Augen zu kommen, eine Geste gegenseitigen Ärgers oder der Gleichgültigkeit. Die beiden waren das kurze, bescheidene Schauspiel, das mir gute Laune machte, bevor ich in den Verlag ging, wo ich mich mit meinem größenwahnsinnigen Chef und seinen lästigen Autoren herumschlug. Wenn Luisa und Desvern ein paar Tage ausblieben, fehlten sie mir, und ich ging meinen Arbeitstag bedrückter an. In gewisser Weise fühlte ich mich in ihrer Schuld, denn unbewusst und unbeabsichtigt halfen sie mir tagtäglich und erlaubten mir, über ihr Leben zu spekulieren, das ich mir gern makellos vorstellte, so makellos, dass ich froh war, es nicht ergründen, es nie überprüfen zu können, damit nichts mich aus meiner flüchtigen Verzauberung riss (meines war voller Makel, und tatsächlich dachte ich an die beiden erst wieder am nächsten Morgen, während ich im Bus darüber fluchte, so früh aufgestanden zu sein, denn das bringt mich um). Ich hätte ihnen zu gern etwas Ähnliches geboten, aber das war nicht der Fall. Sie brauchten mich nicht, vermutlich niemanden, ich war beinahe unsichtbar, ausgelöscht durch ihre Zufriedenheit. Nur zweimal, als er sich beim Gehen mit dem üblichen Kuss auf den Mund von Luisa verabschiedete – sie erwartete diesen Kuss niemals im Sitzen, sondern stand auf, um ihn zu erwidern –, machte er eine leichte Kopfbewegung in meine Richtung, fast ein Nicken, nachdem er zuvor den Hals gereckt und die Hand leicht angehoben hatte, um sich von den Kellnern zu verabschieden, als wäre ich einer von ihnen, nur weiblich. Seine Frau als gute Beobachterin machte eine ähnliche Bewegung in meine Richtung, als ich ging – immer nach ihm und vor ihr –, die beiden Male, an denen ihr Mann diese Geste gezeigt hatte. Aber als ich mit einem noch leichteren Nicken antworten wollte, hatten sowohl er als auch sie bereits den Blick abgewandt und sahen mich nicht. So schnell waren sie oder so besonnen.

Ich beobachtete sie, wusste jedoch nicht, wer sie waren, was sie taten, auch wenn sie zweifellos Leute mit Geld waren. Reich wohl nicht, aber wohlhabend. Denn wären sie Ersteres gewesen, hätten sie ihre Kinder nicht selbst in Schule und Kindergarten gebracht, was sie, da war ich mir sicher, vor ihrer Pause im Café taten, bestimmt ins Colegio Estilo gleich um die Ecke, obwohl es in der Gegend mehrere gibt, renovierte Villen in El Viso, kleine Residenzen, wie man sie früher nannte; in einer solchen war ich selbst früher im Kindergarten gewesen, in der Calle Oquendo, nicht weit weg; auch hätten sie nicht fast täglich in diesem einfachen Lokal gefrühstückt, wären nicht um neun zur Arbeit gegangen, er kurz vorher, sie kurz danach, wie mir die Kellner versicherten, als ich mich nach den beiden erkundigte, und ebenso eine Kollegin aus dem Verlag, mit der ich später über den makaberen Vorfall sprach und die sie zwar auch nicht besser kannte als ich, jedoch so einiges in Erfahrung gebracht hatte, vermutlich finden Klatschsüchtige und Böswillige immer heraus, was sie wissen wollen, vor allem, wenn es unerfreulich oder ein Unglück im Spiel ist, sowenig es sie auch betreffen mag.
    An einem Morgen Ende Juni blieben die beiden aus, was an sich nicht ungewöhnlich war, das kam vor, und ich nahm an, dass sie auf Reisen waren oder zu beschäftigt, um sich diese Atempause zu gönnen, die sie offensichtlich so genossen. Dann war ich selbst fast eine Woche fort, mein Chef hatte mich zu einer idiotischen Buchmesse ins Ausland geschickt, damit ich Public Relations machte, aber im Grunde nur an seiner statt den Trottel spielte. Nach meiner Rückkehr erschienen sie immer noch nicht, an keinem Tag, und das beunruhigte mich doch, weniger um ihret- als

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