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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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seine nackte Haut pressen kann, während seine Hände ihren Rücken streicheln und kneten. June kniet sich in den Uferschlamm neben Clares Beine, um sie zu massieren.
    Es erscheint ihnen eine Ewigkeit, bevor die Tentakeln wieder anfangen, sich zu bewegen und rhythmisch zu pulsieren.
    Plötzlich stößt Kevin wieder einen Schrei aus. »Der Arm! Sie hat den Arm bewegt!«
    »Möglich«, sagt Freund.
    Doch dann geschieht eine lange Zeit nichts mehr. Kevin und June werden jetzt von George unterstützt. Alle drei bemühen sich, Wärme in den gefrorenen Körper zurückzubringen, ohne ihn zu verletzen. Die Sonne brennt heißer. Die goldenen Ranken des Telepathen sind sichtbar geschrumpft. Kehrt langsam wieder lebendige Spannung in das schlaffe Gesicht zurück? Sie können es nicht mit Gewißheit sagen – bis schließlich ein Augenlid flattert.
    »Clare! Clare – hörst du mich?« Das zweite Augenlid zittert, hebt sich. Die Brust hebt und senkt sich. »Kevin?« Die Stimme ist so sanft wie der Flug einer Feder. »Ich bin hier ... oh, Liebling, mein geliebtes Mädchen ...«
    »Was ... was ist passiert?«
    »Erinnerst du dich an den Tornado? Ein Ast hat dich getroffen. Ruh dich aus, Liebling. Du mußt erst zu Kräften kommen.«
    Clares Augen fallen wieder zu. Überwältigt von diesem Wunder, das sie gerade erleben, blicken George und June sich an.
    »Mein Gefährte unterhält sich gerade mit ihr«, erklärt Freund.
    Clare öffnet wieder die Augen. Eine unbekannte Stimme dringt aus ihrem Mund. »Es ist ... gut ... wieder richtig ... zu sehen«, sagt der fremde Telepath. »Jetzt weiß ich ... was du ... gemeint hast.«
    »Nicht wahr?« erwidert Freunds Stimme. »Als wäre es immer so gewesen.«
    Clares Augen wandern umher, als der Telepath mit seinem neugewonnenen Augenlicht die Bilder ringsum in sich aufsaugt. Ihre Hand hebt sich zögernd, fällt wieder zurück. Ihr Körper ist noch zu schwach. Gleich darauf schließen sich ihre Augen. Die Glieder entspannen sich.
    »Jetzt schläft sie«, sagt Freund.
    »Wir müssen sie zum Schiff zurückbringen«, meint George. »Ist dein Gefährte bereit?«
    »Ja.« Sie heben Clare wieder auf den Handwagen, decken sie mit Junes Parka zu und staunen erneut über das Wunder, lebendige Wärme in einem Körper zu spüren, der noch vor einer Stunde vereist war. Clares Wunden bluten noch ein bißchen, schließen sich aber zusehends, während die leere goldene Hauthülle langsam von ihnen abgleitet.
    »Er heilt Clare!« ruft Kevin.
    »Genau wie ich es bei dir getan habe«, erwidert Freunds Stimme. »Durch die Kälte war es aber diesmal viel schwieriger. Glücklicherweise besitzt mein Gefährte außerordentlich starke Kräfte.«
    »Hör mal«, sagt June, während sie den Handwagen den Pfad hochschieben, »dein Freund braucht auch einen Namen. Wie hast du ihn oder sie genannt? Sollen wir ihn >Gefährte< nennen? Das hat in unserer Sprache eine sehr positive Bedeutung.«
    »Gefährte? Ja, ich glaube, das ist ein schöner Name für ihn.«
    »So lange wir unterwegs sind«, sagt George, »könntet ihr beiden in meine Gedanken blicken, während ich mich darauf konzentriere, was unser Schiff darstellt, wo wir herkommen und was es mit unserer Arbeit auf sich hat. Das spart uns Zeit, wenn es nachher darum geht, unsere nächsten Schritte zu planen. Daß wir euch gefunden haben, hat alles verändert.«
    Wir folgen seinem Rat. Ich weiß nicht, wie es mein Gefährte empfindet, aber mit Kevins Hilfe erscheint mir die Vorstellung, daß diese Menschen von einem anderen Planeten stammen, daß die hellen Punkte am nächtlichen Himmel Sonnen sind wie unsere eigene, nur unvorstellbar weit entfernt, und daß diese Menschen von Planet zu Planet reisen, um fremde Welten zu erforschen, bald nicht mehr ungewöhnlich. Mir wird auch klar, warum die Tatsache, daß sie uns gefunden haben, alles verändert. Sie müssen nun sofort zu ihrer Heimatbasis zurückkehren, um die Entdeckung einer anderen intelligenten Lebensform zu melden.
    In dem Raumschiff bereiten June und George Nahrung, die wir uns, wie ich feststelle, durch den Mund einverleiben müssen. Kevin nimmt sich eine Schale heißer >Suppe< und setzt sich neben Clare. Er ißt selbst und füttert sie zwischendurch. Während er dies tut, merke ich, wie sich auf unserem gemeinsamen Gesicht ein bestimmter Ausdruck ausbreitet. Er ist so liebevoll und intim, daß ich plötzlich das Bedürfnis verspüre, mich zurückzuziehen. Das überrascht mich. Es muß eine Reaktion sein, die

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