Die Sternenlegion - Angriff der Cyborgs: Roman (German Edition)
verwandelt. Die Temperaturschwankungen hatten das Material in tausend Fragmente zerspringen lassen. Harmon ging darum herum, auf das runde Dutzend Grabkreuze aus rostfreiem Stahl zu, die ihr zeigten, wo Valerie und ihre Kollegen von den Hudathanern begraben und anschließend von der Imperialen Marine wieder ausgegraben und neu bestattet worden waren. Ähnliche Monumente waren überall, wo einmal das Imperium gewesen war, zu Millionen aus dem Boden geschossen. Und so, wie die Dinge sich entwickelten, würde man noch mehr solcher Gräber brauchen.
Sie brauchte nur einen Moment, um das Kreuz zu finden, auf dem Valeries Name stand, im Sand niederzuknien und die Stirn an das von der Sonne aufgeheizte Metall zu legen. Die Tränen strömten ihr über die Wangen, ein tiefes Schluchzen erfasste sie, und sie zitterte.
Aber dann legte sich eine drückende Müdigkeit über sie, das Schluchzen wurde leiser, und ein wunderbares Gefühl des Friedens durchflutete ihren ganzen Körper. Harmon fühlte sich leicht, so leicht, als könne sie einfach davonschweben. Und genau das tat sie. Sie stellte fest, dass sie überall und doch nirgends war. Das war deshalb ein besonders seltsames Gefühl, weil sie es gewohnt war, dass ihre Gedanken sich auf einen Ort konzentrierten und nicht über die Oberfläche eines ganzen Planeten verstreut waren.
Aber es gefiel ihr, zumindest dachte sie das, und sie versuchte immer noch mit dem Gefühl klarzukommen, als eine Stimme in ihr Bewusstsein eindrang. »Willkommen, Dr. Harmon. Wir teilen Ihre Gefühle der Trauer. Valerie war unsere Freundin. Jetzt ist sie tot, aber sie lebt in unseren Erinnerungen weiter.«
Und dann, gerade als wäre das Wort »Erinnerungen« so etwas wie ein Stichwort, wurde Harmon in der Zeit zurückversetzt, und plötzlich sah sie Valerie. Aber von wo aus? Von der Meeresoberfläche, so schien es, weil sie den Strand aus dem Blickwinkel von Plankton wahrnahm, das mit jeder Welle auf und ab tanzte. Valerie trug einen zweiteiligen Badeanzug und hatte das Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie hatte weiße Sonnencreme auf der Nase. Da waren auch andere Menschen, sie befanden sich hinter ihrer Freundin und amüsierten sich offenbar, aber Harmon achtete nicht auf sie. Valerie füllte ihr Blickfeld, ihr Bewusstsein und ihr Herz. Lange weiße Beine blitzten in der Tropensonne, als ihre Freundin den Strand hinunterrannte, ins Wasser sprang, das warm wie in einer Badewanne war, und unter einer Welle hinwegtauchte. Harmon war rings um sie, sah Valerie aus vielen unterschiedlichen Winkeln.
Valerie hielt inne, stellte die Füße auf den sandigen Meeresgrund und berührte einen der langen, weißen Fäden, die neben ihr dahintrieben. Sie runzelte die Stirn und rief den anderen zu. »Da, schaut! Das ist ein Organismus … ich wüsste gern, wie der Rest davon aussieht.«
»Vorsicht«, warnte jemand, und ihre Gedanken hallten durch Harmons Bewusstsein, »wir haben noch nicht damit begonnen, die Lebensformen in diesem Ozean zu katalogisieren. Wer weiß, was sie vielleicht für Verteidigungsmechanismen haben.«
»Mir scheinen sie harmlos«, erwiderte Valerie, ließ den Faden aber dennoch los und schwamm hinaus, ins freie Meer. Die Erinnerung verblasste und war dann verschwunden.
Plötzlich war Harmon wieder in der Gegenwart, die Stirn gegen warmes Metall gepresst; die Tränen auf ihren Wangen waren getrocknet. Sie stand auf und sah sich um. »Könnt ihr mich hören?«
»Natürlich können wir dich hören«, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. »Wir haben dich von dem Augenblick an gehört, wo du in den Orbit eingetreten bist. Komm, wate ins Meer hinaus, damit wir dich fühlen können.«
In einer Mischung aus Angst und Neugierde ging Harmon den Strand hinunter, schlüpfte aus ihren Schuhen und watete ins Wasser hinaus. Abgesehen vom leichten Schlag der Wellen und dem Schrei eines Vogels in der Ferne geschah zunächst gar nichts. Dann trieben ganz sanft, fast zufällig, mit den Wellen fünfzehn oder zwanzig lange, weiße Ranken heran, liebkosten ihre Waden und hielten dicht vor dem Strand an. »Du bist so schön, wie Valeries Erinnerungen das sagten.«
Ein unglaubliches Gefühl der Freude füllte Harmons Herz. Sie war nicht schön und war sich dessen auch wohl bewusst, aber die Tatsache, dass Valerie so von ihr gedacht hatte, bedeutete ihr alles. »Danke. Ich danke euch für alles! Ich habe die Berichte gelesen, die Valerie über euch geschrieben hat. Sie hatte Recht. Ihr seid wirklich sanfte
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