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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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reden will, fallen ihm nur deutsche Wörter ein. Er labert was von Berlin und darüber, wie steif sich Prag anfühlt. Vielleicht stimmt das auch. Aber das, was Harry gesagt hat, stimmt auch: Aufgeblasene Idioten sind das.
    Backstage. Die Neonröhre unter der Decke dröhnt, aber das kommt Vanda vielleicht nur so vor. Harry schaltet den Fernseher ein. Nachrichten. Demonstrationen irgendwo in der Ukraine. Oder in Russland. Irak. Von Bomben zerfetzte Zivilisten und amerikanische Soldaten. Überall, wo man hinsieht, nur Blut.
    »Fuck off Bush.«
    Harry steckt sich eine an.
    »Behalte deine Peinlichkeiten für dich«, fährt Vanda ihn an.
    »Was?«
    »Du weißt doch gar nicht, wie es dort aussieht.«
    »Schlag du dich jetzt bloß auf die Seite der Amis.«
    »Hast keine Ahnung vom Sterben.«
    »Du wohl schon.«
    »Ich kann es mir zumindest vorstellen.«
    »Die wollen doch nur, dass ihnen alle in den Arsch kriechen.«
    »Halt die Klappe.«
    »Ich kann sagen, was ich will.«
    »Tust du offensichtlich auch.«
    »Vanda, ich habe mich doch entschuldigt, oder nicht?«
    Toni mischt sich ein: »Hört endlich auf.«
    Vanda zieht Carlos’ Briefchen hervor und lächelt.
    »Ein Geschenk.«
    »Ein Hoch auf unsere Sponsoren!«
    »Anfang gut, Ende gut.«
    Sie teilen den Stoff in drei gleiche Häufchen.

PRAG – MALMÖ – LISSABON
    D ie junge Grenzpolizistin reichte Petr seinen Reisepass zurück, lächelte Malmö an und fragte, ob der Hund ihm gehöre.
    »Ja. Nein. Doch«, sagte er auf Deutsch.
    Sie erwiderte, weiße Labradore seien selten. Wunderbare Hunde, sagte sie, sie können Ertrinkende retten. Von sich aus. Ohne dass es ihnen jemand beibringen müsste. Angeborene Instinkte.
    Dann kam ihr Kollege und bat Petr, den Wagen zur Seite zu fahren und auszusteigen. Das Auto wurde durchsucht. Man fand nichts. Nur das Amsterdamer Modell vom Bathyscaphe Trieste. Und das Gras. Als man Petr in die U-Haft brachte, lief im Polizeiwagen Musik. Trauriger deutscher Rock. Er fragte nach dem Namen der Band.
    »Tocotronic.«
    Eine schlimmere Gruppe hatte er noch nie gehört. Am nächsten Morgen wurden er und Malmö nach Tschechien abgeschoben.
    Klára.
    Als Erinnerung ist ihm der alte Volvo mit abgelaufenen Papieren geblieben. Der Wagen steht mit platten Reifen und abgebrochenem Seitenspiegel vor dem Haus. Auf der Vorderscheibe verkündet ein gelber Zettel der städtischen Polizei, dass solche Wracks auf Parkplätzen nichts verloren haben und kostenpflichtig abgeschleppt werden.
    Noch irgendwelche Spuren von Klára? Fotos auf der Speicherkarte in Petrs Kamera. CD s aus den Achtzigern und den frühen Neunzigern. Ein paar Bücher. Skier. Kláras Wäsche, die Petr am liebsten in die Mülltonne befördert hätte, sie fürs Erste aber in eine Tasche gestopft hat und unten im Schrank aufbewahrt. Das leere Bathyscaphe-Modell, das er in Nestors Aquarium versenkte. Erinnerungen. Der Geruch von Meersalz auf ihrer Haut. Eine nicht abgeschlossene Reise. Und Malmö.
    Klára.
    Für das Gras gab es ein halbes Jahr auf Bewährung. Er pfefferte die angefangene Diplomarbeit in die Ecke und meldete sich exakt einen Tag früher von der Uni ab, als man ihn exmatrikuliert hätte. Hörte auf zu qualmen und fing an zu trinken. Dann hörte er mit dem Trinken auf und fing wieder an zu rauchen. Später kombinierte er beides und fand es ganz prima.
    Er hing in Kneipen herum, ab und zu landete er in fremden Betten. Eines Tages wachte er auf und stellte fest, dass es so nicht weiterging. Dass er einen Schlussstrich machen musste. Alles vergessen und neu anfangen.
    Die Bewährung wurde in gemeinnützige Arbeit umgewandelt. Er durfte frei wählen: Kinderheim. Stadtreinigung. Oder Städtischer Verkehrsverbund.
    Petr entschied sich für das Letztere. Zuerst putzte er nachts im Straßenbahndepot. Dann strich er die Wagen an. Schließlich durfte er sich ans Steuer setzen, es gibt immer Mangel an Straßenbahnfahrern, sagte man ihm. Er blieb dort allerdings länger hängen, als er ursprünglich wollte. Petr hasste die Arbeit – wusste aber nicht, was er sonst hätte machen sollen. Er war wütend auf sich. Wollte er immer so weitermachen? Oder einen Schlussstrich ziehen?
    Klára.
    Seit ihrer Reise hat er sie noch zweimal gesehen. Einmal aus der Straßenbahn vor dem Café Slavia. Malmö hatte sie als Erste bemerkt und bellte sie an. Von alleine hätte Petr sie nicht erkannt. Klára hatte ihre Haare wieder. Und den Schweden. Er hielt sie im Arm. Es muss er gewesen sein.
    Das zweite Mal war

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