Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu
gewusst habe.«
»Du bist ein Arsch, weißt du das?«
»Mag sein.«
»Aber ich liebe dich.«
»Ich dich auch … Irgendwie.«
»Was heißt hier irgendwie, verdammt noch mal?«
»Ich mag dich. Aber etwas fehlt.«
»Und das wäre?«
»Weiß ich nicht.«
»Ziemlich beschissen, jemanden auf diese Art zu lieben.«
»Mehr ist einfach nicht drin.«
»Wie: ist nicht drin?«
»Ist einfach nicht drin.«
»Hast du das nicht vorher gewusst?«
»Schon. Es geht einfach nicht. Punkt. Sei mir nicht böse.«
»Nein, ich bin dir nicht böse … Warum auch? Wenn du wieder mal Probleme hast und dir ’ne Glatze rasierst, sag Bescheid. Meine Nummer hast du ja. Ich bau dich wieder auf. Werd wohl ’ne Agentur für solche Dinge gründen. Ich zieh gerne Leute aus dem Schlamassel raus, tut nicht mal weh. Höchstens mir.«
»Du bist sauer.«
»Verschwinde.«
»Sei nicht böse.«
»Hör auf mit dem Gequassel.«
»Entschuldige.«
»Du liebst ihn nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich spüre es.«
»Das geht dich nichts an.«
»Nein … Aber du weißt es selber … Er hat dich betrogen. Lüg dir doch nichts vor …«
Ihr Blick schweifte eine Weile über den gleißenden Asphalt. Sie suchte nach einem Punkt, der sie stützen, der sie wegtragen würde, sie fand aber keinen. Ohne es zu wollen, musste sie Petr wieder in die Augen sehen. Sie setzte die Brille auf.
»Du kannst dir doch unmöglich was Festes erhofft haben.«
»Man kann keinem vorschreiben, was er sich erhoffen darf. Ich fand es wunderbar mit dir. Und ich habe mir schon was erhofft.«
»Mach’s gut.«
Klára beugte sich zu Malmö, die mit ausgestreckter Zunge zwischen ihnen stand. Kraulte sie hinter den Ohren.
»Tschüsschen, Malmö. Ich komm dich mal holen.«
»Kommt nicht in Frage, du nimmst sie mit. Ich will sie nicht.«
»Malmö, das geht nicht, du darfst gar nicht ins Flugzeug rein, mein Schatz…«
»Was soll ich mit ihr machen?«
»Sie liebt dich.«
Klára wandte sich ab und stieg in das fremde Auto. Sie fuhren weg.
Petr setzte sich auf die Leitplanke. Blickte in die Landschaft. Ein paar Bäume. Sand. Als fange hier die Wüste an. Als wäre er nicht mitten in Spanien, sondern in der Sahara.
Er setzte sich ins Auto. Mit der Hand am Steuer überlegte er, ob die ganze Reise vielleicht nur ein Traum war. Er schloss die Augen. Vielleicht war es nur ein misslungener Trip gewesen, wie damals im Roxy, als er dann noch drei Tage lang in Omas Wohnung Marx und Engels begegnete.
Er zündete sich eine an. Der Himmel in seinem Kopf zog sich zu und aus den Wolken seiner Augen goss es Tränen.
»Scheiße. Scheiße. Scheiße.«
Fremde Autos fuhren gleichgültig an ihm vorbei. Im Volvo herrschte eine unerträgliche Hitze, in Petr machte sich eine unerträgliche Traurigkeit breit. Nur sehr langsam floss die Trauer aus ihm heraus. Er spürte Salz auf seiner Wange. Er dachte an Klára und an den salzigen Geschmack ihrer Achselhöhlen.
Er drehte den Zündschlüssel um. Startete. Der Wagen stand am Seitenstreifen, er konnte sich überlegen, welche Richtung er jetzt nehmen würde.
Nach Lissabon wollte er nicht. Also drehte er um. Und fuhr zurück in den Osten.
Klára.
Die Heimreise war lang. Vielleicht lag es an Klára. Vielleicht aber auch daran, weil eine Heimfahrt immer länger dauert als die Hinfahrt, die ja ins Unbekannte führt. Vielleicht, weil eine Heimfahrt kaum mehr ist als ein Trip in die Gegenrichtung. Alle hundert Kilometer überlegte Petr, wie sich das anfühlen würde, wenn er mit hundertfünfzig Sachen die Leitplanke rammt. Würde es schnell gehen? Würde es ihn frei machen? Gut möglich. Zum Schluss machte er es aber doch nicht. Vielleicht aus Angst. Oder wegen seiner Eltern … Keine Ahnung. Malmö auf der Rückbank lächelte unschuldig. Im Auto war es still.
Kein einziges Mal während der ganzen Rückfahrt hat Petr Musik aufgelegt.
DREI GLEICHE HÄUFCHEN
D er neue Song ist blitzschnell einstudiert. Sie machen den Soundcheck, spielen den Song noch einmal auf dem Podium und verziehen sich dann in den Backstage-Bereich. War doch klar, dass der Song funktionieren würde, schließlich handelt er von ihr, denkt Vanda. Man muss einfach den eigenen Fähigkeiten vertrauen.
Die Berliner reden echt nicht viel. Das Einzige, was sie interessiert, ist tschechisches Bier und ihre Lieblingsbands. Sie sind heute zum ersten – und vielleicht auch zum letzten – Mal in Prag. Der Bassgitarrist wurde hier zwar geboren, aber wenn er tschechisch
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