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Die Stille zwischen den Sternen

Die Stille zwischen den Sternen

Titel: Die Stille zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Banscherus
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bin? Als Schmerzensgeld? Aber warum haben sie dann den Wandler nicht mitgenommen? Hat der Typ mit dem Passat etwas mit meinem Sturz zu tun? Und immer dieselbe Frage: Was war in dem verdammten Päckchen?
    Ich stellte mich so vor den Mast, dass ich die lange Leiter genau im Blick hatte, verengte die Augen zu Schlitzen und wartete. Wartete, dass sich auf meiner Netzhaut etwas tat. Dass ich vielleicht ein Bild sah. Oder einen Film. Den Film nämlich, wie ich die Leiter hinaufklettere. Oder wie ich hinunterstürze. Dass ich endlich etwas sah, das dieses dreimal verfluchte Loch in meiner Erinnerung verschwinden ließ.
    Aber es passierte nichts. Das Bild blieb leer. Niemand stieg den Mast hinauf, niemand kletterte hinunter. Es wäre auch zu schön gewesen.

    Zu Hause wartete wieder mal der Kommissar auf mich. Wie es mir gehe, fragte er. Winter glaubt wahrscheinlich immer noch, dass ich sprechen könnte, wenn ich wollte. Dass ich irgendwann nicht aufpasse und ihm
mit klarer Stimme antworte: »Gut, Herr Kommissar.« Aber den Gefallen konnte ich ihm nicht tun. Ich zuckte bloß mit den Schultern und schloss auf.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte Winter.
    Sie sind ja schon drin.
    »Darf ich dein Zimmer sehen?«, fragte er weiter.
    Ich holte den Block aus der Küche und schrieb: »Warum?«
    »Um einen Eindruck zu kriegen«, antwortete der Kommissar.
    In meinem Zimmer schien er sich zuerst nur für die Kakteen zu interessieren. »Ferocactus, Donnerwetter, und sogar blühend. Corypantha sulcata, sehr schön. Und dieser Cephalocerens senilis, einfach toll.«
    Ja, auf das Greisenhaupt bin ich wirklich stolz. Ich hätte gern ein zehn Meter hohes, wie sie in Zentralmexiko wachsen. Aber meine Eltern hätten bestimmt was dagegen.
    Winter setzte sich an meinen Schreibtisch.
    »Wunderbare Kakteen«, sagte er. »Du bist ein Experte, was?«
    Ohne meine Reaktion abzuwarten, kam er plötzlich zur Sache. Er griff in seine Jackentasche und förderte ein Stück durchsichtigen Klebestreifen zu Tage. Reste von braunem Packpapier hingen dran.
    »Hast du das schon mal gesehen?«, fragte er.
    Natürlich kannte ich das Papier. Wenn ich mich nicht täuschte, hatte ich es in der Nacht auf dem Katzenberg in der Hand gehabt.
    »Wir haben es in der Nähe des Mastes gefunden«,
sagte Winter. »Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich gern wissen möchte, was darin eingepackt war.«
    Ich auch, Herr Kommissar, ich auch.
    Er lehnte sich zurück. »Aber du hast natürlich keine Ahnung, stimmt’s?«
    Stimmt.
    Winter wechselte das Thema. »Hast du eigentlich von der Bombe gehört?«, fragte er. »Ich meine die Bombe, die sie im Gasometer gefunden haben? Wer denkt sich so was aus?«, fragte er weiter. »Die Leute kommen auf komische Ideen, findest du nicht auch? Eine Bombe bauen - sind die verrückt? Meine Kollegen glauben, dass jemand dahintersteckt, der den Medienpark verhindern will. Ein Konkurrent vielleicht. Ich weiß nicht. Es gibt noch andere Möglichkeiten.«
    Einen Augenblick schwieg er. Dann sagte er: »In den Zünder war ein Wandler eingebaut. Bis heute Morgen wusste ich nicht, dass man so ein Ding für eine Bombe brauchen kann. Für dich ist das wahrscheinlich nichts Neues oder täusche ich mich? Ich meine, du bist ja Profi für alles, was mit Funk zusammenhängt.«
    Ich schluckte. Komisches Gefühl, wenn einem jemand die Schlinge um den Hals legt.
    »Wo bewahrst du eigentlich deine Funkgeräte auf?«, setzte der Kommissar sein Verhör fort.
    Natürlich, die Frage musste kommen.
    Bevor ich reagieren konnte, legte mir Winter seine Hand auf die Schulter. »Mensch, Jonas, du bist ja ganz blass«, sagte er erschrocken. Oder war das nur gespielt? »Ich rede und rede, dabei bist du erst seit gestern wieder
auf den Beinen. Soll ich nicht besser deine Eltern anrufen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wirklich nicht? Dann leg dich wenigstens hin.«
    Winter wartete, bis ich auf meinem Bett lag, und deckte mich sogar zu.
    »Ich komme morgen wieder«, verabschiedete er sich.
    Kaum schlug die Haustür, rannte ich in den Keller und beseitigte die Spuren. Die Funkgeräte für die Modellflugzeuge ließ ich da. Das restliche Zeug aus dem Drogeriemarkt warf ich in die Mülltonne. Sie wurde eine Stunde später geleert.
    Auf den Winter muss ich aufpassen, Doc. Der weiß was, der hat einen Verdacht. Der vermutet, dass die Sache mit der Bombe und mein Sturz vom Sendemast irgendwie zusammenhängen. Der denkt, dass ich nicht nur den Wandler geklaut, sondern auch die Bombe

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