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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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noch gar nicht so lange her. Petr wollte ins Akropolis zu einem Konzert. Klára saß auf der Treppe mit einer Flasche Bier in der Hand. Ihr Schädel war wieder kahl. Er drehte um.

DIE NACHRICHT DES JAHRES
    M eistens läuft es genau umgekehrt und Hana ist vor Milena da. Diesmal sieht Hana schon von draußen Milena am Fenstertisch sitzen. Sie sieht, wie sich Milena mit der Hand durch die Haare fährt und dann ihr rechtes Ohrläppchen massiert. Ein untrügliches Zeichen, dass sie sich langweilt.
    Wie lange kennen sie sich jetzt schon? Sie sind beide in der gleichen Stadt mitten in den Bergen aufgewachsen, nur ein paar Schritte von der polnischen Grenze entfernt. Hana wohnte in einer sechsstöckigen Plattenbausiedlung direkt in der Stadtmitte, die an einer Stelle errichtet worden war, wo früher die alten, in die Luft gesprengten Häuser der Deutschen standen. Milena wuchs in einer kleinen Villa in der Nähe des Bahnhofs auf, für die das Dynamit nicht mehr gereicht hatte.
    Auf dem Gymnasium haben sie nebeneinander in einer Bank gesessen. Später sind sie beide nach Prag zum Studieren gegangen. Dort teilten sie sich ein Zimmer im Studentenheim. Da sich in der Nähe ein Motodrom befand, war es draußen ziemlich laut. Also blieb das Fenster meist zu, dafür sammelten sie alle Weinflaschen darunter, die sie geleert hatten. Es waren so viele, dass sie jährlich zwei Mülltonnen voll bekamen. Hana und Milena waren ein unzertrennliches Paar. Sie gingen gemeinsam zu Konzerten und in Bars. Wenn sie spätabends mit der Straßenbahn zurück ins Wohnheim fuhren, beobachteten sie immer wieder gerne aus dem Fenster, wie Flugzeuge zur Landung auf dem unweit gelegenen Ruzyně-Flughafen ansetzten, und redeten dann über junge Frauen, die an der Uni starteten, nur um am Herd zu landen, und sie malten sich aus, wie der Mann aussehen sollte, auf den sie bereit wären, sich einzulassen. Gefühlsbetont, tolerant und mächtig charismatisch müsste er sein, als bedrohte Gattung hierzulande also nur mit Riesenlupe zu finden. Wenn überhaupt.
    Sie diskutierten geschlechtsspezifische Fragen und Empfindlichkeiten. Gendermäßig unberührt kam ihnen die gesamte Tschechische Republik von der Burg bis zur letzten Grenzspelunke vor, all die aufgeblähten Knacker mit Riesenwampe in speckigem Unterhemd und Shorts, die offensichtlich in dieser Kleidung bereits zur Welt gekommen waren. Sie sehnten sich nach einer anderen Sorte Mann und schliefen eine Zeitlang mit demselben gefühlsbetonten, toleranten und charismatischen Typen, bis sie eines Tages herausfanden, dass er es ihnen beiden besorgte. Eine kurze Zeit konnten sie sich deswegen nicht riechen. Dann haben sie sich gemeinsam volllaufen lassen, ihm einen gendermäßig unkorrekten Brief geschrieben und alles war wieder gut.
    Hana hat Kulturwissenschaften studiert, Milena Deutsch und Geschichte, um dolmetschen und reisen zu können. Jetzt unterrichtet sie auf einem Privatgymnasium. Hana wusste lange nicht, was sie mit ihrem Abschluss anfangen sollte. Jetzt reist sie herum und bringt Europa näher zusammen.
    Sie tritt ein. Im Raum ist es still. Keine Musik. Das fällt richtig auf. Restaurants ohne Musikkulisse sind fast von der Erdoberfläche verschwunden. Eine angenehme Abwechslung.
    »Ahoi.«
    Milena steht auf. Sie umarmen sich. Küssen sich auf die Wange. Wie seit Jahren. Wie es immer sein wird.
    »Hallo, meine Süße.«
    »Wie läuft’s?«
    »Gut. Und selbst?«
    »Ein schöner Tag heute.«
    »Hauptsache, wir beide sind schön.«
    »Und werden’s noch lange bleiben.«
    Sie grinsen sich an. Diese Sätze haben sie zum ersten Mal mit achtzehn gesagt. Ob ihnen damals zum ersten Mal in den Sinn kam, dass sie altern würden?
    »Ich liebe es, wenn der Sommer zu Ende geht«, sagt Milena.
    »Ich weiß.«
    »Heute ganz sportlich, ja?«
    »Hab den Sporttag wieder eingeführt, wie früher in der Schule.«
    »Den hab ich so was von gehasst.«
    »Das weiß ich noch … Was liest du da?« Hana deutet mit dem Kinn auf die Prospekte, die auf dem Tisch liegen. Das Wohnen im grünen Paradies der Stille. Sie kann sich nicht vorstellen, jemals in etwas Ähnliches einzuziehen. Ein handtuchschmaler Garten mit einem Grill in der Ecke. Rotes Dach, ein paar Blumentöpfe auf dem Balkon und ein kleiner geleaster Škoda unterm Carport.
    »Wir wollen uns ein Haus kaufen. Milan und ich.«
    »Aha?«
    »Wir heiraten.«
    »Das geht ja schnell.«
    »Angemessen schnell, finde ich.«
    »Wie lange kennt ihr euch?«
    »Seit vier

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