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Die Stille zwischen den Sternen

Die Stille zwischen den Sternen

Titel: Die Stille zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Banscherus
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setzt sich gemütlicher in den Sessel und streckt seine langen Beine aus. »Übrigens, ich habe gestern einen Anruf gekriegt«, sagt er geheimnisvoll.
    Wie heißt das Mädchen?
    »Nicht, was du denkst«, sagt er. »Du kannst dich doch bestimmt an den Typ erinnern, der dich bei irgendwas auf dem Katzenberg beobachtet hat.«
    Ich nicke heftig. Was ist mit dem Kerl?
    »Du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen, soll
ich dir ausrichten«, fährt Kim fort. »Verstehst du, was das zu bedeuten hat?«
    Ich glaube schon. Der Typ wird nicht zur Polizei gehen, wenigstens hat er das versprochen. Aber sonst weiß ich immer noch nichts.
    »Hauptsache, du bist wieder in Ordnung«, sagt Kim und steht auf. »Bis auf deine Stimme natürlich.«
    In Ordnung? Hast du eine Ahnung!
    Den Nachmittag über kann ich mich auf nichts konzentrieren. Nicht auf den Fernseher, nicht einmal aufs Schreiben. Ich wüsste zu gern, was jetzt am Gasometer los ist. Vielleicht sind ja schon die umliegenden Häuser evakuiert. Wie vor ein paar Jahren, da hatten Bauarbeiter zufällig eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Während der Entschärfung wurden zweihundert Leute zur Sicherheit in eine Turnhalle gebracht. Andererseits - in den letzten Stunden ist es draußen ruhig geblieben. Nichts spricht für eine Evakuierung.
    Ich esse gerade zu Abend, da kommt Doktor Bach in mein Zimmer. »Sie haben die Bombe«, sagt er. »Alles in Ordnung, Jonas.«
    Ich falle dem Doktor um den Hals, keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so erleichtert gewesen bin.
    Als ich ihn loslasse, sagt er: »Ein Polizist hat sie rausgetragen. Die Bombe stand noch genau an der Stelle, die du in unserem Buch beschrieben hast. Nein, stimmt nicht - sie lag. Aus irgendeinem Grund ist sie umgefallen. Wahrscheinlich hat dein Funksignal deshalb nicht funktioniert.«

    Sie lag? Aber ich habe die Bombe doch vom Dach aus an ihrem Platz stehen sehen!
    »Wir haben Glück gehabt«, fährt der Doktor fort. »Stell dir vor, jemand wäre im Gasometer gewesen und hätte sein Handy oder ein anderes Funkgerät benutzt …«
    Daran habe ich auch schon gedacht, Doktor.
    Er legt mir den Arm um die Schultern. »Ich habe dich nicht verraten, Jonas. Ich habe der Polizei erzählt, dass jemand im Krankenhaus angerufen hat.«
    Von draußen ist das Martinshorn eines Krankenwagens zu hören. Er kommt die Straße zur Notaufnahme herauf.
    »Ich habe deine Geschichte gelesen, Jonas«, sagt der Doktor. »Die Geschichte vor der Geschichte sozusagen.«
    Und?
    »Du willst die Wahrheit wissen«, fährt er fort. »Das ist nun wirklich das Schwierigste, was du dir vornehmen konntest. Es gibt so viele Wahrheiten. Deine, meine, die deiner Eltern - die Wahrheit gibt es nicht. So wenig wie es das Schwarz oder das Weiß, den Tag oder die Nacht gibt. Das Leben besteht aus Zwischentönen, Jonas, aus unzähligen Zwischentönen.«
    Er lacht. »Entschuldige, ich wollte dir keine Predigt halten. Erinnerst du dich eigentlich inzwischen an die Nacht auf dem Katzenberg?«
    Nicht die Bohne.
    »Irgendwann wirst du es wissen«, sagt Doktor Bach.
    »Gedächtnisverlust - wir Ärzte nennen es Amnesie -
ist gar nicht so selten. Bei den meisten kehrt die Erinnerung zurück. Ich war erstaunt, an wie viel du dich jetzt schon erinnerst.«
    »Mhm.«
    »Morgen wirst du entlassen, ja?«
    Ich nicke.
    »Ich wünsche dir alles Gute, Jonas. Du kannst mich jederzeit besuchen, hörst du? Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.«
    In Ordnung, Doktor.
    Als er schon fast an der Tür ist, dreht er sich noch einmal um. Er greift in seine Kitteltasche und holt unsere Kladde heraus.
    »Hätte ich fast vergessen«, sagt er. »Pass gut auf sie auf, hörst du?«

★ 3 ★
    Lieber Doktor Bach, diesen Brief hätte ich auch mit der Post schicken können. Aber ich schreibe ihn in unser Buch. Da gehört er hin. Sie werden ihn irgendwann lesen. Nicht sofort, ich weiß, Sie haben wenig Zeit.
    Nachdem Sie es mir zurückgegeben haben, habe ich gedacht: Das war’s, Schluss mit der Schreiberei. War ganz nett gegen die Langeweile, aber für das Loch in meiner Erinnerung hat sie nichts gebracht.
    Dann habe ich schon nach einem halben Tag gemerkt, dass ich mit dem Schreiben nicht aufhören kann. Deshalb erzähle ich die Geschichte jetzt weiter. Und weil es auch unsere Geschichte ist, werde ich Ihnen das Buch ab und zu ins Krankenhaus bringen, damit Sie erfahren, was weiter passiert ist. Wenn Sie Lust haben, antworten Sie mir, in Ordnung?

    Heute haben sie mich

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