Die Sternenlegion - Angriff der Cyborgs: Roman (German Edition)
eingesaugt und mit ihm Floß Eins. Harmon hielt zuerst den Atem an, fürchtete, etwas könnte schrecklich schief gehen, aber die sorgfältige Vorbereitung zahlte sich aus, als Kilometer um Kilometer der Say’lynt in dem Biotank verschwand. Nach einer Weile wurde es sogar langweilig, als die Sekunden sich zu Minuten dehnten und die Minuten zu einer vollen Stunde.
Alles lief gut, bis Floß Eins komplett im Tank war und Floß Zwei dabei war, an Bord zu kommen. Duncan wusste sofort, dass ein Problem aufgetreten war, als das Geräusch des Hauptantriebs um eine Oktave höher wurde und das ganze Schiff zu vibrieren begann. »Was zum Teufel war das denn?«
»Das war Zusatzaggregat Nummer drei«, erwiderte ein Tech ruhig. »Das ist gerade ausgefallen. Der NAVCOM hat das kompensiert, indem er mehr Kraft vom Hauptantrieb angefordert hat, aber der überhitzt sich jetzt allmählich, und der Ausfall von Nummer drei hat alles aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Vibration belastet die Hülle, und das könnte im Zusammenwirken mit dem zusätzlichen Gewicht zu Überlastungsbrüchen führen.«
Duncan warf einen Blick auf die abgelaufene Zeit, sah, dass es noch weitere fünfzehn Minuten dauern würde, den Rest von Floß Zwei zu laden, und wusste, was zu tun war. Aber die Entscheidung musste sein kommandierender Offizier treffen, und das war Captain Cynthia Harmon, ob ihm das nun passte oder nicht. Die Vibration hatte sich gesteigert. Tausend unsichtbare Metallstücke fingen an zu rasseln und zu klappern. Eine Kaffeetasse zerschellte klirrend auf dem Deck. Der XO hatte alle Mühe, eine ruhige Stimme zu bewahren. »Captain … hier spricht Duncan. Ich empfehle Abbruch … wiederhole … Abbruch der Einschiffungsprozedur.«
Harmon spürte plötzlich einen eiskalten Kloß im Magen. Für eine derartige Situation gab es einen Notplan, aber der war alles andere als angenehm und könnte den Einsatz gefährden. Sie hatten das Say’lynt-Floß über einen Kilometer von der Aufnahmezone entfernt zwischen zwei am Meeresgrund verankerte Pylonen geschoben, gezogen und gedrückt. Zweck dieser Prozedur war es, seine langen, weißen Fasern und locker aufgereihten Knoten zu einer eng zusammengedrängten Masse zu komprimieren, die der Siphon so leicht wie möglich aufnehmen konnte. Unter anderem hatte das auch zur Folge, dass die Masse der Aliens in einer Art und Weise konzentriert wurde, dass man sie auseinander schneiden und damit notfalls wenigstens die Kontrollknoten retten konnte, aber ihre Extremitäten und damit auch Teile ihres Bewusstseins opfern musste.
Valerie hatte gemeldet, dass die Say’lynt zumindest in geringem Maße imstande waren, weiter vom Körperzentrum entfernte Körperteile zu regenerieren, aber in welchem Maße dies möglich war, blieb unklar – und ebenso auch, welche Auswirkung es auf das Vernunftwesen selbst haben würde. Wie war es um den Schock bestellt? Verlust kognitiver Funktionen? Man konnte es einfach nicht wissen. Aber jetzt zu zögern, das Schiff zu starkem Druck auszusetzen, würde den Tod für alle an Bord bedeuten. Dies war keine Entscheidung, wie sie normalerweise von einer Meeresbiologin getroffen werden musste, und Harmon fragte sich, ob sie dafür qualifiziert war.
All diese Überlegungen zuckten im Bruchteil einer Sekunde durch Harmons Bewusstsein, und dann war plötzlich in ihrem Kopf eine Stimme zu vernehmen: »Du bist qualifiziert. Tu, was getan werden muss.«
Harmon wunderte sich über die Stärke ihrer Stimme. »Einverstanden. Commander … halten Sie durch, so lange es geht. Gehen wir, Delta-Team … ihr wisst, was zu tun ist.«
Harmon zog sich die Maske über das Gesicht, biss auf ihr Mundstück und erprobte den Regulator. Die Luft war da, und sie tauchte mit den Füßen voran ins Wasser. Sie brauchte zwei Minuten, um die Strecke zwischen dem noch verankerten Arbeitsboot und der Fasermasse des zusammengedrückten Körpers von Floß Zwei zurückzulegen. Er bewegte sich von rechts nach links, während der Siphon ihn in sich aufsaugte. Die Wissenschaftlerin wandte sich nach rechts und schlug mit den Flossen. Der orangefarbene Pylon kam stetig näher. Die drei Mitglieder ihres Teams taten es ihr gleich. Eine selbst gesteuerte Unterwasserkamera verfolgte ihre Bewegungen. Der Plan sah vor, so weit wie möglich hinten zu amputieren und die Pylonen als Markierung zu nutzen.
Die Wissenschaftlerin tastete nach dem an ihrem rechten Schenkel befestigten Energiestab und fand ihn. Ein Knopfdruck reichte
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