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Die Sternseherin

Titel: Die Sternseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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fühlte sich ihm plötzlich weitaus näher als Asher, in dessen Gegenwart sie sich wie ein unerfahrenes Schulmädchen vorkam – zumindest, wenn er sich so steif gab wie jetzt. Andererseits hatte sie nichts dagegen, die Tür aufgehalten oder ihre Einkäufe getragen zu bekommen. Ihre Finger berührten das Leinentuch in ihrer Tasche und sie dachte daran, wie sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Altmodische Manieren besaßen durchaus einen ganz eigenen Charme.
    Asher glitt neben sie auf die Bank und legte einen Finger auf ihren Mund, dabei sah er tief in ihre Augen. Still, er kann uns hören.
    Julen quittierte diese vertrauliche Geste mit einem kaum merklichen Zusammenpressen seiner Lippen und räusperte sich. »Hast du den Inhaber der Telefonnummer?«
    »Natürlich, die Adresse ist ganz in der Nähe. Seid ihr fertig, dann kommt!«
    So nahe fand Estelle es dann doch nicht. Sie hatten auf ihrem Weg vermutlich alle Colleges passiert. Von diesem Ort ging eine ganz besondere Atmosphäre von Tradition und Gelehrsamkeit aus, die sie begeisterte. Seit Jahrhunderten versuchte jedes College, seine Konkurrenten zu übertrumpfen, und so konnten Besucher heute eine ganz erstaunliche Architektur bewundern, wie es sie in dieser Art und Häufigkeit wahrscheinlich an keinem anderen Ort der Welt gab. Doch ihr blieb keine Zeit, die alten Gebäude in Ruhe zu betrachten, denn das unebene Kopfsteinpflaster forderte ihre gesamte Aufmerksamkeit. Die neuen Schuhe waren zwar schick, aber ziemlich unpraktisch. Endlich blieb Asher stehen. »Hier ist die Earl Street. Das Haus dort drüben muss es sein!«
    Beide Vampire schauten gleichzeitig zu Estelle. »Okay! Ich bin euch im Weg! Warum habt ihr mich dann nicht in diesem kuscheligen Pub gelassen, wo ich euch nicht zur Last fallen kann? Dort gab es wenigstens leckere Drinks und vielleicht hätte ich mich ja auch mit deinem Computerfreak unterhalten können.«
    »Gewiss nicht!« Asher klang, als habe sie eine öffentliche Kopulation mit dem Fremden in Betracht gezogen. »Hör zu, dieser ›Freak‹ ist, gelinde gesagt, instabil. Es empfiehlt sich nicht, sein Interesse zu wecken, und ich wäre nie mit dir in den ›Eagle‹ gegangen, hätte ich gewusst, dass er neuerdings dort residiert.«
    »Ist er auch wieder so ein Statthalter?«
    »Allerdings.«
    »War das Blut auf seinem Hemd?«
    »Wenn du es genau wissen willst: Ja! Es ist besser, du vergisst diese Begegnung so schnell wie möglich.« Dann fuhr er mit seiner gewohnt aristokratischen Stimme fort: »Und damit dürften alle Fragen geklärt sein.«
    »Nicht ganz, was hast du jetzt vor?«
    »Estelle!«
    »Ich habe schon verstanden, die kleine Fee bleibt hier und ihr erlebt die Abenteuer.«
    Julen musste lachen. »Ich glaube eher, er meint, wir bleiben hier und er erlebt die Abenteuer!« Dann wurde er ernst. »Schon gut, wir beobachten den Eingang.«
    Asher gab ein Schnauben von sich, das mehr nach verzweifeltem Mann, als nach einem mächtigen Vampir klang, und verschwand in der Dunkelheit. Gemeinsam mit Julen zog sie sich in die Schatten zurück und sah zu dem Gebäude hinüber, das verlassen und fast ein wenig feindselig wirkte. Julens Nähe, die sie noch vor zwei Tagen auf eindeutige Ideen gebracht hatte, ließ Estelle jetzt an einen anderen Vampir denken und daran, wie er in ihr ein Feuer geweckt hatte, von dem sie bis dahin nicht einmal geahnt hatte, dass es existierte. Sie spürte eine Hand auf ihrer Wange. »Es ist gut«, flüsterte Julen, und gerade als sie fragen wollte, was er damit meinte, öffnete sich eine Tür im Haus gegenüber und die Blondine aus dem Pub stürmte heraus. »Was macht die denn hier?«
    »Ich habe keine Ahnung, aber ich werde es herausfinden.« Und weg war er.
    »Halali!« Ohne Julen fühlte Estelle sich unvermittelt sehr verwundbar, und sie zog sich weiter in den Schatten der Toreinfahrt zurück. Gerade noch rechtzeitig, bevor sich die Tür gegenüber erneut öffnete und ein dunkel gekleideter Mann heraustrat. Er sah sich kurz um und Estelle glaubte, ein Raubtier dabei zu beobachten, wie es Witterung aufnimmt, um seinem Opfer zu folgen. Sie verhielt sich ganz still und legte all ihre Gedanken lahm, um nur nicht selbst seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dabei war sie sich ziemlich sicher, dass Julens Blondine das Wildbret dieses unheimlichen Jägers werden sollte.
    Ich bin gleich bei dir! Ashers Stimme beruhigte ihre Nerven. Sekunden später spürte sie seine Hände auf ihren Schultern.
    »Julen ist ihr

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