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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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Wir sehen etwas wie einen großen, ehemals geschlossenen Behälter mit unzähligen vorspringenden Kanten, der aufgeplatzt ist. Kabel und fremdartige Objekte liegen um ihn herum verstreut.
    »Ein Raumschiff«, sagt Kevin. »Es muß einen schrecklichen Unfall gehabt haben. Weißt du etwas darüber, Freund?«
    Der Anblick hat eine schwache Erinnerung aus meinem kollektiven Gedächtnis in mir wachgerufen, aber sie bleibt verschwommen. Ich sage Kevin das. »Vielleicht die Älteren ...«
    »Das haben wir uns auch gedacht«, meint George. »Wir wollten bloß sichergehen.«
    Ich empfange starke Muster von Üblem, von Feuer; Schmerz und Verwirrung, aber es kommt aus der Vergangenheit.
    »Sieh mal, dort unten«, ruft June. »Sie haben es nicht alle geschafft.«
    Tief innen in dem Wrack des Raumschiffs sieht man weiße Gebilde liegen, Stöcke und Kugeln, mit Fetzen Stoff daran.
    »Knochen«, sagt George. »Damit sollen sich die Fachleute beschäftigen. Wir machen Holos davon.«
    Sie zaubern noch mehr Gegenstände hervor. Welche unglaubliche Mengen Werkzeuge diese Wesen besitzen! Mit diesem hier kann man offenbar Erinnerungen zu Bildern machen. Sie halten den Gegenstand auf verschiedene Weise, wobei sie hier und dort Laub beiseite räumen, damit mehr Licht hereinfällt.
    »Verbrannt«, sagt George. »Freund, ich habe so eine Ahnung. Angenommen, dies hier wären deine Vorfahren ...«
    »Was?« Ich lasse Kevins Mund offenstehen, so verwundert bin ich.
    »Oder besser gesagt, die Überlebenden wären deine Vorfahren. Nach dem Absturz hatten sie schwerste Verbrennungen, standen in Flammen. Diejenigen, die noch laufen konnten, rannten brennend zum Wasser, um die Flammen zu löschen. Aber ihre Körper waren zu sehr verbrannt ...«
    »Und so transferierten sie sich in die erstbeste größere Lebensform, die sie sahen«, wirft June ein. »Die Seerose. Und es stellte sich heraus, daß dies auch die einzige dafür brauchbare Lebensform auf diesem Planeten ist. Könnte es so gewesen sein? Was meinst du, Freund?«
    Ich bin so verwundert, daß ich nicht antworten kann.
    »Vielleicht wissen die Älteren eine Legende darüber zu berichten«, meint George. »Wir sollten zu ihnen gehen.«
    Meine Gedanken wirbeln durcheinander, als ich zu unserem Raumschiff zurückgehe. Ich habe Mühe, meinem Gefährten ein zusammenhängendes Bild zu übermitteln. Aber er scheint die Sache viel gelassener zu nehmen als ich.
    »Schließt ihr daraus, daß wir immer mit jemand anderem zusammenleben müssen?«
    »Ein Wirt und ein ... ein Symbiot. Ich glaube nicht, daß ihr ursprünglich parasitäre Lebensformen gewesen seid.«
    »Hast du eine Vorstellung, wie diese ... äh ... Wirte ausgesehen haben könnten?«
    »Nicht deutlich. Ich weiß nur, daß sie sehr groß und kräftig gewesen sein müssen und daß sie ein beträchtliches Schädelvolumen hatten. Ich glaube, ich erinnere mich an so etwas wie zwei kürzere vordere Gliedmaßen. Du auch, June?«
    »Äh ... ja.« June scheint, ebenso wie ich, mehr von der gefühlsmäßigen, tragischen Seite dieses unbekannten Dramas berührt zu sein.
    »Die Strömung muß die Pflanzen oder Eier eine ganz schöne Strecke den Bach hinuntergetragen haben, bevor sie sich einnisten konnten«, überlegt George.
    »Vielleicht ist das der Grund, weshalb sie unbedingt hier oben wieder eine Kolonie aufbauen wollten.« Ich lasse meiner Phantasie jetzt freien Lauf.
    »Könnte sein ... Hui!« George und June bereiten den Start des Raumschiffs vor. »Jetzt wissen wir, was wir als nächstes zu tun haben.«
    »Und das wäre?«
    »Nun ja, herauszufinden, woher diese Wesen kamen, wer ihre richtigen Wirte waren. Und euch zu ihnen zurückbringen«, antwortet June an Georges Stelle.
    »Wirklich? Das würdet ihr tun?« fragen Gefährte und ich wie aus einem Mund.
    »Das ist sogar unsere Pflicht«, erwidert George. »Vorschriften betreffs gestrandeter oder vermißter Raumfahrer. Bloß daß wir in eurem Fall eine Menge Detektivarbeit leisten müssen, wenn eure Älteren keine überlieferten Daten besitzen. Dann wird sich wohl ein armes Schwein auf der Basis durch einen Berg Sternkarten wühlen müssen. Vorausgesetzt, euer System ist überhaupt verzeichnet. Falls nicht, schicken wir einen Suchtrupp aus.«
    Gefährte und ich können nur noch staunen.
    »Kevin«, sage ich langsam, »du mußt mir beibringen, wie man mit den Gesichtszügen Verblüffung ausdrückt.«
    »Und Dankbarkeit«, fügt Gefährte hinzu.
    »Ja, das auch.«
    Das Raumschiff startet.
    Clare

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